Arbeitsrecht

Sie wollen mehr zum Fachbereich "Arbeitsrecht" erfahren?
» mehr erfahren

Arbeitsrecht

Befristungskontrollklage - verlängerte Anrufungsfrist

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 15.05.2012 erkannt, dass ein Arbeitnehmer, der rechtzeitig i.S.d. § 17 Satz 1 TzBfG im Klagewege vor dem Arbeitsgericht deutlich gemacht hat, dass die Befristung seines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, sich in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Befristung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen kann, vgl. BAG, Urteil vom 15.05.2012 – 7 AZR 6/11.

 

Sachverhalt:

Der Kläger war aufgrund von insgesamt 6 befristeten Arbeitsverträgen beim beklagten Land als Lehrkraft für das Fach Mathematik in der Zeit vom 01.09.2005 – 31.03.2009 beschäftigt. In dem am 25.07.2006 für die Zeit vom 01.09.2006 – 31.03.2007 geschlossenen zweiten befristeten Vertrag war als Grund für die Befristung die „Sicherstellung des Lehrangebots im Fach Mathematik im Wintersemester 2006/2007“ angegeben. In den weiteren befristeten Verträgen, u.a. in dem am 31.05.2007 für die Zeit vom 01.10.2007 – 31.03.2008 geschlossenen Vertrag war als Grund für die befristete Beschäftigung jeweils ein Anstieg der Studierenden und die daraus resultierende Erhöhung des Lehrangebots genannt. Den letzten befristeten Vertrag schlossen die Parteien am 10.09.2008 für die Zeit vom 01.10.2008 – 31.03.2009 und gaben als Befristungsgrund u.a. eine zusätzliche Lehrbelastung im Fach Mathematik benennt.

 

Vor Ablauf der letzten Befristung hat der Kläger am 12.03.2009 beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung mit dem Antrag erhoben, „dass zwischen den Parteien seit dem 01.10.2007 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht“. Der Klage hat er sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsverträge in Kopie als Anlage beigefügt. Dieses Feststellungsbegehren hat er im Wesentlichen damit begründet, bereits bei Abschluss des Vertrages vom 31.05.2007 kein Befristungsgrund mehr für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 vorgelegen habe, so dass zu diesem Zeitpunkt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. In erster Instanz hat er zunächst am 15.09.2009 den Antrag aus der Klageschrift gestellt und in einem weiteren Termin beantragt festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 31.03.2009 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.

 

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, „dass das Arbeitsverhältnis über den 31.03.2009 hinaus unbefristet fortbesteht“.

 

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die allein maßgebliche letzte Befristung vom 10.09.2008 für den Zeitraum vom 01.10.2008 – 31.03.2009 gelte gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 TzBfG i.V.m. § 7 Halbsatz 1 KSchG als wirksam, weil der Kläger nicht rechtzeitig i.S.d. § 17 Satz 1 TzBfG einen Entfristungsklageantrag gestellt habe.

 

Entscheidung:

Die Revision das Klägers war erfolgreich.

 

Das Bundesarbeitsgericht entschied, die Vorschrift des § 6 Satz 1 KSchG sei wegen der Regelung in § 17 Satz 2 TzBfG entsprechend im Befristungsrecht anwendbar, wenn der Arbeitnehmer auf andere Weise im Klagewege – etwa durch eine Lohn- oder Weiterbeschäftigungsklage – deutlich gemacht habe, dass er eine bestimmte Befristung nicht gegen sich gelten lassen will. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Klagebegründung zu der rechtzeitig i.S.d. § 17 Satz 1 TzBfG beim Arbeitsgericht erhobenen allgemeinen Feststellungsklage die später streitgegenständliche Befristungsabrede konkret nenne. In diesem Fall sei eine entsprechende Anwendung von § 6 Satz 1 KSchG i.V.m. § 17 Satz 2 TzBfG.“

 

Praxisfolgen:

Die Entscheidung des BAG überzeugt in ihrer Begründung und ist zu begrüßen. Die entsprechende Anwendung des § 6 Satz 1 KSchG auch im Befristungsrecht hat zum einen zur Folge, dass der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Unwirksamkeit der Befristung aus anderen Gründen als denjenigen geltend machen kann, die er innerhalb der dreiwöchigen Frist benannt hat. Das bedeutet aber allerdings auch gleichzeitig, dass der Arbeitnehmer im Befristungskontrollrecht alle anderen Unwirksamkeitsgründe bereits im ersten Rechtszug geltend machen muss. Die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG kann danach in vergleichbaren Fällen auch dadurch gewahrt sein, dass der Arbeitnehmer bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz einen Befristungskontrollantrag stellt, wenn rechtzeitig i.S.d. § 17 Satz 1 TzBfG auf anderem Wege gerichtlich geltend macht, dass die nach seinem Antrag streitgegenständlichen Befristung rechtsunwirksam ist.

 

Ob das alles auch gilt, wenn der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig i.S.d. § 17 Satz 1 TzBfG mit einer allgemeinen Feststellungsklage i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO gegen die Befristung gewandt hat, hat das BAG ausdrücklich offengelassen.

Anschrift

Hafenweg 8, 48155 Münster
Postfach 3410, 48019 Münster
Parkmöglichkeiten in hauseigener Tiefgarage

Kontakt