Update vom 14.01.2021: Welche Auswirkungen hat Covid-19 auf bestehende Arbeitsverhältnisse?

Update vom 26.01.2021: WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT COVID-19 AUF BESTEHENDE ARBEITSVERHÄLTNISSE?

Damit sprechen wir nachstehend ein hochaktuelles Thema in einer sich stets wandelnden Krisenlage an. Die nachstehenden Ausführungen dienen nur zu Orientierungszwecken und dürfen nicht als Ersatz für die Einholung von Rechtsberatung angesehen werden. Bitte beachten Sie die vollständigen Bedingungen auf unserer Website.

Die Ausbreitung des Corona-Virus und die damit einhergehenden Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen haben massive Auswirkungen auf bestehende Arbeitsverhältnisse. Diese Folgen werden auch noch für einen unabsehbaren Zeitraum Auswirkungen für die Arbeitsvertragsparteien haben. Nachfolgend wird ein Überblick über in der Beratungspraxis regelmäßig aufkommenden Fragen gegeben.

I.

Anpassungen des Arbeitsrechts

1.  Können Arbeitgeber in der Krise von den gesetzlich zulässigen Grenzen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) abweichen?

Ein vorübergehendes Abweichen von den Vorgaben des ArbZG ist nach § 14 Abs. 1 ArbZG in außergewöhnlichen Fällen möglich, wenn diese unabhängig vom Willen des Betroffenen eintreten und dessen Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind. In § 14 Abs. 4 ArbZG hat der Gesetzgeber eine zunächst bis zum 31.12.2020 befristete Ergänzung in Form einer Befugnis für Rechtsverordnungen des Bundes eingefügt, die es gestattet, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite für einen befristeten Zeitraum Ausnahmen von den Regelungen des ArbZG zuzulassen, die über die im ArbZG und in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie über ggf. in Tarifverträgen vorgesehenen Ausnahmen hinausgehen. Auf dieser rechtlichen Grundlage ist am 10.04.2020 die COVID-19-Arbeitszeitverordnung (ArbZV) befristet bis zum 31.07.2020 in Kraft getreten, die jedoch nicht verlängert worden ist. Daher durften die in dem ArbZV vorgesehenen Abweichungen nur bis zum 30.06.2020 angewendet werden. Seit dem 01.08.2020 bleiben die in § 14 ArbZG normierten herkömmlichen Abweichungsmöglichkeiten für vorübergehende Arbeiten in Notfällen oder bei einer vorübergehenden Beschäftigung einer verhältnismäßig geringfügigen Zahl von Arbeitnehmern oder bei bestimmten unaufschiebbaren Arbeiten bestehen und können weiterhin genutzt werden. Wenngleich die Abweichung in § 14 ArbZG nicht die teilweise strengen Voraussetzungen erfordern, die die COVID-19-ArbZV aufgestellt hat, sind die Vorschriften des ArbZG, von denen abgewichen werden kann, weitgehend deckungsgleich. Anzuraten ist dem Arbeitgeber, in jedem Fall seiner Dokumentationspflicht nach § 16 Abs. 2 ArbZG in jeder Fallkonstellation zu genügen.

 

2.  Können Arbeitgeber erreichen, dass über die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bereits aufgeführten Ausnahmen hinaus weitere Ausnahmen zugelassen werden?

Der Arbeitgeber kann bei der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde gem. § 15 Abs. 2 ArbZG über die im ArbZG bereits vorgesehenen Ausnahmen hinaus weitergehende Ausnahmen beantragen, soweit diese „im öffentlichen Interesse dringend nötig werden“. Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber in seinem Antrag das Vorhandensein eines übergeordneten Interesses z.B. an Sonn- und Feiertagsarbeit darlegt. Die corona-bedingte Lage kann bei entsprechender Darlegung deren Folgen für das Unternehmen den Interessen des Arbeitgebers durchaus das für die Begründetheit dieses Antrages erforderliche besondere Gewicht geben.

In eiligen Fällen sollten die besonderen Umstände dokumentiert und nur ganz ausnahmsweise ohne weitere behördliche Erlaubnis unter Berufung auf § 14 Abs. 1-3 ArbZG im Einzelfall abgewichen werden. Parallel sollte Kontakt zur zuständigen Aufsichtsbehörde aufgenommen und unter Hinweis auf die in Betracht kommenden Voraussetzungen des § 14 Abs. 1-3 ArbZG bzw. § 15 Abs. 2 ArbZG vorgegangen werden.

3.   Was passiert, wenn ein Beschäftigter an COVID-19 erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist?

Ist der Beschäftigte infolge einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt und somit an seiner Arbeitsleistung verhindert, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum von sechs Wochen (§ 3 EFZG), soweit arbeitsvertraglich nicht ein längerer Zeitraum vereinbart ist. Nach diesem Zeitraum haben gesetzlich Krankversicherte grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld.

Allerdings setzt der Entgeltfortzahlungsanspruch voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit unverschuldet ist, d.h. der Arbeitnehmer nicht in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstoßen und besonders leichtfertig oder vorsätzlich gehandelt hat. Daran könnte z.B. zu denken sein, wenn ein Arbeitnehmer in ein sog. Risikogebiet reist, für welches das Auswärtige Amt eine Reisewarnung herausgegeben hat und dort an Corona erkrankt. Gleiches kann gelten, wenn der Arbeitnehmer die Vorgaben für Quarantäne und Social Distancing nicht beachtet und deswegen an Corona erkrankt. Liegen Indizien für ein solches „Verschulden gegen sich selbst“ vor, wird man ganz genau prüfen müssen, ob ein Anspruchsausschluss im Einzelfall vorliegt. Da der Arbeitgeber häufig keine genauen Kenntnisse über die Geschehensabläufe hat, ist er in solchen Fällen auf die Mithilfe des Arbeitnehmers angewiesen. Dazu ist der Arbeitnehmer verpflichtet. Weigert sich der Arbeitnehmer, kann dies ein Indiz dafür sein, dass die Arbeitsunfähigkeit verschuldet ist.

Erkrankte Arbeitnehmer konnten seit dem 09.03.2020 mit „leichten Erkrankungen der oberen Atemwege nach telefonischer Rücksprache mit ihrem Arzt eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit bis maximal sieben Tage ausgestellt bekommen“. Diese Vereinfachung bei der Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung war zunächst bis zum 31.05.2020 befristet, wurde aber nach der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses ab dem 19.10.2020 wieder eingeführt und gilt aktuell zunächst bis zum 31.03.2021. Die entsprechenden Krankschreibungen gibt es jeweils wieder für bis zu sieben Tage. Eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung soll telefonisch für bis zu weiteren sieben Kalendertage möglich sein.

