Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Syndikusanwälte sind (scheinbar) keine Anwälte!

Am 03. April 2014 hat das BSG entschieden, dass Syndikusanwälte in Unternehmen und Verbänden nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden können. Die Urteile sind ein Paukenschlag für Unternehmensjuristen, machte doch gerade die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung eine Tätigkeit in Unternehmen und Verbänden erst attraktiv.

 

I. Die bisherige Befreiungspraxis

Lange Zeit wurden Syndikusanwälte aufgrund des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI unproblematisch von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, wenn nachgewiesen wurde, dass eine rechtsberatende, rechtsentscheidende, rechtsgestaltende und rechtsvermittelnde Tätigkeit durchgeführt wurde (sog. 4-Kriterien-Theorie). Syndikusanwälte zahlten dann nach Erhalt eines Befreiungsbescheides in die Kassen der Versorgungswerke der Rechtsanwälte ein, die im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung kapitalgedeckt arbeiten und daher eine anders finanzierte (nach aller Erfahrung günstigere) Altersversorgung anbieten.

 

II. Die Entscheidungen des BSG

Dieser Praxis hat das BSG nun ein Ende gesetzt und festgestellt, dass Syndikusanwälte generell nicht befreiungsfähig in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Es entspreche der übereinstimmenden gefestigten Rechtsprechung insbesondere des BGH und des BVerfG zum Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts, dass derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stehe, in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig sein könne. Wer eine weisungsgebundene Tätigkeit ausübe, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nehme, könne nicht Anwalt sein. Auch dann, wenn er als Syndikus seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand auf fachlich einem Rechtsanwalt entsprechendem Niveau gewähre und diesem gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag, entspreche seine Tätigkeit als Syndikus nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild.

 

III. Praxisfolgen

Die Entscheidungen bedeuten einen herben Einschnitt für Unternehmensjuristen. Zwar hat das BSG auch entschieden, dass befreite Syndikusanwälte Vertrauensschutz genießen. Wollen sie allerdings zukünftig den Arbeitgeber wechseln, müssen sie für die neue Tätigkeit erneut die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht beantragen, die ihnen zukünftig unter Verweis auf die Entscheidung des BAG verwehrt werden dürfte. Auch der Wechsel aus einer Anwaltskanzlei in ein Unternehmen wird zukünftig vermutlich viele Anwälte im Hinblick auf die Auswirkungen in der Altersversorgung abschrecken.

Arbeitgeber müssen prüfen, wohin sie zukünftig die Rentenversicherungsbeiträge ihrer juristischen Mitarbeiter abführen, um sich nicht der Gefahr einer Strafbarkeit wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) auszusetzen.

 

IV. Ausblick

Aus unserer Sicht bleibt zu hoffen, dass gegen die Urteile des BSG Verfassungsbeschwerde eingelegt werden wird, damit es sich bei diesen Entscheidungen nicht um das „letzte Wort“ handelt.  Spannend  dürfte es gleichermaßen zukünftig für die Berufsgruppe der angestellten Ärzte, Apotheker, Architekten, Ingenieure und Steuerberater werden, die ebenso wie Syndikusanwälte nicht als klassische Freiberufler tätig sind. Auch bei diesen Berufsgruppen dürfte eine Befreiung zugunsten ihrer jeweiligen Versorgungseinrichtungen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zukünftig kritisch zu hinterfragen sein.

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