Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Verfall des Urlaubs bei Arbeitsunfähigkeit

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Urlaubsansprüche bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres untergehen und bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten sind.

 

Sachverhalt:

Der Kläger war von 2006 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 30.11.2010 arbeitsunfähig erkrankt. Nach seinem Ausscheiden machte er Urlaubsabgeltung für die Jahre 2007 bis 2009 geltend. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat dem Kläger Abgeltungsansprüche für das Jahr 2009 zugesprochen, für die Jahre 2007 und 2008 dagegen abgelehnt. Der Urlaubsanspruch für die Jahre 2007 und 2008 sei nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz verfallen. In seiner Begründung setzt sich das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit der Rechtsprechung des EuGH und des BAG zum Verfall von Urlaubsansprüchen von langfristig erkrankten Mitarbeitern auseinander. Als Folge der Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 20.01.2009, C-350/06) hat das BAG im Wege der unionsrechtskonformen Rechtsfortbildung mit Urteil vom 24.03.2009 (9 AZR 983/07) entschieden, dass gesetzliche Urlaubsabgeltungsansprüche nicht erlöschen, wenn Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz erkrankt und deswegen arbeitsunfähig sind. Nach einer aktuellen Entscheidung des EuGH vom 22.11.2011 (C-214/10) ist eine Ansammlung von Urlaubsansprüchen über mehrere Jahre jedoch nicht geboten und eine nationale Regelung mit einer Begrenzung des Übertragungszeitraums von 15 Monaten unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Hieraus hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg geschlossen, dass eine Abweichung von der durch den nationalen Gesetzgeber geschaffenen Befristungsregelung in § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz im Wege der unionsrechtlichen Rechtsfortbildung durch die nationale Rechtsprechung nur insoweit legitimiert ist, als dies das Unionsrecht gebietet. Aus der aktuellen Entscheidung des EuGH vom 22.11.2011 zieht das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg den Schluss, dass Urlaubsansprüche daher bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres untergehen und bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten sind (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.12.2011 – 10 Sa 19/11 – ).

 

Bewertung der Entscheidung:

Das Urteil des LAG Baden-Württemberg gibt erste Orientierung in der durch die Rechtsprechung des EuGH sehr unklar gewordenen Rechtslage beim Verfall von Urlaubsansprüchen von langfristig erkrankten Mitarbeitern. Für die Praxis bleibt abzuwarten, ob sich die vom LAG Baden-Württemberg vertretene Rechtsauffassung durchsetzt oder ob die Entscheidung ggf. in einem Revisionsverfahren beim BAG aufgehoben wird. Die weitere Entwicklung bleibt spannend!

 

Praxisfolgen:

Für Unternehmen bietet die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg – neben ggf. für das Arbeitsverhältnis geltenden Ausschlussfristen – einen weiteren Argumentationsansatz, sich gegen einen mehrjährigen Aufbau von Urlaubsansprüchen langfristig erkrankter Mitarbeiter zur Wehr zu setzen. Langzeiterkrankte Arbeitnehmer müssen den Zeitpunkt von 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres – neben ggf. für ihr Arbeitsverhältnis geltenden Ausschlussfristen – als weitere zeitliche Begrenzung ihrer Urlaubsansprüche im Auge behalten.

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