Die Anzeigepflicht des erkrankten Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber sowie dessen Recht, am ersten Tag der Erkrankung ein ärztliches Attest verlangen zu dürfen, bestehen durchgängig weiterhin. Nach der Rechtsprechung kann es einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellen, wenn der Arbeitnehmer bei der Rücksprache mit dem Arzt falsche Angaben macht, um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Der Arbeitnehmer trägt bei dieser erleichterten Vorgehensweise weiterhin das Übermittlungsrisiko, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (rechtzeitig) beim Arbeitgeber eingeht.

4.   Was passiert, wenn sich eine behördliche Infektionsschutzmaßnahme wie z.B. Tätigkeitsverbot oder Quarantäne gegen einen Arbeitnehmer wendet, ohne dass dieser selbst arbeitsunfähig erkrankt ist?

Ist der Beschäftigte selbst als Betroffener Adressat einer behördlichen Maßnahme, wie z.B. Tätigkeitsverbot oder Quarantäne, ohne selbst arbeitsunfähig zu sein, kann er einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber haben. Aus Sicht des BGH kann in einem solchen Fall ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund bestehen, der den Arbeitgeber trotz Wegfalls der Verpflichtung zur Arbeitsleistung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 616 BGB). Die Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urteil vom 30.11.1978, III ZR 43/77 – nach dieser Entscheidung für höchstens sechs Wochen).

Die Geltung von § 616 BGB ist allerdings dispositiv, d.h., sie kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Sollte aufgrund eines solchen Ausschlusses oder einer solchen Einschränkung § 616 BGB nicht eingreifen, besteht bei einem behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot oder einer Quarantäne ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch. Personen, die aufgrund eines behördlich angeordneten Tätigkeitsverbotes oder einer behördlich angeordneten Quarantäne einen Verdienstausfall erleiden, erhalten eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IFSG). Die Entschädigung bemisst sich in den ersten sechs Wochen in Höhe des Verdienstausfalls und wird vom Arbeitgeber ausgezahlt, der die Beträge vom Staat erstattet erhält. Vom Beginn der siebten Woche an zahlt der Staat die Entschädigung in Höhe des Krankengeldes weiter.

ACHTUNG!

Zur Eindämmung der COVID-19-Epidemie haben die Behörden in NRW unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Hierzu zählen

  • die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindertageseinrichtungen,
  • die Absage oder Untersagung von Veranstaltungen aller Art,
  • das Verbot der Durchführung von Märkten,
  • die Anordnung von Betriebsschließungen wie z.B. Fitnessstudios, Bars, Clubs etc.,
  • a.m. (keine abschließende Aufzählung)

Diese Maßnahmen sind weder eine Quarantäne noch ein Tätigkeitsverbot!

Während bei einem Tätigkeitsverbot oder eine Quarantäne der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen kann und er darum einen Ausgleich erhalten soll, stellen die oben genannten Schließungen und Untersagungen weder eine Quarantäne noch ein Tätigkeitsverbot im Sinne des IFSG dar.

Ein Verdienstausfall kann auf der Grundlage des IFSG nicht erstattet werden, wenn

  • Aufträge wegbrechen, weil jemand freiberuflich tätig ist und die Einrichtungen seiner Auftraggeber schließen oder Veranstaltungen, Konzerte etc. abgesagt werden,
  • ein Fitnessstudio, eine Gaststätte, ein Schwimmbad, eine Freizeiteinrichtung etc. schließen muss,
  • die KiTa oder Schule Ihres Kindes geschlossen wurde und der Arbeitnehmer selber, wegen der notwendigen Kinderbetreuung, nicht arbeiten kann,
  • Kunden ausbleiben,
  • sich jemand in freiwillige Quarantäne begibt (z.B. nach Rückkehr aus dem Urlaub),
  • a.m. (keine abschließende Aufzählung)

In diesen Fällen kommen ggf. andere staatliche Unterstützungsmaßnahmen, wie z.B. Kurzarbeitergeld, in Betracht.

Wenn die Erbringung der Arbeitsleistung aber wegen einer behördlich angeordneten Quarantäne tatsächlich nicht mehr möglich ist, sprechen u.E. gute Gründe dafür, den Arbeitgeber nicht dafür auch das Betriebsrisiko tragen zu lassen, weil eine zu Zwecken des Gesundheitsschutzes erforderliche Betriebsschließung nicht in der besonderen Eigenart des jeweiligen Betriebes angelegt ist und damit die allgemeine Betriebsrisikolehre i.S.d. § 615 S. 3 BGB nicht greifen dürfte. Eine gegenteilige Auffassung vertritt aber das Bundesarbeitsministerium, das in einer Mitteilung vom 26.02.2020 die Auffassung vertreten hat, dass der Arbeitgeber dann, wenn ein Betrieb im Rahmen von Vorsichtsmaßnahmen wegen des neuartigen Corona-Virus durch behördliche Anordnung geschlossen wird, seinen Beschäftigten gleichwohl das Gehalt weiter zahlen müsse. Man wird abwarten müssen, bis diese Frage durch die Arbeitsgerichtsbarkeit geklärt ist. Der Arbeitgeber sollte in einem solchen Fall bis zur endgültigen Klärung durch die Gerichte die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 56 IfSG im Auge behalten und die Anordnung von Kurzarbeit zur Minderung der Belastung auch in diesem Fall in Erwägung ziehen.

5.   Was passiert, wenn ein Kind nicht krank ist, aber die KiTa / Schule des Kindes (länger) geschlossen wird und der Arbeitnehmer keine andere Betreuung für das Kind hat?

Ist bei der Schließung der KiTa / Schule unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Betreuung erforderlich, so müssen die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen (z.B. Betreuung des Kindes durch anderen Elternteil). Kann die erforderliche Kinderbetreuung auch dann nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da die Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB). D.h. in diesen Fällen wird der Arbeitnehmer von der Verpflichtung der Leistungserbringung befreit.

Zu beachten ist jedoch, dass bei einer Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers aus persönlichen Verhinderungsgründen nur unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehen kann. Ein solcher Entgeltfortzahlungsanspruch kann sich aus § 616 BGB für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ergeben (was dies konkret bedeutet, ist nicht abschließend geklärt, vermutlich ca. drei bis fünf Tage). Zudem kann der Anspruch aus § 616 durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

Alternativ können selbstverständlich Zeitguthaben aus Arbeitszeitkonten oder Urlaubsansprüche einvernehmlich genutzt werden, um diese Zeit zu überbrücken.

