Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Ein Tarifvertrag geht bei einem Betriebsübergang nicht in jedem Fall automatisch auf den Erwerber über

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass ein Tarifvertrag, der zwar vor einem Betriebsübergang abgeschlossen wurde, aber erst nach dem Betriebsübergang in Kraft getreten ist, für den neuen Erwerber nicht gilt.

 

Sachverhalt:

Die Klägerin ist seit dem 01.01.2006 bei der Beklagten in einem Callcenter beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis war an diesem Tag im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen. Im Herbst 2004 war noch bei der alten Arbeitgeberin ein Haustarifvertrag mit Namen „Zusatzzahlung“ verhandelt und abgeschlossen worden. Dieser sollte jedoch, um vorherige Rückstellungen in der Bilanz zu vermeiden, erst am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Die Beklagte verweigerte Zahlungen nach dem Tarifvertrag „Zusatzzahlung“, weil dieser Tarifvertrag nicht auf sie gem. § 613a BGB übergegangen sei und bei ihr demnach keine Anwendung finde. Die Vorinstanzen haben der Klage auf Zahlung aus dem Tarifvertrag „Zusatzzahlung“ stattgegeben. Das BAG gab in seiner Revisionsentscheidung nunmehr der Beklagten Recht, wonach der Tarifvertrag „Zusatzzahlung“ nicht auf die Beklagte übergangen sei. Folge daraus ist, dass der Klägerin auch kein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.

Das BAG urteilte, dass vor Inkrafttreten des Tarifvertrags der tarifvertragliche Regelungsbestand nicht zu den Rechten und Pflichten aus dem im Zeitpunkt eines Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB gehöre. Nach dem Betriebsübergang komme bei einem zuvor noch nicht in Kraft getretenen Haustarifvertrag des Veräußerers eine Verbindlichkeit der Tarifnorm auch nicht über eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „Vorschriften der jeweils gültigen Tarifverträge“ in Betracht, weil diese nicht Haustarifverträge eines anderen Unternehmens erfasse.

 

Bewertung der Entscheidung:

Die Entscheidung des BAG ist konsequent, stellt sie doch in der Begründung das Prioritätsprinzip in den Vordergrund. § 613a Abs. 1 BGB kann demnach nur dann zur Anwendung kommen, wenn das Inkrafttreten des Tarifvertrags vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs liegt. Mit dieser Entscheidung trägt das BAG zur Rechtssicherheit bei, weil künftig „nur“ die Frage geklärt werden muss, ob zuerst der Betriebsübergang stattgefunden hat oder der Tarifvertrag zeitlich früher in Kraft getreten ist.

 

Praxisfolgen:

Bei Betriebsübergängen wird zukünftig genau geprüft werden müssen, welche Tarifverträge tatsächlich mit übergehen und welche nicht. Gefragt ist eine sorgfältige und umfangreiche Due-Diligence-Prüfung. Aufgrund der identischen Regelungslage hinsichtlich Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen in § 613a Abs. 1 BGB dürfte die vorliegende Rechtsprechung des BAG zu Tarifverträgen auf Betriebsvereinbarungen zu übertragen sein.

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