Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Befristung des Arbeitsvertrages - Weniger ist sicherer!

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 27.09.2012 unter Auswertung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts noch einmal bekräftigt, dass es einem Arbeitgeber trotz Angabe eines sachlichen Grundes für eine Befristung im Arbeitsvertrag im Rechtsstreit um die Wirksamkeit der Befristung in der Regel nicht verwehrt ist, sich auf eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages gem. § 14 Abs. 2 TzBfG zu berufen, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind (LAG Schleswig-Holstein, 5. Kammer, Urteil vom 27.09.2012, 5 Sa 154/12).

 

Sachverhalt:

Die Klägerin wurde von der Beklagten erstmals mit schriftlichem Vertrag vom 22.12.2009 befristet für den Zeitraum vom 04.01.2010 bis 31.12.2010 eingestellt. Zum Arbeitsvertrag wurde ein der Klägerin ausgehändigter Vermerk von der Beklagten gefertigt, der sich ausführlich darüber verhält, dass die Klägerin im Rahmen eines zeitlich befristeten Projektes beschäftigt werde. Als Befristungsgrund wurde ein vorübergehender betrieblicher Bedarf an Arbeitskräften nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG angegeben. Aus diesem Grund wurden auch zahlreiche andere Arbeitnehmer eingestellt. Mit Vertrag vom 17.12.2010 wurde der Arbeitsvertrag der Klägerin nochmals bis zum 31.12.2011 verlängert. Wiederum wurde daneben in einem ausführlichen der Klägerin übergebenen Vermerk auf eine Sachgrundbefristung Bezug genommen.

 

Die Klägerin hat fristgerecht beim zuständigen Arbeitsgericht eine sogenannte Entfristungsklage erhoben, mit welcher sie geltend machte, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 31.12.2011 beendet worden war. Sie wies darauf hin, zwischenzeitlich hätten Landesarbeitsgerichte festgestellt, dass der von der Beklagten auch in ihrem Vertrag in Bezug genommene Sachgrund eine Befristung nicht rechtfertigen könne.

 

Die Beklagte berief sich darauf, dass es auf den Sachgrund nicht ankomme. Denn das Arbeitsverhältnis sei berechtigt sachgrundlos befristet worden. Die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung, keine Vorbeschäftigung, zweijährige Höchstdauer und innerhalb dieser Höchstdauer eine höchstens dreimalige Verlängerung des Arbeitsvertrages, lägen vor. Die Beklagte war ferner der Meinung, dass auch die ausführlichen Vermerke zum Arbeitsvertrag, in welchen ausschließlich auf eine Sachgrundbefristung Bezug genommenen wurde, ihr die Berufung auf eine Rechtfertigung der Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG (sachgrundlose Befristung) nicht verwehre.

 

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Ein dagegen gerichtete Berufung der Klägerin vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein blieb ohne Erfolg.

 

Die Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass der Befristungskontrolle, da die erste Befristung des Arbeitsvertrages nicht angegriffen wurde, nur der zweite von den Parteien am 17.12.2010 geschlossene befristete Vertrag unterliegt. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses auf den 31.12.2011 wurde nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts wirksam vereinbart. Es war in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Voraussetzungen für eine Sachgrundbefristung vorliegen und der von der Beklagten in Vermerken festgehaltene Sachgrund eine Befristung zu rechtfertigen vermag. Denn die Voraussetzungen einer sachgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses gem. § 14 Abs. 2 TzBfG lagen vor. Das Arbeitsverhältnis war insgesamt nicht länger als zwei Jahre befristet, es wurde nicht mehr als dreimal verlängert und es lag keine Vorbeschäftigung der Klägerin vor. Die Beklagte war nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch durch nichts gehindert, sich trotz der Ausführungen im Arbeitsvertrag und in Vermerken auf eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses zu berufen. Denn der Grund der Befristung muss im Arbeitsvertrag bzw. der Befristungsabrede schriftlich nicht niedergelegt werden. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG bezieht sich ausschließlich auf die Befristungsabrede als solche, nicht hingegen ihre Rechtfertigungsgründe. Im Rahmen der Befristungskontrolle komme es ausschließlich darauf an, ob die objektiven Voraussetzungen einer sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG vorliegen. Dies war hier der Fall.

