Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung eines Lkw-Fahrers wegen Drogenkonsums

Ein Berufskraftfahrer sei verpflichtet, seine Fahrtüchtigkeit nicht durch die Einnahme von Substanzen wie Amphitamin oder Methamphetamin „Crystal Meth“ zu gefährden. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung mache unabhängig davon, ob die Droge vor oder während der Arbeitszeit konsumiert worden sei, die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.10.2016 – 6 AZR 471/15, juris.

Sachverhalt:

Bei einem Lkw-Fahrer, der am Samstag, den 11.10.2014, im privaten Umfeld Amphitamin oder Methamphetamin eingenommen hatte, wurde am darauffolgenden Montag bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung anlässlich einer polizeilichen Kontrolle dieser Drogenkonsum festgestellt. Nachdem seine Arbeitgeberin, die ein Transportunternehmen betreibt, von diesem Vorgang Kenntnis erhielt, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.10.2014 mit sofortiger Wirkung. Auf die rechtzeitig eingereichte Klage stellte das Arbeitsgericht mit Urteil vom 24.02.2015 fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht fristlos beendet worden sei. Das angerufene Landesarbeitsgericht bestätigte diese erstinstanzliche Entscheidung. Zwar habe der Kläger gegen die ihm obliegenden Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten verstoßen. Zu diesen Pflichten eines Lkw-Fahrers gehöre es, den ihm anvertrauten Lkw mit samt der Ladung ausschließlich in einem Zustand uneingeschränkter Fahrtüchtigkeit zu führen. In seinem Verhalten liege ein Vertragsverstoß, der grundsätzlich als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gewertet werden könne. Allerdings kam das Berufungsgericht nach Abwägung aller Umstände im Rahmen der Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass die außerordentliche Kündigung unverhältnismäßig gewesen sei. Es lägen keine Umstände vor, die den Schluss zuließen, der Kläger habe seinen LKW geführt, obwohl er fahruntüchtig gewesen sei. Es sei auch nicht bekannt, ob der Kläger wegen der eingenommenen Drogen nicht in der Lage gewesen sei, den Lkw noch sicher zu führen. Selbst die Beklagte habe keine erkennbaren Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit geltend gemacht. Dass der Kläger eine Ordnungswidrigkeit gem. § 24 a Abs. 2 StVG begangen habe, bedeute nicht gleichzeitig auch, dass der Kläger an diesen oder an den zwei Tagen zuvor den Lkw wegen drogenbedingter Fahruntüchtigkeit nicht führen konnte, insbesondere eine konkrete Gefährdung vorgelegen habe. Ein einmaliger Verstoß gegen die StVG könne eine konkrete Gefahr für die Interessen des Arbeitgebers ohne das Vorliegen besonderer Umstände nicht als eine so schwerwiegende Vertragsverletzung zu bewerten sein, sodass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten sei, die Kündigungsfrist einzuhalten.

Auf die Revision der beklagten Arbeitgeberin hat das Bundesarbeitsgericht diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach der vorliegenden Pressemitteilung des BAG Nr. 57/ 2016 vom 20.10.2016 hat das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung damit begründet, dass unerheblich sei, ob die Fahrtüchtigkeit des Klägers bei der durchgeführten Fahrt konkret beeinträchtigt gewesen sei und deshalb eine erhöhte Gefahr im Straßenverkehr bestanden habe. Ein Berufskraftfahrer dürfe ganz grundsätzlich seine Fahrtüchtigkeit nicht durch die Einnahme von Substanzen gefährden. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung könne bereits die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, ohne dass es einen Unterschied mache, ob die Droge vor oder während der Arbeitszeit konsumiert worden sei und ohne das Erfordernis des Vorliegens einer konkreten Gefährdung.

Bewertung der Entscheidung:

Zweifelsfrei hat diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine über den entschiedenen Einzelfall eines Berufskraftfahrers hinausgehende Bedeutung. Handlungen wie die Einnahme von Drogen, die bei dem Arbeitnehmer zu Bewusstseinsstörungen führen können, können bereits grundsätzlich zu einer konkreten Gefährdung von Kollegen oder der Allgemeinheit führen und bereits deshalb eine Kündigung rechtfertigen. Diese BAG-Rechtsprechung wird zukünftig zu einer spannenden Diskussion über die Frage führen, worin solche Handlungen, die zu einer Bewusstseinsstörung führen können liegen und für welche Arbeitsplätze diese Betrachtungsweise gilt. Wir werden weiter berichten, sobald die vollständig begründete Entscheidung des BAG vorliegt.

Praxisfolgen:

Schon jetzt steht fest: Lkw-Fahrer riskieren auch bei einem außerhalb der Arbeitszeit gelegenen Drogenkonsum nicht nur ihren Führerschein, sondern auch die fristlose Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.

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