Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund gerichtlichen Vergleichs

Ein nach § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO zustande gekommener gerichtlicher Vergleich, der das zugrundeliegende Arbeitsverhältnis der Parteien befristet, stellt allein deshalb keine zulässige Befristung i.S.d. § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG dar.

BAG, Urteil vom 14.01.2015 – 7 AZR 2/14 -.

 

Sachverhalt:

Die Klägerin war bei der beklagten Arbeitgeberin seit 1993 aufgrund von insgesamt 16 befristeten Arbeitsverträgen mit zum Teil längeren Unterbrechungen beschäftigt. Gegen die am 01.09.2009 vereinbarte Befristung erhob die Klägerin Befristungskontrollklage beim Arbeitsgericht. Im Verlauf dieses arbeitsgerichtlichen Verfahrens teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Arbeitsgericht schriftsätzlich mit, dass sich die Parteien außergerichtlich geeinigt hätten und bat das Gericht, gem. § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen, dass der befristete Vertrag vom 01.04.2009 mit Ablauf des 31.12.2010 geendet habe. Ferner bat sie darum festzustellen, dass die Klägerin erneut befristet auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Nr. 8 ZPO für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2012 bei der Beklagten beschäftigt sei.

Der Vorsitzende der erkennenden Kammer des Arbeitsgerichtes fasste daraufhin den Beschluss „….schlägt das Gericht den Parteien folgenden Vergleich vor: 1) …, 2) …“.

Die Beklagte wurde gebeten, zu diesem Vergleichsvorschlag binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen (Annahme?). Nachdem dieser Beschluss beiden Parteien zugestellt worden war, teilte die Beklagte dem Gericht mit Anwaltsschriftsatz vom 15.06.2010 mit, dass der Vorschlag des Gerichtes angenommen werde. Gleichzeitig bat die Beklagte um Vornahme von „redaktionellen Änderungen“ in dem vorgeschlagenen Vergleichstext. Das Gericht übermittelte daraufhin diesen Schriftsatz der Beklagten vom 15.06.2010 an die Klägerin mit der Bitte um Stellungnahme, ob Einverständnis mit den von der Beklagten gewünschten „redaktionellen Änderungen“ bestünde, was die Klägerin daraufhin mit anwaltlichem Schriftsatz bestätigte.

Mit der rechtzeitig erhobenen Befristungskontrollklage vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die durch den gerichtlichen Beschluss festgestellte Befristung sachlich nicht gerechtfertigt sei. Die dort festgestellte Befristung beruhe nicht auf einem gerichtlichen Vergleich i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG, da der Vergleich nach § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO zustande gekommen sei.

Das Arbeitsgericht hat ihrer Befristungskontrollklage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil des Arbeitsgerichtes abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass die streitbefangene Befristung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien für die Zeit bis zum 31.12.2012 nach § 14 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 8 TzBfG gerechtfertigt sei.

Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG liege ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruhe. Voraussetzung für den Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG sei die Vereinbarung einer Befristung des Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich, soweit die Parteien darin zur Beendigung eines Kündigungsschutzverfahrens oder eines sonstigen Feststellungsrechtsstreits über den Fortbestand oder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eine Einigung erzielen.

Das Landesarbeitsgericht sei zwar insoweit rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG erfülle. Dies sei – anders als bei einem nach § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2 ZPO zustande gekommenen gerichtlichen Vergleich – nicht der Fall, da es an der erforderlichen Mitwirkung des Gerichts fehle.

Dieser Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichtes wirke sich jedoch im Ergebnis nicht aus, weil vorliegend der arbeitsgerichtliche Vergleich vom 24.07.2010 im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichtes nicht nach § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO, sondern nach § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2 ZPO zustande gekommen sei.

Nachdem die Klägerin nämlich erstinstanzlich dem Arbeitsgericht mitgeteilt hatte, dass die Parteien sich außergerichtlich geeinigt hätten und um Feststellung ihrer konkret formulierten Feststellungen gem. § 278 Abs. 6 ZPO gebeten habe, habe das Gericht nicht nur einen Vergleichsvorschlag der Klägerin an die Beklagte mit der Bitte um Stellungnahme weitergeleitet, sondern sich den Vergleichsvorschlag des Klägers zu eigen gemacht und als eigenen Vergleichsvorschlag den Parteien unterbreitet. Das ergebe die Auslegung des Wortlautes des erstinstanzlichen gerichtlichen Beschlusses. Dem stehe auch nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht nur die Beklagte um Stellungnahme gebeten habe. Eine solche Aufforderung zur Stellungnahme zu einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag sei zwar zweckmäßig, werde aber von § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2 ZPO nicht gefordert. Es genüge vielmehr, dass das Arbeitsgericht den Vergleichsvorschlag beiden Parteien zugesandt habe. Wenn das Arbeitsgericht nur nach § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO habe vorgehen wollen, so wäre ausreichend gewesen, der Beklagten den Vorschlag der Klägerin lediglich zu übersenden.

Damit handele es sich bei dem erstinstanzlichen Beschluss, mit dem das Gericht den Parteien einen Vergleichsvorschlag unter Beifügung des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterbreitet habe, in Wirklichkeit um einen gerichtlichen Vorschlag i.S.d. § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2 ZPO. Diesen gerichtlichen Vergleichsvorschlag habe die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 15.06.2010 angenommen.

Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte in diesem Schriftsatz gleichzeitig um eine „redaktionelle Änderung“ gebeten habe. In der Bitte um eine „redaktionelle Änderung“ sei nämlich keine Annahme unter Abänderungen i.S.v. § 150 Abs. 2 BGB zu sehen. Die von der Beklagten erbetenen Einfügungen stellten deshalb solche Änderungen i.S.v. § 150 Abs. 2 BGB nicht dar. Es handele sich vielmehr um die Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit, die nicht zu einer inhaltlichen Änderung führe.

Vor diesem Hintergrund habe das LAG im Ergebnis zutreffend die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Befristungskontrollklage abgewiesen.

 

Bewertung der Entscheidung:

Da die BAG-Rechtsprechung die Mitwirkung des Arbeitsgerichtes an dem inhaltlichen Zustandekommen des Vergleiches im Rahmen des TzBfG schon seit langem für unverzichtbar hält, genügt ein gem. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossener Prozessvergleich nach derzeitiger Rechtslage nur dann als Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG, wenn die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleiches dann durch Beschluss festgestellt hat. Haben aber die Parteien dem Gericht den Vergleich vorgeschlagen (§ 278 Abs. 6 Alt. 2 ZPO), erkennt das Bundesarbeitsgericht keinen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG an.

 

Praxisfolgen:

Wenn gleich diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht recht überzeugen will, muss in der Praxis penibel darauf geachtet werden, dass die Parteien das Arbeitsgericht um einen schriftlichen Vergleichsvorschlag i.S.d. § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2 ZPO bitten, und im weiteren Verlauf des Verfahrens darauf achten, dass allein auf der Grundlage eines solchen gerichtlichen Vergleichsvorschlages weiter vorgegangen wird.

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