 

Soweit von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages oder im Arbeitsvertrag selbst Hinweise auf einen vermeintlichen Sachgrund erteilt wurden, ließ sich daraus zugunsten der Klägerin nichts herleiten. Denn die Klägerin vermochte nicht darzulegen, dass durch eine derartige Angabe eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien dahingehend getroffen worden ist, die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich auszuschließen. Hierfür müsste ein übereinstimmender Wille beider Parteien dergestalt feststellbar sein, den Vertrag nur und ausschließlich aufgrund eines Sachgrundes befristen zu wollen. Dazu muss allerdings der Arbeitgeber hinreichend deutlich zu verstehen geben, dass er die Befristung nur auf einen bestimmten Sachgrund stützen will und zugleich die Wirksamkeit der Befristungsabrede insgesamt vom Bestehen eben dieses Sachgrundes abhängig machen will. An einem solchen Willen des Arbeitgebers fehlt es ohne weitere Anhaltspunkte regelmäßig und auch im entschiedenen Fall. Denn dem Arbeitgeber kommt es in aller Regel nur darauf an, dass die vereinbarte Befristung wirksam ist, gleich aus welchem Rechtsgrund diese Wirksamkeit entfaltet. Wenn und soweit der Arbeitnehmer behauptet, ein Arbeitgeber habe mit dem Hinweis auf einen Sachgrund im Arbeitsvertrag oder einem Vermerk wirksam und vorbehaltlos darauf verzichten wollen, sich zur Rechtfertigung der Befristung auch auf die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses trotz Vorliegens der objektiven Voraussetzungen zu berufen, muss der Arbeitnehmer für einen vertraglichen Ausschluss der sachgrundlosen Befristung im Einzelfall eingehend die dafür erforderlichen Tatsachen behaupten und bei Bestreiten des Arbeitgebers beweisen. Dies konnte die Klägerin nicht.

 

Bewertung der Entscheidung:

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein ist zu begrüßen. Das Landesarbeitsgericht hat zurecht darauf abgestellt, dass es auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung ausreicht, wenn die objektiven Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG vorliegen. Eine Einigung der Vertragsparteien darüber, dass der Arbeitsvertrag ohne Sachgrund befristet werden soll, ist im Rahmen der Befristungsabrede nicht erforderlich. Erfreulich ist auch die nochmalige Klarstellung des Landesarbeitsgerichts, dass selbst ein Hinweis auf einen Sachgrund im Arbeitsvertrag für sich allein nicht dazu führen kann, dem Arbeitgeber ohne weiteres einen Vereinbarungswillen dahingehend zu unterstellen, die Befristung nicht als sachgrundlos mögliche Befristung bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG zu rechtfertigen.

 

Praxisfolgen:

Für Arbeitgeber bedeutet die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein ein wenig mehr an Rechtssicherheit im derzeit undurchsichtigen durch die jüngste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in rasanter Entwicklung befindlichen Befristungsrecht. Gleichwohl ist Arbeitgebern anzuraten, im Arbeitsvertrag selbst und der Befristungsabrede keine Hinweise darauf zu erteilen, warum befristet wird. Dies ist nicht notwendig und führt – wie in dem vom Landesarbeitsgericht entschiedenen Fall – häufig zu unnötigen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Prozesskosten- und sonstigen Risiken. Will man sich als Arbeitgeber alle Optionen offenhalten, sollte die Angabe eines Befristungsgrundes, so sie nicht z. B. aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ganz ausnahmsweise erforderlich ist, nicht erfolgen.

 

Für Arbeitnehmer ergeben sich nach unserem Dafürhalten keine weiteren Folgeprobleme, wenn die von vornherein vereinbarte und zu diesem Zeitpunkt von beiden Parteien auch gewollte Befristung wirksam ist.

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