Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung wegen unbefugter Löschung von Kundendaten

Löscht ein Arbeitnehmer Daten über die Kundenbeziehungen seines Arbeitgebers, mit denen er während des Arbeitsverhältnisses arbeitete, kann dies einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses darstellen.

 

Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob und mit welchem Aufwand ein Teil dieser gelöschten Daten wieder hergestellt werden konnte oder kann und ob und in welchem Umfang diese Daten von der Arbeitgeberin für den weiteren Geschäftsablauf tatsächlich benötigt werden. Es gehört nämlich zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Arbeitsvertragsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber den Zugriff zu seinen Arbeitsergebnissen, die auch in digitaler Form abgespeichert werden können, jederzeit ermöglicht. Dazu gehören bei einer kundenbezogenen Tätigkeit auch Daten darüber, wie der Arbeitnehmer die Tätigkeit für die Beklagte ausübte, sowie die Adressen der Kunden, die vereinbarten Termine sowie tätigkeitsbezogene E-Mailkorrespondenz (Hessisches Landesarbeitsgerichts, Urteil vom 05.08.2013 – 7 Sa 1060/10, juris).

 

Sachverhalt:

Die beklagte Arbeitgeberin kündigte das für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 befristete Arbeitsverhältnis des bei ihr als Accountmanager beschäftigten Klägers am 02.07.2009 fristlos und vorsorglich ordentlich, nachdem zwischen ihnen am 25. und 30.06.2009 Gespräche über eine von der Beklagten gewünschte Verlängerung der Probezeit gescheitert waren und der Kläger sich geweigert hatte, eine von der Beklagten vorbereitete Aufhebungsvereinbarung zu unterzeichnen. Als Grund für diese Kündigungen gab die Beklagte an, der Kläger habe vor dem Verlassen seines Arbeitsplatzes am 30.06.2009 Projektunterlagen entwendet und auf dem Outlook-Exchange-Server sämtliche E-Mails, Kundenkontakte und Kundentermine sowie das Adressbuch mit sämtlichen Kundenkontakten gelöscht.

 

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme das Urteil des Arbeitsgerichts mit der Begründung aufgehoben, die Feststellungsanträge des Klägers seien im vollen Umfang unbegründet. Die dem Kläger vorgeworfene Datenlöschung vom 30.06.2009 stelle an sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar, da mit ihr Daten über die Kundenbeziehungen der Beklagten, mit denen der Kläger während des Arbeitsverhältnisses arbeitete, zerstört wurden. Dabei komme es weder darauf an, ob und mit welchem Aufwand ein Teil dieser gelöschten Daten habe wiederhergestellt werden können oder zukünftig noch wiederherstellbar ist und ob und in welchem Umfang die Beklagte für den weiteren Geschäftsablauf diese Daten tatsächlich benötige. Denn es gehöre zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber den Zugriff zu seinen Arbeitsergebnissen, die auch in digitaler Form abgespeichert werden können, jederzeit ermöglicht. Hierzu gehörten gerade auch bei einer kundenbezogenen Tätigkeit, wie sie der Kläger für die Beklagte ausübte, die Adressen der Kunden, die vereinbarten Termine sowie tätigkeitsbezogene E-Mail-Korrespondenz.

 

Wenn ein Arbeitnehmer – zumal in einem weder durch eine Kündigung noch durch einen Aufhebungsvertrag beendeten Arbeitsverhältnis – seinem Arbeitgeber eigenmächtig den Zugriff zu diesen Daten entziehe oder diese Daten in einer Weise lösche, dass sie nur mit erheblichem Aufwand wiederherzustellen seien, verstoße er damit derart gegen die selbstverständlichen Nebenpflichten seines Arbeitsverhältnisses, die Interessen des Arbeitgebers als seines Vertragspartners zu berücksichtigen, dass ein solches Verhalten in aller Regel zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtige und die Fortsetzung bis zum Ende der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar sei.

 

Dabei kommt es nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht darauf an, inwieweit der Kläger diese Daten mit Hilfe von Programmen verarbeitet und gespeichert habe, die er auch für private Korrespondenz nutzte und inwieweit ihm letzteres von der Beklagten gestattet worden war, denn es stehe außer Frage, dass es sich bei dem genutzten Rechner um ein Betriebsmittel handelte, das ihm von der Beklagten zur Erledigung der arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen zur Verfügung gestellt worden war und dass er auch zweifellos zu diesem Zweck benutzt habe.

 

Im Rahmen der Interessenabwägung sei entscheidend zu berücksichtigen, wie der Kläger auf die Gespräche über die Art und Weise der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Löschung der seiner Arbeit zugrunde liegenden Daten reagiert habe. Das musste bei der Beklagten die Gewissheit hervorgerufen, dass sie im Fall der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist nicht mehr mit der gerade wegen des Kundenbezugs der Tätigkeit des Klägers erforderlichen Loyalität rechnen durfte. Demgegenüber seien keine Umstände ersichtlich, die für den Kläger sprechen können, insbesondere habe das Arbeitsverhältnis noch nicht solange bestanden, dass hier ein besonderes Interesse des Klägers am Fortbestand eines langjährigen vertrauensvollen Arbeitsverhältnisses hätte angenommen werden können.

 

Schließlich sei vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung auch keine Abmahnung erforderlich gewesen, dem Kläger musste auch ohne eine solche Warnung klar sein, dass sein Verhalten – die Löschung aller kundenbezogenen Daten auf seinem Rechner – von der Beklagten keinesfalls hingenommen werden würde. Hierfür spreche allein schon die Tatsache, dass er die Löschung unmittelbar vor dem Verlassen des Betriebs ausführte und in der Folge stets bestritten habe, obwohl seine Täterschaft von Anfang an nahegelegen habe.

 

Bewertung der Entscheidung:

Der Entscheidung ist uneingeschränkt zuzustimmen.

 

Praxisfolgen:

Ein Arbeitgeber muss es nicht hinnehmen, wenn ein Arbeitnehmer ihm Daten über seine Kundenbeziehungen vorenthält. Deshalb wird man aus der Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts ganz allgemein ableiten können, dass die Kündigungen auch dann bestand gehabt hätten, wenn die Dateien nicht gelöscht sondern nur sonstwie vorenthalten worden wären. Das LAG hat mit seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass auch die bei einer kundenbezogenen Tätigkeit eines Arbeitnehmers anfallenden Daten kein rechtsfreier Raum sind.

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