Arbeitsrecht

Sie wollen mehr zum Fachbereich "Arbeitsrecht" erfahren?
» mehr erfahren

Arbeitsrecht

Schulungskosten eines Betriebsratsmitglieds für dessen Tätigkeit in der Einigungsstelle

Das Bundesarbeitsgericht hat – soweit ersichtlich – erstmals zu der Frage Stellung genommen, ob durch die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds in der Einigungsstelle die Erforderlichkeit einer Schulung i. S. d. § 37 Abs. 6 BetrVG begründet werden kann, vgl. BAG, 20.08.2014, 7 ABR 64/12, juris.

 

Sachverhalt:

In dem Betrieb der Arbeitgeberin war eine Einigungsstelle zu dem Thema „Gefährdungsbeurteilung“ gebildet worden, die sich mit der Vereinbarung der Methoden für die anstehenden Gefährdungsbeurteilungen befasste. Der Betriebsrat entsandte in die Einigungsstelle ein Betriebsratsmitglied, welches langjährig Mitglied des Arbeitsschutzausschusses und Mitglied einer Einigungsgruppe war, die sich mit den verschiedenen Gefahren der im Betrieb der Beklagten anfallende Gefährdungsbeurteilung befasste.

Der Betriebsrat fasste den Beschluss über die Teilnahme dieses Betriebsratsmitglieds an dem Aufbauseminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“. Gem. Einladungsschreiben sollten in dem Seminar Verfahren zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen anhand einer Checkliste beurteilt und die Stärken und Schwächen im Hinblick auf die Durchführbarkeit und Praktikabilität herausgearbeitet werden. Für die Seminarteilnahme dieses Betriebsratsmitglieds wurden dem Betriebsrat insgesamt 1.654,10 € in Rechnung gestellt, deren Übernahme die Arbeitgeberin ablehnte.

Das angerufene Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats, die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn von den Schulungskosten freizustellen, abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Die gegen diesen Beschluss des Landesarbeitsgerichts eingelegte Beschwerde der Arbeitgeberin war erfolgreich.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist die Arbeitgeberin nicht verpflichtet, den Betriebsrat von der Verpflichtung zur Zahlung der Schulungskosten freizustellen, die durch die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an dem Seminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“ entstanden sind. Der Betriebsrat durfte diese Schulungsteilnahme nicht für erforderlich halten.

Zwar habe der Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind. Das gelte allerdings nur, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratstätigkeit erforderlich ist.

Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sei die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und Betriebsrat notwendig seien, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen könne. Dazu müsse ein aktueller oder absehbarer betrieblicher oder betriebsratsbezogener Anlass dargelegt werden, aus dem sich der Schulungsbedarf ergebe. Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern brauche die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt würden. Für andere Schulungsmaßnahmen müsse ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schuldenden Betriebsratsmitglied benötigt würden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben könne, vgl. BAG, 18.01.2012, 7 ABR 73/10, Rz. 25, juris.

Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme stehe dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Das entbinde ihn jedoch nicht von der Obliegenheit, im Streitfall im Einzelnen darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse brauche, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen könne, vgl. BAG, 18.01.2012, 7 ABR 73/10, Rz. 27, juris.

Bei der Erforderlichkeit habe der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastung des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung sei nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen könne, vgl. BAG, 20.12.1992, 7 ABR 14/95, juris.

Die in dem Seminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“ vermittelten Kenntnisse über verschiedene Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung gehörten nicht zum unverzichtbaren Grundwissen im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung.

Die Erforderlichkeit der Schulung eines Betriebsratsmitglieds könne auch nicht mit der Tätigkeit dieses Betriebsratsmitglieds in der Einigungsstelle begründet werden, denn die Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle gehöre nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats und seiner Mitglieder.

 

Bewertung der Entscheidung: 

Zwar steht dem Betriebsrat bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu, welches sich auf die Festlegung der Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung bezieht. In der Einigungsstelle ging es aber um die Auswahl von Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung, nicht aber um die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Dass der Betriebsrat für die Durchführung seiner Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, also bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung auch Kenntnisse bezüglich der Auswahl der Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung benötigt, ist weder ersichtlich noch vom Betriebsrat in dem Verfahren vorgetragen worden. Die Erforderlichkeit konnte hier auch nicht auf die Notwendigkeit künftiger Ausgestaltung der Gefährdungsbeurteilung bei der Änderung von Arbeitsmitteln gestützt werden, weil es auch insoweit an der Darlegung eines aktuellen, betriebsbezogenen Anlasses fehlte. Der Betriebsrat hatte nämlich nicht vorgetragen, dass in naher Zukunft mit der Änderung der Arbeitsmittel zu rechnen war.

Anschrift

Hafenweg 8, 48155 Münster
Postfach 3410, 48019 Münster
Parkmöglichkeiten in hauseigener Tiefgarage

Kontakt