Bei der Erkrankung betreuungspflichtiger Kinder bis 12 Jahre besteht für gesetzlich Versicherte unter den Voraussetzungen des § 45 SGB V kalenderjährlich ein Krankengeldanspruch für bis zu 10 Arbeitstage pro Elternteil (bei Alleinerziehenden bis zu 20 Arbeitstage). Für das Kalenderjahr 2020 wurde der Anspruch pro Elternteil um weitere 5 Arbeitstage und für Alleinerziehende um weitere 10 Arbeitstage erhöht.

Die Bunderegierung hat am 23.03.2020 ein Sozialpaket beschlossen, welches im Eiltempo Bundestag und Bundesrat am 25. und 27.03.2020 passiert hat. In § 56 Abs. 1 a) IFSG ist ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und KiTas zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie aufgenommen worden. Sollten Beschäftigte mit Kindern bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs Verdienstausfälle erleiden, weil sie unabwendbar ihre Kinder aufgrund der Schließung selbst betreuen müssen und daher nicht arbeiten können, sollen sie hierfür eine Entschädigung in Höhe von 67 % des Nettoeinkommens für bis zu sechs Wochen gewährt erhalten, wobei die Entschädigung auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016,00 € begrenzt ist. Kein Anspruch besteht für Zeiten, in denen die KiTa oder Schule aufgrund Schulferien ohnehin geschlossen sind. Nach der knappen Gesetzesbegründung soll jedoch der Entschädigungsanspruch nur bestehen, wenn die/der Erwerbstätige nicht bereits nach anderen gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder einzelvertraglichen Grundlagen unter Fortzahlung des Entgelts oder einer entsprechenden Geldleistung der Arbeit fernbleiben kann (etwa durch Abbau von Zeitguthaben).

Soeben hat die Bundesregierung beschlossen, den „berufstätigen Eltern“ zu ermöglichen, Lohnausfälle durch die häusliche Betreuung eines erkrankten Kindes durch geänderte Regelung zum Kinderkrankengeld auszugleichen. Aufgrund der besonderen Herausforderung der Corona-Pandemie wird der Anspruch auf Kinderkrankengeld für 2021 ausgeweitet: Er besteht nicht nur, wenn das eigene Kind krank ist, sondern auch, wenn die Kinderbetreuung aus einem anderen Grund zu Hause erforderlich ist. Etwa weil die Schule, KiTa oder auch die Einrichtung für Menschen mit Behinderungen pandemiebedingt geschlossen sind oder einzelne Klassen oder KiTa-Gruppen in Quarantäne sind. Anspruchsberechtigt sind gesetzlich Versicherte, berufstätige Eltern, die selbst Anspruch auf Krankengeld haben und deren Kind bis unter 12 Jahre alt ist; bei Kindern, die eine Behinderung haben, auch über das 12. Lebensjahr hinaus. Voraussetzung ist auch, dass es im Haushalt keine andere Person gibt, die das Kind betreuen kann. Privatversicherte und beihilfeberechtigte Eltern müssen ihren Anspruch nach § 56 IFSG geltend machen. Der Anspruch auf Kinderkrankengeld steigt von 10 Tagen pro Elternteil und Kind auf 20 Tage und damit für Elternpaare pro Kind auf 40 Tage. Auch für Alleinerziehende verdoppelt sich der Anspruch pro Kind von 20 auf nun 40 Tage. Elternpaare und Alleinerziehende mit 2 Kindern haben Anspruch auf max. 80 Kinderkrankentage. Bei weiteren Kindern erhöht sich der Anspruch noch einmal um 10 Tage auf dann max. 90 Tage – egal, wieviel Kinder in der Familie leben. Für Elternteile, die Kinderkrankengeld beanspruchen, ruht in dieser Zeit für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 IFSG.

Anzuraten ist in jedem Fall, bei allen auftretenden Schwierigkeiten zunächst immer ins Gespräch mit dem Arbeitgeber einzutreten, um gemeinsam eine einvernehmliche Lösung zu finden.

6.   Hat ein Arbeitnehmer im Fall einer vorübergehenden Betriebsstörung oder -schließung Anspruch auf Entgeltfortzahlung?

 Im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung gilt, dass der Arbeitgeber grundsätzlich weiter zur Entgeltzahlung verpflichtet bleibt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit ist, aber ihn aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen (sog. Betriebsrisikolehre). Dazu würden etwa Fälle zählen, in denen es aufgrund von COVID-19-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen oder Versorgungsengpässen käme, in deren Folge der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vorübergehend einstellen muss. Die Arbeitnehmer behalten also in diesen Fällen ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können. Unter bestimmten Bedingungen kann der Arbeitgeber jedoch in solchen Konstellationen ggf. Kurzarbeit anordnen.

Hinweis:

Für diese Konstellation, in denen weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer den Arbeitsausfall zu vertreten haben, können einzel- oder kollektivvertragliche Vereinbarungen Abweichendes regeln. Eine Ausnahme hiervon wird von der Rechtsprechung gemacht, wenn durch die Entgeltfortzahlung die Existenz des Unternehmens gefährdet würde. Im Rahmen einvernehmlicher Regelungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien ist es in solchen Situationen angezeigt, Mitarbeiter unter Anrechnung auf ihren Urlaub freizustellen oder ihnen unbezahlten Urlaub zu gewähren. Auch in diesen Fällen sollte das Gespräch mit dem Arbeitgeber unbedingt gesucht zu werden, um einvernehmliche Lösungen zu finden.

7.   Kann ein Arbeitnehmer trotz bestehender Quarantäne zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet sein?

 Ist der Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anordnung nur vorsorglich unter Quarantäne gestellt, ohne selbst erkrankt zu sein, greift ebenfalls das Gesetz zur Verhinderung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (IfSG), wonach dem Arbeitnehmer nach § 56 IfSG aufgrund der behördlich angeordneten Quarantäne in den ersten sechs Wochen eine Entschädigung i.H.d. Entgeltfortzahlungsanspruches zusteht. Ab der siebten Woche entspricht der Entschädigungsanspruch der Höhe des Krankengeldes.

