Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Das Ende der Kettenarbeitsverträge? Mitnichten!

Das Bundesarbeitsgericht hat erneut bekräftigt, dass die mehrmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses zulässig ist. Nur im Ausnahmefall kann die Befristung eines Arbeitsvertrags trotz Vorliegens eines Sachgrunds aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam sein. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 -).

 

Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages der Klägerin vom 12.12.2006 für die Zeit vom 01.01.2007 – 31.12.2007. Diesem waren nach der Ausbildung der Klägerin zur Justizangestellten seit dem 02.07.1999 zwölf weitere befristete Verträge vorausgegangen. Das beklagte Land rechtfertigt die Befristung sachlich mit einer Vertretung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG) und zwar mit der vom Bundesarbeitsgericht anerkannten Alternative, dass weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Vertretung vorliegt und der Arbeitgeber auf die Umverteilung der Arbeitsaufgaben des vorübergehend abwesenden Arbeitnehmers verzichtet, indem er dem befristet tätigen Arbeitnehmer Tätigkeiten überträgt, die der vertretene Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen hat, die diesem letzteren aber im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden könnten, und eine gedankliche Zuordnung des Vertreters zum Vertretenen festzustellen ist. Die Klägerin hält diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für verfassungs- und europarechtswidrig.

 

Das Arbeitsgericht Köln hat die Entfristungsklage der Klägerin abgewiesen. Das LAG Köln hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin beim höchsten deutschen Arbeitsgericht hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht Köln.

 

Das BAG hatte zunächst Bedenken, ob im Fall der Klägerin der mehrmaligen Befristung ihres Arbeitsverhältnisses gegebenenfalls europarechtliche Vorschriften entgegenstünden. Nach Vorlage durch das Bundesarbeitsgericht entschied der EuGH mit Urteil vom 26. Januar 2012, dass der Umstand, dass ein Arbeitgeber wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückgreife, weder der Annahme eines sachlichen Grundes entgegenstehe, noch daraus das Vorliegen eines Missbrauchs folge. Die nationalen staatlichen Stellen müssten aber auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes alle mit der Verlängerung der befristeten Verträge verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie einen Hinweis auf Missbrauch geben können. Bei dieser Prüfung könnten sich die Zahl und Dauer der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen aufeinander folgenden Verträge als relevant erweisen.

 

In Anwendung dieser Grundsätze entschied das Bundesarbeitsgericht, dass vorliegend die Gesamtdauer von mehr als 11 Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen dafür sprechen, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt habe. Das höchste deutsche Arbeitsgericht hat der Klage dennoch nicht stattgegeben. Der Rechtsstreit wurde vielmehr an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

 

Bewertung der Entscheidung:

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts war angesichts der Vorgaben des EuGH keine große Überraschung. Von einigen arbeitnehmernahen Institutionen war im Vorfeld der Entscheidung die Hoffnung geäußert worden, das BAG könne dadurch für Rechtssicherheit sorgen, dass es die maximale Anzahl der zulässigen Befristungen eines Arbeitsverhältnisses mit einer konkreten Zahl genau festlegt. Diese Hoffnung hat sich indessen nicht erfüllt, obwohl das Bundesarbeitsgericht schon sehr klar andeutet, dass es 13 Befristungen wohl für unzulässig hält. Interessant ist, dass das BAG in einer Parallelentscheidung zum Nachteil einer Arbeitnehmerin entschieden hat. Bei ihr lag eine Gesamtbefristungsdauer von sieben Jahren und neun Monaten vor, der insgesamt vier Befristungen zugrunde lagen. Bei dieser Sachverhaltskonstellation gab es laut BAG keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs.

 

Praxisfolgen:

Da mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts keinerlei Rechtssicherheit eingetreten ist, werden Arbeitnehmer mit mehrmals befristeten Arbeitsverträgen auch zukünftig über keine berufliche Planungssicherheit verfügen.

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