Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

(K)ein Auskunftsanspruch für erfolglosen Bewerber über anderweitige Besetzung der Stelle?!

Der EuGH hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach das Unionsrecht für eine Person, die sich bei einer Nichteinstellung für diskriminiert hält, keine spezifische Möglichkeit der Einsichtnahme in Informationen vorsieht, um sie in die Lage zu versetzen, die Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, glaubhaft zu machen. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass eine Verweigerung von Informationen durch den Unternehmer ein Indiz zur Begründung einer mit dem AGG unvereinbaren Benachteiligung darstellen kann.

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, die 1961 geboren wurde, ist russischer Herkunft. Sie ist Inhaberin eines russischen Diploms als Systemtechnik-Ingenieurin, dessen Gleichwertigkeit mit einem von einer Fachhochschule erteilten deutschen Diplom in Deutschland anerkannt wurde. Das beklagte Unternehmen veröffentlichte nacheinander zwei sich inhaltlich entsprechende Stellenanzeigen für eine/n erfahrene/n Softwareentwickler/-in. Die Klägerin bewarb sich auf diese beiden Anzeigen. Ihre Bewerbungen wurden abgelehnt, ohne dass sie zu einem Gespräch eingeladen wurde und ohne dass Gründe für die Ablehnung angegeben wurden. Sie hegte den Verdacht, dass die Ablehnung etwas mit ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder ihrer Herkunft aus Russland zu tun haben könnte. Die Klägerin klagte auf Schadenersatz wegen Diskriminierung bei der Einstellung. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss der Arbeitgeber beweisen, dass er nicht diskriminiert hat, wenn es Indizien für eine Benachteiligung gibt. Gegen das Urteil, mit dem ihre Klage in erster Instanz abgewiesen wurde, legte die Klägerin beim Landesarbeitsgericht Berufung ein, die ebenfalls erfolglos blieb. Das Schweigen des Arbeitgebers sei, so die Begründung der Gerichte, kein Indiz für eine Diskriminierung. Daraufhin stellte die Klägerin die Urteile beim Bundesarbeitsgericht zur Prüfung. Das BAG legte nunmehr dem EuGH zur Vorabentscheidung die Frage vor, ob die Klägerin auf der Grundlage der Richtlinien 2000/43, 2000/78 und 2006/54 einen Auskunftsanspruch geltend machen kann und, wenn ja, welche Folgen eine Auskunftsverweigerung durch das beklagte Unternehmen haben würde. Der EuGH sieht keinen Grund seine bisherige Rechtsprechung zu ändern. Einen Auskunftsanspruch von unterlegenen Bewerbern wollte der Unionsgesetzgeber nicht begründen. Lediglich im Rahmen der gerichtlichen Gesamtbetrachtung kann die Tatsache einer Auskunftsverweigerung als ein Indiz von mehreren für eine Diskriminierung sprechen.

 

Bewertung der Entscheidung:

Die Entscheidung des EuGH trägt nicht gerade zur Rechtssicherheit bei. Es wird bereits diskutiert, ob die Aus-kunft nunmehr quasi durch die Hintertür eingeführt worden sei. Jedenfalls kann die bisherige Praxis, gar keine Auskunft zu erteilen, nicht weiterfortgeführt werden.

 

Praxisfolgen:

Bis sich die nationale Rechtsprechung auf das neue Urteil des EuGH eingestellt hat, sollten Arbeitgeber weiterhin vorsichtig mit der Begründung von Absagen sein. Auf der sicheren Seite ist man jedenfalls, wenn man zur Begründung der Ablehnung diskriminierungsfreie Aspekte, wie z.B. mangelnde Qualifikation, anführen kann. Gar keine Begründung zu erteilen, kann vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung nicht mehr empfohlen werden.

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