Während allerdings der tatsächlich am Corona-Virus erkrankte Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sein Arbeitsverhältnis durch eine behördlich angeordnete Quarantäne betroffen ist oder nicht, von der Erbringung der Arbeitsleistung befreit ist, ist das bei einem tatsächlich nicht erkrankten Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis aber von einer behördlich angeordneten Quarantäne betroffen ist, nicht immer der Fall. Soweit dies kollektiv- und/oder individualvertraglich möglich ist, kann der Arbeitgeber diesem Arbeitnehmer nämlich u.U, auch anweisen, die Arbeitsleistung von Zuhause zu erbringen. Im Rahmen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer u.U auch die Durchführung einer Dienstreise oder sonst eine bestimmte Arbeitsaufgabe zuweisen, die dieser trotz behördlich angeordneter Quarantäne z.B. im Außendienst erledigen kann.

Welche Tätigkeiten dem Mitarbeiter im Rahmen eines solchen Weisungsrechts in der Pandemie zugewiesen werden dürfen, hängt von den jeweiligen arbeitsvertraglichen Regelungen ab. Auch hier gibt es u.E. gute Gründe dafür, in der Sondersituation der Corona-Pandemie zu einer für den Arbeitgeber großzügigeren Auslegung des Arbeitsvertrages zu kommen. Die Grenze bei der Ausübung des Weisungsrechts ist aber immer „billiges Ermessen“.

Diese Grenze dürfte regelmäßig überschritten sein, wenn der Mitarbeiter angewiesen wird, in ein Risikogebiet zu reisen. Selbst wenn in diesem Zusammenhang sogar eine vertragliche Verpflichtung für den Mitarbeiter zur Durchführung einer solchen Reise besteht, wird sich dieser u.E. u.U. nach § 275 Abs. 3 BGB verweigern können.

U.E. ist aufgrund der Pflicht des Arbeitnehmers, auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, in entsprechenden Situationen auch denkbar, dass der Arbeitnehmer zu entgeltlicher Mehrarbeit verpflichtet ist, wenn sich sein Arbeitgeber in einer Notlage befindet (vgl.: BAG, 03.12.1980 – 5 AZR 477/78 – juris Rn. 12). Auch das ArbZG erlaubt in bestimmten Situationen in §§ 14, 15 ArbZG Abweichungen.

8.    Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann, etwa weil öffentliche Verkehrsmittel nicht fahren?

 Bereits entschieden ist, dass insbesondere vulnerable Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung nach § 275 Abs. 3 BGB verweigern dürfen, wenn ihnen der Weg zum Arbeitsplatz nicht zugemutet werden kann. In diesen Fällen entfällt aber der Vergütungsanspruch nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl.: BAG, 08.09.1982 – 5 AZR 283/80 – juris).

In entsprechend gelagerten Fällen kann es auch der Rücksichtnahme- und Schutzpflicht des Arbeitgebers entsprechen, insbesondere vulnerablen Arbeitnehmern zu gestatten, dass diese ihre Arbeitsleistung von Zuhause aus erbringen können. In diesem Zusammenhang ist denkbar, dass sich ein Zustimmungsanspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber ergeben kann.

9.   Kann der Arbeitgeber vom Betriebsrat die oft termingebundene Fassung von Betriebsratsbeschlüssen während der aktuellen Pandemie verlangen?

Da auch Betriebsräte von Quarantänemaßnahmen betroffen sein können oder sich im Home-Office befinden, hat der Gesetzgeber am 23.04.2020 einen neuen § 129 BetrVG („Sonderregelung aus Anlass der COVID-19- Pandemie“) in das BetrVG eingefügt:

Absatz 1 lautet wie folgt:

„Die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung können mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. § 34 Abs. 1 S. 3 gilt mit der Maßgabe, dass die Teilnehmer ihre Anwesenheit gegenüber dem Vorsitzenden in Textform bestätigen.“

Nach § 129 Abs. 2 BetrVG gilt Absatz 1 auch für die Einigungsstelle und den Wirtschaftsausschuss entsprechend.

Absatz 3 ermöglicht, Betriebs-, Betriebsrats- sowie Jugend- und Auszubildendenversammlungen mittels audio-visueller Einrichtungen durchzuführen. Vergleichbare Regelungen gibt es mittlerweile für weitere Arbeitnehmervertretungen: Sprecherausschüsse (§ 39 SprAuG), europäische Betriebsräte (§ 41b EBRG), SE-Betriebsräte (§ 48 SEBG) und SCE-Betriebsräte (§ 50 SCEPG).

II.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Arbeitgeber sind nicht nur in eigenem Interesse, sondern gem. §§ 618 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB und § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) auch gesetzlich verpflichtet, die nötigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um – soweit möglich – die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen. Schutzmaßnahmen beginnen mit einer umfassenden Aufklärung und umfassen im schlimmsten Fall auch eine Betriebsschließung verbunden mit der Freistellung der Mitarbeiter, wenn eine Fortsetzung der Arbeit aus dem Home-Office nicht möglich ist.

1.    Welche Schutzmaßnahmen sind zu ergreifen?

Im Hinblick auf die aktuelle Corona-Pandemie kommen folgende Schutzmaßnahmen in Betracht:

  • Empfehlungen öffentlicher Stellen (z.B. des Gesundheitsministeriums, des Robert-Koch-Instituts sowie der örtlichen Gesundheitsbehörden) sind zu beachten und die Arbeitnehmer sind ggf. hierüber zu informieren.
  • Als Schutzmaßnahmen zur Reduzierung des Infektionsrisikos am Arbeitsplatz kommen zum Beispiel die Zurverfügungstellung von Desinfektionsmitteln, die Aufklärung über und Erinnerung an das regelmäßige Händewaschen, die Einhaltung der „Husten-Etikette“, das Auffordern zur Vermeidung unnötigen Händeschüttelns und Einhaltung eines Sicherheitsabstands zu anderen Arbeitnehmern etc. in Betracht.
  • Mitarbeiter sind dazu aufzufordern, dem Arbeitgeber mitzuteilen, wenn sie erkrankt sind oder innerhalb der letzten 14 Tage mit infizierten Personen Kontakt hatten.
  • Geschäftliche Meetings sollten an die aktuelle Situation angepasst werden, also auf das absolut notwendigste beschränkt und nach Möglichkeit telefonisch oder per Videokonferenz durchgeführt werden.
  • Mit steigendem Infektionsrisiko kommt auch eine umfassende Anordnung von Home-Office für solche Mitarbeiter in Betracht, die von zu Hause aus arbeiten können. Dazu sollte frühzeitig an die dafür benötigte IT-Infrastruktur gedacht werden. Pauschale Fiebertests beim Betreten des Betriebes dürften ohne konkreten Anlass (z.B. bereits infizierte Mitarbeiter) unzulässig sein.
  • Abänderung der Arbeitsorganisation bzw. auch betrieblicher Abläufe derart, dass erhöhte Kontakte zwischen den Mitarbeiter möglichst vermieden werden (Einzelbüro, Veränderung der Schichtarbeitszeiten, etc.)
  • Mitarbeiter, die sich im Arbeitgeberauftrag in einem Risikogebiet befinden, bei der Rückkehr zu unterstützen und ggf. die dafür erforderlichen Reisekosten zu tragen.
  • Durchführung genereller Gesundheitskontrollen, um den Gesundheitszustand seiner Mitarbeiter zu überprüfen, bei Bestehen eines konkreten Verdachts.

Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat sind solche Maßnahmen regelmäßig mitbestimmungspflichtig gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG.

2.    Kann der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung anordnen?

 Eine ärztliche Untersuchung kann durch den Arbeitgeber angeordnet werden, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht, welches das Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers überwiegt. Hierbei muss eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden, im Rahmen derer zum Beispiel auch das Ansteckungsrisiko und das Vorliegen von Symptomen zu berücksichtigen sind. Neuerdings müssen alle Reisenden, die aus Risikogebieten nach Deutschland einreisen möchten, sich bereits aufgrund gesetzlicher Anordnung bei der Einreise testen lassen.

Kehrt ein Mitarbeiter nach einem Urlaub oder einer Reise in einer gefährdeten Region an seinen Arbeitsplatz zurück, dürfte u.E. auch der Arbeitgeber berechtigt sein, den Beschäftigungsanspruch des rückkehrenden Arbeitnehmers abzulehnen und ihn seiner Schutzpflicht nach § 618 Abs. 1 BGB folgend nach Hause zu schicken und aufzufordern, für die derzeit angenommene Inkubationszeit von 14 Tagen nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen, um eine mögliche Ansteckung anderer Mitarbeiter zu verhindern, jedenfalls wenn er diesen Mitarbeiter nicht anders beschäftigen kann. Alternativ halten wir den Arbeitgeber für berechtigt, von dem von einer Reise zurückkehrenden Arbeitnehmer vor Rückkehr in den Betrieb die Vorlage einer aktuellen ärztlichen Bescheinigung darüber zu verlangen, dass keine Infektionskrankheit bei ihm vorliegt.

Gleichgültig, ob in diesen Fällen eine Quarantäne für den Beschäftigungsbetrieb behördlich angeordnet ist, oder ob der Arbeitnehmer einer solchen Quarantäneaufforderung seines Arbeitgebers bzw. einem solchen Vorlageverlangen einer aktuellen ärztlichen Bestätigung seines Arbeitgebers folgt, spricht u.E. vieles dafür, dass diesem Arbeitnehmer bei der Weigerung der Vorlage einer aktuellen ärztlichen Bescheinigung kein Vergütungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber zusteht. Solchen Vergütungsansprüchen dürfte u.E. rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers entgegengehalten werden können.

3.    Können Arbeitnehmer verpflichtet werden, vom Home-Office aus zu arbeiten?

Sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über einen vorübergehenden Einsatz im Home-Office einig, bestehen keine Probleme. Im Übrigen dürfte zur einseitigen Anordnung durch den Arbeitgeber grundsätzlich eine Rechtsgrundlage zum Beispiel im Arbeitsvertrag erforderlich sein. Allerdings besteht auch unabhängig von einer konkreten arbeitsvertraglichen Regelung im Rahmen der Zumutbarkeit eine Pflicht des Arbeitnehmers, in Notfällen über die arbeitsvertraglichen Pflichten hinaus Aufgaben zu übernehmen, um Schäden für den Arbeitgeber zu vermeiden. Daraus kann im Einzelfall eine entsprechende Pflicht des Arbeitnehmers erwachsen, vorübergehend vom Home-Office aus zu arbeiten. In entsprechend gelagerten Fällen kann es auch der Rücksichtnahme- und Schutzpflicht des Arbeitgebers entsprechen, insbesondere vulnerablen Arbeitnehmern zu gestatten, dass diese ihre Arbeitsleistung von Zuhause aus erbringen können. Auch hier sind Fälle denkbar, in denen sich aufgrund der jeweiligen Situation ein Zustimmungsanspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber ergeben kann.

Grundsätzlich entscheidet jedoch der Arbeitgeber über die konkret einzuleitenden Maßnahmen. Danach verschafft nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Augsburg auch ein erhöhtes Infektionsrisiko dem Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeit im Einzelbüro oder im Home-Office, wenn anderweitige geeignete Maßnahmen zum angemessenen Gesundheitsschutz vorhanden sind und vom Arbeitgeber ergriffen wurden.

Soeben hat der Gesetzgeber am 20.01.21 eine Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen, die Arbeitgeber zunächst bis zum 15.03.21 verpflichtet, ihren Beschäftigten das Arbeiten von zu Hause aus (Homeoffice-Pflicht) zu ermöglichen, soweit es die Tätigkeit zulässt.

4.   Muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Infektion mitteilen?

Wenngleich der Arbeitgeber wohl keinen Anspruch auf Auskunft gegen seinen Mitarbeiter darüber hat, wo diese ihre Freizeit konkret verbracht haben und mit welchen Menschen sie konkret während dieser Zeit Kontakt hatten, wird man den Arbeitgeber aber für berechtigt halten dürfen, die Mitarbeiter zu befragen, ob sie sich in Regionen aufgehalten haben, für die das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung oder die WHO oder das Robert-Koch-Institut eine entsprechende Empfehlung wegen der Infektionsgefahr herausgegeben haben oder die unter Quarantäne stehen. Weigert sich der Arbeitnehmer solche zulässigen Fragen des Arbeitgebers zu beantworten, kann dies ebenfalls eine Abmahnung bzw. Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben. Den Arbeitgeber wird man in dieser Situation für berechtigt halten dürfen, von dem die Antwort verweigernden Arbeitnehmer vor Rückkehr in den Betrieb die Vorlage einer aktuellen ärztlichen Bestätigung darüber abzuverlangen, dass keine Infektionskrankheiten bei ihm vorliegen. Solange der Arbeitnehmer dem nicht nachkommt, gerät der Arbeitgeber u.E. nicht in Annahmeverzug und schuldet daher für diese Zeit dem Arbeitnehmer auch keine Vergütung.

