Arbeitsrecht

Anspruch auf Arbeitsvergütung bei coronabedingter Schließung des Betriebes?

Das Arbeitsgericht Mannheim hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer trotz angeordneter Schließung des Betriebes eines Tanzclubs wegen der Corona-Pandemie einen Anspruch auf die vereinbarte Arbeitsvergütung hat.

Vgl. ArbG Mannheim, Urteil vom 25.03.2021, 8 Ca 409/20 (juris)

Die Entscheidung:

Das Arbeitsgericht Mannheim hatte über einen Fall zu entscheiden, im Rahmen dessen ein Arbeitnehmer Vergütungsansprüche für den Zeitraum der coronabedingten Schließung des Betriebes der Arbeitgeberin gerichtlich geltend gemacht hat. Der Arbeitnehmer war im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Arbeitgeberin im Rahmen des von dieser betriebenen Tanzlokals beschäftigt. Die Tanzfläche des Lokals hat eine Größe von 20 qm und der Gastraum ist 48 qm groß. Der Betrieb der Arbeitgeberin wurde im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen und die Arbeitgeberin hat dem Kläger keine Entgeltzahlungen mehr geleistet.

Das Arbeitsgericht hat erstinstanzlich entschieden, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf die Zahlung von Annahmeverzugslohn zustehe, da die Arbeitgeberin das Risiko des Arbeitsausfalls (Betriebsrisiko) zu tragen habe. Das Arbeitsgericht war der Auffassung, dass sich im Hinblick auf den von der Arbeitgeberin betriebenen Tanzclub durch die coronabedingte Schließung das Betriebsrisiko des § 615 S. 3 BGB verwirklicht habe, sodass das Entgelt der beschäftigten Arbeitnehmer fortzuzahlen sei, auch wenn diese tatsächlich nicht beschäftigt werden konnten. Die Zuweisung des Wirtschafts- und Betriebsrisikos entspreche allgemeinen Prinzipien der Arbeitsrechtsordnung. Nach der Rechtsprechung des BAG komme es bei Verboten aus betriebsfremden Gründen auf die Eigenheit des Betriebes an, also ob der Betrieb eine besondere Risikosphäre darstelle. Ebenso sei ein Argument für die Annahme eines solchen Betriebsrisikos die Vorhersehbarkeit und Kalkulierbarkeit des Risikos. Bei einem Tanzclub realisiere sich das aufgrund dieses Geschäftsmodells bestehende besondere Infektionsrisiko, weil Sinn und Zweck der Schließungsanordnung in der Verhinderung sozialer Kontakte in Betrieben mit möglichst engem Kundenkontakt bestehe. Das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an möglichst hohem Kundenverkehr erhöhe zugleich das Risiko einer sich ausweitenden Epidemie. Diese Zuweisung des Betriebsrisikos rechtfertige sich aus dem Umstand, dass das Geschäft „in guten wie in schlechten Tagen“ auf Kundenverkehr bzw. hohe Besucherzahl ausgerichtet sei. Auch handele es sich bei der Corona-Pandemie nicht um ein völlig unvorhergesehenes Ereignis, dessen Eintritt sich durch Rücklagen oder den Abschluss einer Betriebsschließungsversicherung theoretisch einkalkulieren ließe. Der Arbeitgeber könne zudem für die beschäftigten Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld beantragen. Ob die Pandemie nun als Naturkatastrophe oder höhere Gewalt einzustufen sei, könne dahinstehen. Der Arbeitgeber trage grundsätzlich auch bei Naturkatastrophen das Lohnrisiko, denn auch insoweit realisiere sich typischerweise das Betriebsrisiko. Die Schließung des Betriebes der Arbeitgeberin sei vorliegend im Ergebnis auch nicht aufgrund der Pandemie, sondern aufgrund der Anordnung der Exekutive erfolgt.

Hinweis für die Praxis:
Es ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung bei der coronabedingten Schließung von Betrieben wohl regelmäßig davon ausgehen wird, dass sich dadurch das vom Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko realisiert hat. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen also Maßnahmen wie zum Beispiel die Einführung von Kurzarbeit ergreifen.

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