Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Manchmal heißt „oder“ eben nicht „oder“, sondern „und“.....

…. – Zur Zulässigkeit der abweichenden Regelung der Befristung eines Arbeitsverhältnisses in Tarifverträgen

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass durch Tarifvertrag die Höchstdauer UND auch die Anzahl der zulässigen Verlängerungen eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags abweichend von den Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) geregelt werden können. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.08.2012, 7 AZR 184/11).

 

Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten – einem Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes – aufgrund eines befristeten, mehrfach verlängerten Arbeitsvertrags vom 3. April 2006 bis zum 2. Oktober 2009 als Transportfahrer beschäftigt. Im ersten Vertrag und in den Verlängerungsverträgen war die Anwendung des Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland (MRTV) vereinbart. Nach § 2 Nr. 6 Sätze 1 und 2 MRTV sind ohne sachlichen Grund sowohl die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags bis zur Dauer von 42 Monaten als auch bis zu dieser Gesamtdauer die höchstens viermalige Verlängerung zulässig.

 

Der Kläger hat Klage erhoben und die Befristung seines Arbeitsvertrags zum 2. Oktober 2009 angegriffen.

 

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Die Berufung Klägers wurde vom Hessischen Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Die Revision des Klägers vor dem Bundearbeitsgericht hatte keinen Erfolg.

 

Das Bundesarbeitsgericht führt aus, die Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG ergebe, dass die Vorschrift den Tarifvertragsparteien nicht nur erlaube, entweder Gesamtdauer oder Anzahl der Verlängerungen, sondern beides zugleich auch zuungunsten der Arbeitnehmer abweichend vom Gesetz zu regeln. Die Verwendung des Wortes „oder“ in § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG lese sich demnach als ein „und/oder“. Daneben seien die Regelungen in § 2 Nr. 6 Sätze 1 und 2 MRTV auch wirksam. Sie seien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG gedeckt und widersprechen insbesondere auch nicht Verfassungs- bzw. Unionsrecht.

 

Bewertung der Entscheidung:

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts trägt zumindest teilweise zur Rechtssicherheit bei. Bedauerlicherweise hat es das BAG hingegen versäumt, exakte Grundsätze und Grenzen zur abweichenden Regelung von Gesamtdauer und Anzahl der Verlängerungen von Befristungen in Tarifverträgen aufzustellen. Diesbezüglich wird weiterhin Rechtsunsicherheit bestehen.

 

Praxisfolgen:

Arbeitgeber des Wach- und Sicherheitsgewerbes können bei der Vertragsgestaltung jedenfalls von der Wirksamkeit der Regelungen in § 2 Nr. 6 Sätze 1 und 2 MRTV ausgehen und demnach Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern zum einen abweichend von § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 TzBfG bis zu 3,5 Jahre kalendermäßig befristen und zum anderen ein kalendermäßig befristetes Arbeitsverhältnis abweichend von § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 TzBfG bis zu viermal verlängern.

 

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