Ist der Arbeitnehmer im Anschluss einer solchen Reise in ein Gebiet, für das eine offizielle Reisewarnung oder entsprechende Empfehlung besteht, mit dem Corona-Virus infiziert und deshalb arbeitsunfähig erkrankt, dürfte er keinen Entgeltfortzahlungsanspruch haben, weil er u.E. die Erkrankung i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG schuldhaft herbeigeführt haben dürfte.

U.E. ist aus der Pflicht des Arbeitnehmers, auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, eine Verpflichtung des Arbeitnehmers herzuleiten, den Arbeitgeber über einen Kontakt mit einer mit dem Corona-Virus infizierten Person – auch wenn nur ein entsprechender Verdacht i.S.v. § 1 CoronaVMeldeV i.d.F. vom 30.01.2020 besteht – zu informieren, da ein latentes Infektionsrisiko für die anderen Mitarbeiter besteht. Das soll nicht gelten, wenn der Arbeitnehmer in der zurzeit bekannten maximalen Inkubationszeit von 14 Tagen keinen persönlichen Kontakt mit anderen Arbeitnehmern hatte.

5.   Muss der Arbeitgeber der Belegschaft mitteilen, dass ein Kollege infiziert ist?

Erfährt ein Arbeitgeber von der Infektion eines Arbeitnehmers, ist er verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die restliche Belegschaft vor Ansteckung zu schützen. Welche Maßnahmen das sind und ob die Belegschaft über die Person des Infizierten erfahren soll, hängt stark vom Einzelfall ab. Dabei muss eine Stigmatisierung der infizierten Beschäftigten verhindert werden. Wenn der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung der Fürsorgepflicht ergreift und dabei die Belegschaft Kenntnis von der Infektion eines Kollegen erhält, dürfte dies datenschutzrechtlich gerechtfertigt sein, weil die Offenlegung der Viruserkrankung im Betrieb – unter der Maßgabe, dass die sonstigen Datenschutzgrundsätze eingehalten wurden – eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt.

6.   Besteht ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers?

Ein generelles Recht eines in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmers zur Leistungsverweigerung besteht u.E. nicht, auch wenn sich die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung z.B. auf dem Weg zur Arbeit oder durch Kontakte am Arbeitsplatz erhöht. Auch bei der Rückkehr von Arbeitskollegen aus gefährdeten Regionen und der dadurch entstehenden theoretischen Ansteckungsfahr kommt ein Leistungsverweigerungsrecht grundsätzlich nicht in Betracht. Es obliegt allerdings dem Arbeitgeber, zum Schutz der übrigen Arbeitnehmer einzelne Arbeitnehmer in Ausnahmefällen von ihrer Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung zu entbinden.

Kommt ein Arbeitgeber seinen Schutzpflichten nicht nach, kann darin u.U. eine Pflichtverletzung gesehen werden, die dem Mitarbeiter das Recht einräumt, bzgl. der Erbringung seiner Arbeitsleistung sein Zurückbehaltungsrecht auszuüben. In einem solchen Fall bliebe der Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung auch ohne dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, verpflichtet. Verkennt der Arbeitnehmer aber die Rechtslage und sind die Voraussetzungen für ein Leistungsverweigerungsrecht nicht gegeben, kann der Arbeitgeber u.U. wegen Arbeitsverweigerung zur Abmahnung oder Kündigung berechtigt sein.

Ein Arbeitnehmer darf sich nach § 17 Abs. 2 ArbSchG sogar an die zuständigen Behörden wenden, wenn ein Arbeitgeber einer berechtigten Beschwerde über unzureichenden Schutz des Arbeitnehmers nicht abhilft.

7.   Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellen?

Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer bei Verdacht einer Erkrankung unter Fortzahlung der Vergütung einseitig von der Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen. Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers steht dem nicht entgegen. Der Arbeitgeber ist vielmehr bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zur bezahlten Freistellung berechtigt, wenn das arbeitgeberseitige Suspendierungsinteresse das arbeitnehmerseitige Beschäftigungsinteresse überwiegt.

Soweit ein Arbeitgeber eine konkrete Infektionsgefahr eines die Wiederaufnahme der Beschäftigung verlangenden Mitarbeiters nicht nachvollziehbar begründen kann, dürften sonstige einseitige Freistellungsberechtigungen eines Arbeitgebers wegen eines das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegenden Suspendierungsinteresses des Arbeitgebers kaum in Betracht kommen, jedenfalls nicht, wenn der Arbeitnehmer dadurch seine Vergütungsansprüche verliert. Es ist – wie gesagt – aber durchaus vorstellbar, dass der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freistellt, wenn dieser im Betrieb nicht angemessen geschützt werden kann oder aber bei diesem – z.B. nach Rückkehr aus einem Risikogebiet – der begründete Verdacht besteht, dass er infiziert ist. In solchen Fällen kann die Freistellung auch auf einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beruhen und auch beinhalten, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.

8.    Was tun bei Corona-Verdacht im Unternehmen?

Wegen der hohen Ausbreitungsgefahr des Corona-Virus sind Infektionen meldepflichtig. Es besteht also in diesem Fall dringender Handlungsbedarf!

Als erstes sollte die zuständige Gesundheitsbehörde informiert werden, während der betroffene Mitarbeiter von anderen Mitarbeitern getrennt und ein Transport zu einer Corona-Teststelle organisiert wird. Bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses ist der Mitarbeiter bezahlt freizustellen.

Durch entsprechende Befragung muss herausgefunden werden, welche anderen Mitarbeiter Kontakt zu der betroffenen Person hatten. Diese Personen sind ebenfalls gefährdet und ggf. zu testen und bis zum Vorliegen des Ergebnisses bezahlt freizustellen.

Im schlimmsten Fall ist der Betrieb zu schließen. Mitarbeiter können – soweit möglich – aufgefordert werden, vom Home-Office aus zu arbeiten. Ansonsten sind Mitarbeiter ggf. unter Nutzung von flexiblen Arbeitszeitregelungen bezahlt freizustellen, bis die Gefahr vorüber ist.

III.

Kurzarbeit

1.   Zweck und Ziel von Kurzarbeit

§ 95 ff. SGB III, in welchen die sozialrechtlichen Voraussetzungen für die Durchführung von Kurzarbeit und Beantragung von Kurzarbeitergeld geregelt sind, verfolgen das Ziel, bei einem vorübergehend erheblichen Arbeitsausfall Arbeitsplätze zu sichern und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Arbeitgeber sollen insofern für die Dauer und den Umfang der Kurzarbeit von erheblichen und aktuell auch existenzbedrohenden Lohnkosten entlastet werden.

