Der Arbeitnehmer wehrte sich mit seiner Klage gegen eine Kürzung des Urlaubs durch den Arbeitgeber vor dem Hintergrund seines während des laufenden Kalenderjahres erfolgten Wechsels aus einer Vollzeittätigkeit in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Gem. § 26 TVöD stehen einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ab dem 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage an Erholungsurlaub zu. Weiter heißt es in dem Tarifvertrag sinngemäß, dass bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf 5 Tage in der Woche der Urlaubsanspruch entsprechend erhöht bzw. vermindert wird. Vor dem Hintergrund dieser tariflichen Regelung hatte der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers entsprechend reduziert.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Arbeitgebers die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die von der Arbeitgeberin durchgeführte Kürzung des Urlaubsanspruchs auf der Grundlage der Regelungen des TVöD zulässig gewesen sei. Es hat auf die weit überwiegende Rechtsansicht abgestellt, wonach bei Änderung der Arbeitszeit der Urlaub hinsichtlich der Zahl der zustehenden Freistellungstage (Urlaubstage) entsprechend der dann geltenden Arbeitszeitverteilung umgerechnet werden müsse und zwar unabhängig davon, ob der Urlaubsanspruch ganz oder teilweise vor der Änderung der Arbeitszeitverteilung erworben wurde oder nicht. Durch diese Berechnungsweise werde sichergestellt, dass die Arbeitnehmer unabhängig von der Verteilung ihrer Arbeitszeit – gleich ob vollzeit- oder teilzeitbeschäftigt – denselben Urlaubszeitraum im Sinne derselben Ruhezeit zur Verfügung haben. Das Landesarbeitsgericht hat weiter darauf hingewiesen, dass dieser Rechtsansicht die Rechtsprechung des EuGH in der sog. Tirol-Entscheidung (EuGH vom 22.04.2010, C-486/08) nicht entgegenstünde, weil in dieser Entscheidung die generelle Zulässigkeit einer pro-rata-Umrechnung des Urlaubsanspruchs bei einem Wechsel von Vollzeit in Teilzeit nicht bezweifelt würde.
Das BAG hat nun die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in einem Urteil vom 10.02.2015 aufgehoben und eine Urlaubskürzung bei Wechsel von Vollzeit in Teilzeit für grundsätzlich unzulässig erklärt. Hintergrund ist die Entscheidung des EuGH (vom 24.07.2013, C-415/12) mit welcher dieser eine entsprechende Kürzung des Urlaubsanspruchs bei einem Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit während des Urlaubsjahres für grundsätzlich unzulässig erklärt hatte. Der EuGH hat ausgeführt, dass die Kürzung des Urlaubsanspruches anlässlich einer Reduzierung der Wochenarbeitstage einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitbeschäftigten darstelle und in Anbetracht der herausgehobenen Bedeutung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub unionrechtswidrig sei.
Auf diese Entscheidung des EuGH nimmt das BAG laut der entsprechenden Pressemitteilung ausdrücklich Bezug und übernimmt diese Rechtsprechung. Nach Auffassung des BAG sei die entsprechende Regelung in § 26 TVöD, welche eine Verminderung des Urlaubsanspruchs bei einem Wechsel von Vollzeit in Teilzeit mit weniger Wochenarbeitstagen vorsieht, wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften rechtsunwirksam, soweit sie die Zahl der während der Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage mindere. Das BAG führt weiter aus, dass das Argument, der erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub werde bei einer entsprechenden Kürzung nicht vermindert, weil er – in Urlaubswochen ausgedrückt – unverändert bleibe, vom EuGH ausdrücklich verworfen worden sei. Nehme ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer vor seinem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen nicht seinen gesamten Jahresurlaub, darf also die Zahl der Urlaubstage für das laufende Kalenderjahr wegen des Übergangs in diese Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden.
Bewertung der Entscheidung:
Mit seiner Entscheidung war das BAG wieder einmal gezwungen, Vorgaben des EuGH in seiner Rechtsprechung umzusetzen. Die Entscheidung des BAG bezieht sich ausdrücklich auf eine Verminderung der Urlaubsansprüche beim während des laufenden Urlaubsjahres erfolgenden Wechsel von Vollzeit in Teilzeit mit weniger Arbeitstagen. Beim umgekehrten Fall dürfte die Sache wohl anders aussehen. Die Regelung des § 26 TVöD, welcher dann im Ergebnis zu einer Urlaubsverlängerung führen würde, wäre in diesem Fall wohl nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften unwirksam.
Praxisfolgen:
Gegen die Entscheidung des BAG zur grundsätzlichen Unzulässigkeit einer Urlaubskürzung bei Wechsel von Vollzeit in Teilzeit mit weniger Arbeitstagen lassen sich zwar gute Argumente anführen. Diese Argumente hat der EuGH und ihm folgend nunmehr auch das BAG aber verworfen. Zumindest trägt die Entscheidung hinsichtlich der betreffenden Fragestellung zur Rechtssicherheit in der Praxis bei.