Nach einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ist ein Arbeitgeber verpflichtet, Daten und Fotos eines Arbeitnehmers von der Webseite oder aus einem Unternehmensblog des Arbeitgebers zu löschen, wenn der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und der Arbeitnehmer die Löschung dieser Daten verlangt.
(Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 24.01.2012, 19 SaGa 1480/11)
Sachverhalt:
Die klagende Arbeitnehmerin war in einer Steuerberater- und Rechtsanwaltskanzlei als Rechtsanwältin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch arbeitgeberseitige Kündigung während der Probezeit beendet. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wurde die Arbeitnehmerin auf der Homepage der Kanzlei auf der Seite „Unsere Kanzlei“ als Rechtsanwältin aufgeführt. Ferner enthielt der auf der Internetseite befindliche News-Blog der Kanzlei die Mitteilung, dass die Arbeitnehmerin das Anwaltsteam im Bereich Handels- und Gesellschaftsrechts unterstützt. Zudem fanden sich in dieser Mitteilung Angaben zu dem Profil der Klägerin und ein Foto. Beide Veröffentlichungen erfolgten mit der Zustimmung der Arbeitnehmerin, welche zudem das veröffentliche Profil selbst erstellt hatte. Nach ihrem Ausscheiden aus der Kanzlei verlangte die Klägerin, welche zwischenzeitlich Leiterin der Rechtsabteilung eines Unternehmens geworden war und zudem noch als Attorney at Law zugelassen wurde, die Löschung der Veröffentlichungen zu ihrer Person von der Internetseite der Kanzlei. Diese löschte die Angaben von der Internetseite, lehnte es jedoch ab, die Mitteilung im auf der Internetseite befindlichen News-Blog der Kanzlei zu löschen. Als Begründung führte die Kanzlei an, die Angaben dieser Mitteilung entsprächen der Wahrheit. Ebenso wie bei Newslettern, die in Papierform versandt würden, könne auch bei Newslettern im Internet kein Anspruch auf Rücknahme bestehen. Man könne gerne ergänzen, dass das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit arbeitgeberseitig beendet wurde. Die Arbeitnehmerin ließ daraufhin ihre Einwilligung zur im News-Blog veröffentlichten Mitteilung nochmals ausdrücklich widerrufen. Nachdem die Kanzlei die verlangte Löschung der Mitteilung auch weiterhin verweigerte, hat die Arbeitnehmerin die Kanzlei wegen der besonderen Eilbedürftigkeit im Wege einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Veröffentlichung der Mitteilung im News-Blog ihrer Internetseite in Anspruch genommen. Sie meint, sie habe ein persönliches und berufliches Interesse an der Unterlassung der Veröffentlichung.
Sowohl das erstinstanzliche Arbeitsgericht Frankfurt am Main, als auch das Hessische Landesarbeitsgericht haben den Anträgen stattgegeben. Zwar handelt es sich vorliegend um ein einstweiliges Verfügungsverfahren und nicht um ein Hauptsacheverfahren. Nach dem LAG besteht jedoch eine ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Unterlassungsanspruch sich auch im Hauptsacheverfahren als bestehend erweisen wird.
Das LAG hat angenommen, dass die Einwilligung der Arbeitnehmerin in die Veröffentlichung wirksam widerrufen worden sei. Als Widerrufsgrund genüge das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Durch die Nutzung des Bildes, Namens und Profils greife die Veröffentlichung in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerin ein. Nach der Ansicht des LAG habe es sich bei der veröffentlichen Mitteilung nicht um eine bloße Einstellungsmitteilung gehandelt. Die Mitteilung beinhalte auch das Profil der Arbeitnehmerin und habe damit werbenden Charakter, wie schon der Hinweis auf die langjährige Berufserfahrung im In- und Ausland zeige. Aus dem Zusammenhang von Bild und Text ergebe sich, dass durch das Bild bewusst mit der individuellen Persönlichkeit der Arbeitnehmerin geworben werden solle.
Der Vergleich mit einem Newsletter in Papierform gehe im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit der Mitteilung im Internet fehl. Suche man den Namen der Arbeitnehmerin im Internet, so werde man auf die streitige Webseite hingewiesen, während ein vor Monaten in Papierform versandter Newsletter längst im Altpapier entsorgt worden wäre. Nutzer von Internetseiten könnten zudem davon ausgehen, dass eine professionell geführte Homepage stetig aktualisiert werde und damit den aktuellen Stand wiedergebe.
Die Kanzlei habe kein schützenswertes Interesse an der Veröffentlichung der Mitteilung, während der Arbeitnehmerin dadurch persönliche und berufliche Nachteile zum Beispiel deswegen entstehen könnten, dass durch die Mitteilung der Eindruck erweckt werde, sie sei noch in der Kanzlei beschäftigt. Mit der von der Kanzlei angebotenen Ergänzung, das Arbeitsverhältnis sei innerhalb der Probezeit arbeitgeberseitig beendet worden, würden die drohenden Nachteile für die Arbeitnehmerin und der Verstoß der Kanzlei gegen das Rücksichtnahmegebot noch vertieft.
Bewertung der Entscheidung:
Die Entscheidung des LAG ist richtig. Das LAG betont aber zu Recht, dass nicht eine schlichte Einstellungsmitteilung, sondern aufgrund der Wiedergabe des Profils und des Fotos der Arbeitnehmerin eine Mitteilung mit werbendem Charakter im Streit steht. Das Urteil deutet jedoch auch an, dass die Entscheidung bei einer bloßen Einstellungsmitteilung wohl anders ausgefallen wäre. Wie in diesem Zusammenhang eine Einstellungsmitteilung, welche mit einem Foto der Arbeitnehmerin verbunden ist, zu bewerten ist, bleibt (bis auf weiteres) offen. Möglicherweise besteht in diesem Fall zwar kein Anspruch auf Löschung des Mitteilungstextes, aber zumindest ein Anspruch auf Löschung des Fotos.
Praxisfolgen:
Auch wenn es sich vorliegend um ein Urteil in einem einstweiligen Verfügungsverfahren handelt, ist die Botschaft der Entscheidung des LAG und auch weiterer arbeitsgerichtlicher Entscheidungen mit Bezug zum Internet klar. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, jedenfalls nicht mehr. Die Preisgabe persönlicher und beruflicher Daten im Internet ist nicht ungefährlich. Durch das Internet werden solche Daten und Mitteilungen anders als in gedruckter Form perpetuiert und sind durch Suchmaschinen auch noch lange Zeit nach der Veröffentlichung von jedem Internetnutzer aufzufinden. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht schutzlos und kann – wie das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren zeigt – nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch relativ schnell gegen ihn belastende Veröffentlichungen im Internet durch den früheren Arbeitgeber vorgehen. Ob es sodann technisch gelingt, die belastende Veröffentlichung wirklich vollständig und endgültig aus dem Internet zu löschen, steht auf einem anderen Blatt.