2.   Welche Betriebe können Kurzarbeit durchführen?

Grundsätzlich können alle Betriebe, die die betrieblichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllen, Kurzarbeit unter den Voraussetzungen der §§ 95 ff. SGB III durchführen, wenn im Betrieb mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

3.    Welche Voraussetzungen müssen für die Durchführung von Kurzarbeit vorliegen?

Die Einführung und Durchführung von Kurzarbeit bedarf arbeitsrechtlich grundsätzlich einer Rechtsgrundlage. Diese muss regeln, ob und ggf. unter welchen Bedingungen Kurzarbeit eingeführt werden kann. Als Rechtsgrundlagen kommen in Betracht:

  • Tarifvertrag
  • Betriebsvereinbarung
  • Arbeitsvertrag bzw. jederzeit mögliche Vereinbarung mit den Arbeitnehmern anlässlich der konkret beabsichtigten Einführung von Kurzarbeit.

In Betrieben mit Betriebsrat ist darüber hinaus selbst bei Bestehen einer tarifvertraglichen Ermächtigungsgrundlage eine Betriebsvereinbarung herbeizuführen.

Sollten in Betrieben, in welchen keine tarifvertragliche Regelung und auch kein Betriebsrat existiert, Arbeitnehmer nicht bereit sein, ihr Einverständnis zur Durchführung von Kurzarbeit zu erklären, kommt noch unter gewissen Voraussetzungen das Rechtsinstitut der Änderungskündigung in Betracht, im Rahmen derer allerdings Kündigungsfristen einzuhalten wären.

Soweit in Arbeitsverträgen eine generelle Ermächtigung zur Anordnung von Kurzarbeit im Vorfeld vereinbart ist, sind etwaig (notwendig) vereinbarte Ankündigungsfristen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für etwaig in Tarifverträgen enthaltene Ankündigungsfristen oder solche in Betriebsvereinbarungen.

4.   Unter welchen Voraussetzungen kann für welchen Zeitraum Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Liegt eine vertragliche Grundlage zur Durchführung von Kurzarbeit vor (siehe vorstehende Ziffer 3.), kann infolge der Durchführung von Kurzarbeit Kurzarbeitergeld beantragt werden, wenn

  • ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  • die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
  • die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
  • der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Ein erheblicher Arbeitsausfall im vorgenannten Sinne liegt vor, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, er vorübergehend und nicht vermeidbar ist und in dem jeweiligen Kalendermonat mindestens 1/3 der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall in Höhe von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgeltes betroffen ist, der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 % des monatlichen Bruttoentgeltes betragen.

Die Bundesagentur für Arbeit hat am 28.02.2020 bereits veröffentlicht, dass nach dortiger Einschätzung wirtschaftliche Gründe bzw. ein unabwendbares Ereignis vorliegen, wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt.

Bundestag und Bundesrat haben am 13./ 14.03.2020 im Eilverfahren ein Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld beschlossen. In diesem Gesetz wurde die Bundesregierung ermächtigt, zunächst befristet bis Ende 2020 Erleichterungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt anzuordnen. Am 25.03.2020 wurde von der Bundesregierung rückwirkend zum 01.03.2020 verordnet, dass

  • die Schwelle der vom Arbeitsausfall betroffenen Mitarbeiter von 1/3 auf 1/10 abgesenkt wird,
  • die üblicherweise bei Bezug von Kurzarbeitergeld nicht vorgesehene Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen vorgenommen wird,
  • auf den teilweisen oder vollständigen Aufbau negativer Arbeitszeitsalden auf Arbeitszeitkonten verzichtet wird (dies gilt nicht für den Abbau von Arbeitszeitguthaben),
  • Kurzarbeitergeld entgegen bisheriger Rechtslage auf Leiharbeitnehmer ausgedehnt wird.

Der Bundestag hat am 20.11.2020 beschlossen, die Regeln zum erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2021 für alle Betriebe, die bis zum 31.03.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben, zu verlängern.

5.   Für welchen Zeitraum kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Gem. § 1 der Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld vom 16.04.2020 verlängert sich die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2019 entstanden ist, über die Bezugsdauer nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB III hinaus auf bis zu 21 Monate, längstens bis zum 31.12.2020. Am 20.11.2020 hat der Bundestag eine weitere Verlängerung der Kurzarbeit von regulär 12 auf bis zu 24 Monate beschlossen. Die verlängerte Bezugsdauer soll für Betriebe gelten, die bis zum 31.12.2020 Kurzarbeit eingeführt haben. Längstens soll das Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2021 verlängert werden.

6.   Wie muss ich bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld vorgehen?

Sofern für Ihren Betrieb die Beantragung von Kurzarbeitergeld beabsichtigt ist, sollte zwingend folgende Reihenfolge eingehalten werden:

  • Zunächst müssen die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit vorliegen bzw. geschaffen werden (siehe vorstehende Ziffer 2.).
  • Bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld (siehe vorstehende Ziffer 5.) ist der erhebliche Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, anzuzeigen, § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Dies kann nach dem Gesetzeswortlaut schriftlich oder elektronisch geschehen. Eine Stellungnahme des etwaig vorhandenen Betriebsrats ist beizufügen. In der Anzeige sind der erhebliche Arbeitsausfall und die betrieblichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Kurzarbeitergeld wird gem. § 99 Abs. 2 Satz 1 SGB III von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Die Glaubhaftmachung kann durch Vorlage von geeigneten Unterlagen erfolgen, hier kommt auch eine eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführung in Betracht. Die Agentur für Arbeit hat gem. § 99 Abs. 3 SGB III dem Anzeigenden unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilen, ob aufgrund der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Im nächsten Schritt hat der Arbeitgeber einen Antrag auf Kurzarbeitergeld zu stellen. Hierfür gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten. Für diesen Antrag auf Kurzarbeitergeld ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die für den Betrieb zuständige Lohnstelle liegt.
  • Das Kurzarbeitergeld wird vom Arbeitgeber abgerechnet. Diesem werden die entsprechenden von der Agentur für Arbeit zu zahlenden Kurzarbeitergeldbeträge erstattet. Die Sozialversicherungsbeiträge werden bis 30.06.2021 vollständig erstattet. Vom 01.07.2021 bis höchstens 31.12.2021 sollen für alle Betriebe, die bis zum 30.06.2021 Kurzarbeit eingeführt haben, die Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte erstattet werden. Diese hälftige Erstattung kann auf 100 Prozent erhöht werden, wenn eine Qualifizierung während der Kurzarbeit erfolgt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass für Arbeitnehmer auch die persönlichen Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld erfüllt sein müssen.

