Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Inanspruchnahme von Elternzeit - Schriftformerfordernis

Bei der Inanspruchnahme von Elternzeit handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, für die die strenge Schriftform iSv. § 126 Abs. 1 BGB gilt. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht.

BAG, Urteil vom 10. Mai 2016, 9 AZR 145/15

Sachverhalt und Entscheidung:

Die Klägerin war als Rechtsanwaltsfachangestellte bei dem beklagten Rechtsanwalt im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Nachdem dieser das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. November 2013 kündigte, berief sich die Klägerin im Kündigungsschutzrechtsstreit darauf, dass sie doch nach der Geburt ihrer Tochter dem beklagten Arbeitgeber mit Telefaxschreiben vom 10. Juni 2013 mitgeteilt habe, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Sie berief sich deshalb auf den Sonderkündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG und vertrat die Auffassung, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Arbeitgeber nicht die Zustimmung der § 18 Abs. 1 Satz 3 BEEG zuständigen Behörde zur Kündigung eingeholt habe. Die Vorinstanzen hatten der Kündigungsschutzklage stattgegeben.

Die Revision des Beklagten Arbeitgebers hatte nun vor dem BAG Erfolg. Entgegen den Vorinstanzen vertrat das BAG die Auffassung, dass die Klägerin nicht den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG genoss, weil sie mit ihrem Telefax vom 10. Juni 2013 nicht wirksam Elternzeit verlangt habe. Das Elternzeitverlangen sei nämlich eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, für die die strenge Schriftform iSv. § 126 Abs. 1 BGB gelte. Es müsse deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Ein Telefax oder eine E-Mail wahre die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führe gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung.

Allerdings könne sich ein Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, indem er sich darauf berufe, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB). Solche Besonderheiten, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrten, sich auf den Formverstoß zu berufen, lagen nach Auffassung des BAG in dem zur Entscheidung stehenden Fall allerdings nicht vor.

Bewertung der Entscheidung:

Telefax, Email und andere neue Kommunikationsformen haben in vielen Bereichen des täglichen Lebens die herkömmliche Papierform teils vollständig ersetzt. Das Urteil des BAG ruft in Erinnerung, dass bei bestimmten Erklärungen die Einhaltung der „guten alten“ Schriftform zwingend erforderlich ist. Hierauf ist insbesondere aus Arbeitnehmersicht unbedingt zu achten. Wird die Form nicht gewahrt, ist die Elternzeit nicht wirksam geltend gemacht und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bleibt dann unberechtigt der Arbeit fern und genießt auch nicht den Sonderkündigungsschutz des § 18 BEEG.

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