Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Mobbingklage eines Oberarztes gegen Chefarzt auf Schadensersatz von einer halben Million Euro erfolglos

Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, aber sozial- und rechtsadäquat sind, sind nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 09.01.2012 nicht geeignet, die Voraussetzungen einer erfolgreichen Mobbingklage zu erfüllen.

 

Sachverhalt:

Der 61 Jahre alte Kläger war in dem dem LAG vorliegenden Fall seit 1987 in dem von der Arbeitgeberin des beklagten Chefarztes betriebenen Krankenhaus beschäftigt. Im Jahr 2001 wurde die Chefarztstelle der Neurochirurgischen Klinik, auf die sich auch der Kläger letztlich ohne Erfolg beworben hatte, dem beklagten Chefarzt übertragen. Erste Mobbingvorwürfe erhob der Kläger gegen den Beklagten im März 2003. Er begab sich in der Folgezeit in psychiatrische Behandlung und war für längere Zeit arbeitsunfähig. Im Jahr 2004 verklagte er zunächst seine Arbeitgeberin unter anderem mit dem Antrag, den beklagten Chefarzt zu entlassen und Schmerzensgeld zu zahlen. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Hamm wiesen seine Klage ab. Nachdem das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben hatte, endete der Rechtsstreit zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin mit einem Vergleich. Seither wird der Kläger im Krankenhaus der Beklagten im medizinischen Controlling eingesetzt. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Chefarzt wurden in dem Vergleich nicht ausgeschlossen. Solche Schadensersatzansprüche verfolgt der Kläger in dem Verfahren von dem Landesarbeitsgericht gegen den Chefarzt weiter. Er begründet seine Mobbingvorwürfe damit, seine psychische Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit sei durch eine Vielzahl von Übergriffen seines Vorgesetzten Chefarztes verursacht worden. Infolge dessen habe er erhebliche Einkommenseinbußen erlitten. Mit dieser Begründung verlangt der Kläger von dem beklagten Chefarzt die Zahlung von etwa einer halben Million Euro als Schadensersatz. Der beklagte Chefarzt hat sich in dem Verfahren damit verteidigt, dass er sich nicht pflichtwidrig verhalten habe. Er hat eingeräumt, dass es zwar teilweise zu Auseinandersetzungen und Verstimmungen gekommen sei, was allerdings darauf zurückzuführen gewesen sei, dass der Kläger ihn als Chefarzt und Vorgesetzten mit Weisungsbefugnis nicht habe akzeptieren wollen. Mit der klageabweisenden Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht Hamm das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund bestätigt. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt ein zum Schadensersatz oder Schmerzensgeld verpflichtendes Verhalten insbesondere dann vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Bei der Prüfung von Ersatzansprüchen ist aber nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts in solchen beruflich geprägten Sachverhalten immer auch zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, aber sozial- und rechtsadäquat und damit nicht geeignet sind, die Voraussetzungen zu erfüllen (LAG Hamm, Urteil vom 19.01.2012 – 11 Sa 722/10 -).

 

Bewertung:

Das Landesarbeitsgericht setzt hier seine bisherige Rechtsprechung fort. Die Entscheidung zeigt eine klare Trennlinie zwischen sozial- und rechtsadäquaten Konfliktsituationen und Verhaltensweisen des Arbeitgebers, die diesen üblichen Rahmen überschreiten, auf.

 

Praxisfolgen:

Aus Sicht des Arbeitgebers und des Vorgesetzten kann diese Rechtsprechung hilfreich sein, um unberechtigte Mobbingklagen von Mitarbeitern erfolgreich abzuwehren. Sie zeigt praxisrelevante Argumentationsansätze dafür auf, dass nicht jedes Führen von Mitarbeitern unter dem Generalverdacht des Mobbings steht. Die Entscheidung wird man zukünftig in entsprechenden Fallkonstellationen zu beachten haben. Die Revision ist nicht zugelassen.

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