Die Bundesagentur für Arbeit stellt auf ihren Internetseiten Vordrucke sowohl für die Anzeige des Arbeitsausfalls als auch für die Anträge auf Kurzarbeitergeld bereit. Es muss dringend angeraten werden, diese zu verwenden.

7.   Welche persönlichen Voraussetzungen müssen bei Arbeitnehmern für den Bezug des Kurzarbeitergeldes vorliegen?

Die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld sind in § 98 Abs. 1 SGB III geregelt. Hiernach ist erforderlich, dass

  • die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt, aus zwingenden Gründen aufnimmt oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt und
  • das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist.
  • Ferner ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen ist.

Der relevanteste Ausschlusstatbestand liegt vor, wenn der Mitarbeiter im Krankengeldbezug steht, also der Entgeltfortzahlungszeitraum abgelaufen ist. Zu beachten ist ferner, dass geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben.

8.   Können Arbeitgeber Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld zahlen?

Dies ist grundsätzlich möglich. Es darf allerdings kein „Zuschuss“ in einer solchen Höhe gezahlt werden, die zur Folge hat, dass ein Entgeltausfall der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nicht mehr vorliegt.

9.   Kann auch für einzelne Betriebsabteilungen Kurzarbeit angeordnet werden, wenn nur in diesen ein Arbeitsausfall zu verzeichnen ist?

Das ist möglich, wenn die oben genannten betrieblichen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind.

10.   Kann während durchgeführter Kurzarbeit ein Arbeitsverhältnis betriebsbedingt gekündigt werden?

Grundsätzlich ist eine betriebsbedingte Kündigung auch während einer Kurzarbeitsphase möglich. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass in einem solchen Fall die Voraussetzungen an den betriebsbedingten Kündigungsgrund im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes erhöht sind und die weiteren Voraussetzungen einer Kündigung vorliegen müssen. Insbesondere muss in einem solchen Fall auch darzustellen sein, dass neben dem zur Kurzarbeit führenden vorübergehenden Arbeitsausfall weitere Tatsachen hinzugetreten sind, die einen Arbeitskräftebedarf dauerhaft entfallen lassen.

Arbeitgeber sollten allerdings in der Kurzarbeitsphase berücksichtigen, dass im Falle einer Kündigung die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld in Person des gekündigten Mitarbeiters nicht mehr vorliegen.

11.   Was passiert bei Arbeitsunfähigkeit eines in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeiters?

Eine Arbeitsunfähigkeit einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers während der Dauer der Kurzarbeit und des Bezuges von Kurzarbeitergeld ist unschädlich, solange Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfall besteht oder ohne den Arbeitsausfall bestehen würde (§ 98 Abs. 2 SGB III). Dies bedeutet, dass die während der Kurzarbeit erkrankte Person für die Dauer des Entgeltfortzahlungszeitraumes finanziell so behandelt wird, als wäre die Kurzarbeit durchgeführt worden.

12.   In welchem Umfang muss die Arbeitszeit verkürzt werden und welche Auswirkungen hat dies auf das Kurzarbeitergeld?

Soweit die betrieblichen Voraussetzungen vorliegen und der gesetzlich vorgesehene Mindestumfang des Arbeitsausfalles erreicht ist, kann darauf durch Kurzarbeit reagiert werden. In Betracht kommt eine völlige Aussetzung der Arbeitstätigkeiten, sogenannte Kurzarbeit 0. In Betracht kommt jedoch auch eine nur teilweise Kurzarbeit, beispielsweise für 50 % der regulären Arbeitszeit.

Kurzarbeitergeld wird nur für den tatsächlichen Arbeitsausfall gezahlt. Soweit der Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilweise noch arbeiten lässt, schuldet er dafür selbstverständlich die vereinbarte Vergütung.

13.   Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Kurzarbeitergeld wird gewährt für den konkreten coronabedingten Arbeitsausfall in Höhe von 67 % des entgangenen Nettoentgelts für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden; für die übrigen Arbeitnehmerinnern und Arbeitnehmer 60 % des entgangenen Nettoentgelts. Maßgebend ist die Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum. Diese stimmt nicht immer exakt (aber annähernd) mit der bisherigen Höhe des Nettoverdienstes zusammen, da für die Berechnung besondere Berechnungsgrundlagen bestehen.

Beschäftigte in coronabedingter Kurzarbeit, deren Arbeitszeit um mindestens 50 % reduziert ist, erhalten künftig mehr Geld, wenn die Kurzarbeit eine bestimmte Dauer überschreitet: Ab dem 4. Monat des Kurzarbeitergeldbezugs steigt das Kurzarbeitergeld auf 70 % des entgangenen Nettoentgelts (77 % für Haushalte mit Kindern); ab dem 7. Monat des KUG-Bezuges steigt das Kurzarbeitergeld auf 80 % des entgangenen Nettoentgelts (87 % für Haushalte mit Kindern). Diese Regelung galt zunächst bis längstens 31.12.2020, wurde nunmehr aber bis 31.12.2021 für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlängert, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.03.2021 entstanden ist.

Der erhöhte Leistungssatz gilt für diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3-5 des Einkommensteuergesetzes haben. Er gilt ferner für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Ehegatte bzw. Ehegattin mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 Einkommensteuergesetz hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Kinder im genannten Sinne sind leibliche Kinder, angenommene Kinder und Pflegekinder; es kommt nicht auf die Anzahl der Kinder an.

Zu berücksichtigen ist, dass das Kurzarbeitergeld ausschließlich für die Nettoentgeltdifferenz gezahlt wird, die sich für Verdienste bis zur Beitragsbemessungsgrenze ergeben. Soweit Arbeitnehmer einen über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Verdienst erzielen, bleibt dieser unberücksichtigt. Soweit ein sehr gut verdienender Mitarbeiter teilweise Kurzarbeit leistet und die noch abzurechnende Vergütung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung liegt, kann Kurzarbeitergeld nicht gewährt werden.

Sollten Sie weitere Fragen haben, stehen wir Ihnen gerade in dieser arbeitsrechtlich schwierigen Zeit gern zur Verfügung. Bitte zögern Sie nicht, uns anzusprechen.

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