Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Verpflichtung des Arbeitgebers zum Ersatz von Aufwendungen

Macht ein Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers Aufwendun-gen, die nicht durch die Vergütung abgegolten sind, geltend, ist der Arbeitgeber nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gem. § 670 BGB zum Ersatz dieser Aufwendungen verpflichtet, BAG, Urteil vom 12.03.2013, 9 AZR 455/11.

 

Sachverhalt:

Der klagende Arbeitnehmer ist beim beklagten Land als Lehrer ange-stellt. Er hatte an der Hauptschule im Schuljahr 2008/2009 Mathe-matik zu unterrichten. Das für diesen Unterricht bestimmte Schul-buch wurde ihm vom beklagten Land zu Beginn des Schuljahres nicht zur Verfügung gestellt. Nachdem der klagende Arbeitnehmer – wie bereits im Vorjahr – das beklagte Jahr erfolglos aufgefordert hatte, ihm ein für den Unterricht erforderliches Schulbuch zu überlassen, kaufte der Kläger das Buch selbst. Mit seiner Klage verlangte er die Erstattung des Kaufpreises in Höhe von 14,36 € und war gleichzeitig im Gegenzug bereit, dem beklagten Land das Eigentum an diesem Schulbuch zu überlassen.

 

Das beklagte Land hat sich damit verteidigt, die Kosten für Lehr-mittel und damit auch für Schulbücher habe die örtliche Gemeinde als Trägerin der Hauptschule zu tragen. Der Kläger müsse sich an die Gemeinde wenden oder die Kosten für den Erwerb des Schulbuchs im Rahmen der Steuererklärung geltend machen.

 

Nachdem das Arbeitsgericht die Klage des Lehrers abgewiesen hatte, hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und das beklagte Land zur Erstattung des Kaufpreises verurteilt. Die vom beklagten Land eingelegte Revi-sion beim Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.

 

Das BAG führt zunächst aus, dass die Vorschrift des § 670 BGB auf Arbeitsverhältnisse entsprechend anwendbar sei. Mache deshalb der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers Aufwendungen, die nicht durch die Vergütung abgegolten seien, sei der Arbeitgeber deshalb zum Ersatz dieser Aufwendungen verpflichtet.

 

Der Kaufpreis für das Schulbuch sei eine Aufwendung, die der Kläger zwecks Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung und damit im Interesse des beklagten Landes getätigt habe. Es war in dem zugrunde liegenden Sachverhalt nämlich unstreitig, dass der Kläger ohne das Schulbuch nicht ordnungsgemäß Mathematikunter-richt hätte erteilen können. Deshalb sei es entgegen der Auffassung des beklagten Landes einem angestellten Lehrer grundsätzlich nicht zumutbar, die Kosten für die Beschaffung von Arbeitsmitteln, die zur sachgerechten Durchführung des Unterrichts zwingend erforderlich sind, selbst zu tragen.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat außerdem den Einwand des beklagten Landes, der Kläger habe das Buch zu Beginn des Schuljahres vor-schnell eigenmächtig erworben und ihm damit die Möglichkeit einer anderweitigen Beschaffung genommen, nicht gelten lassen. Aufgrund der nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts habe nämlich das beklagte Land weder vor noch kurz nach dem Beginn des Schuljahres Dispositionen getroffen, die auf die Beschaf-fung oder Überlassung des für einen ordnungsgemäßen Mathematik-unterricht erforderlichen Schulbuchs gerichtet waren. Vielmehr habe das beklagte Land dem Kläger Monate nach Beginn des Schuljahres – wie bereits im Vorjahr – schriftlich mitgeteilt, Lehrmittel wie Schul-bücher seien nicht von ihm, sondern vom Schulträger zur Verfügung zu stellen.

 

Das Bundesarbeitsgericht lies auch den Einwand des beklagten Landes, der Kläger habe das Schulbuch für den Eigenbedarf erwor-ben, nicht gelten. Das Landesarbeitsgericht sei nämlich in der ange-griffenen Entscheidung davon ausgegangen, der Kläger habe lediglich die Nutzung des Buches erstrebt, nicht aber endgültiges Eigentum an ihm begründen wollen. An diese Feststellungen des Landesarbeitsge-richts sei das BAG gem. § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO gebunden. Denn das beklagte Land habe diese Feststellungen nicht in gehöriger Weise angegriffen, insbesondere habe es nicht die Berichtigung des Tatbe-standes nach § 320 Abs. 1 ZPO beantragt. Dabei behandle § 320 ZPO nur die Berichtigung des Tatbestandes, nicht auch die der Ent-scheidungsgründe. Zum Tatbestand im Sinne dieser Norm gehörten jedoch auch das in den Entscheidungsgründen enthaltene tatsäch-liche Vorbringen der Parteien.

 

Schließlich weist das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass das beklagte Land sich nicht darauf zurückziehen könne, für die An-sprüche des Klägers nicht passivlegitimiert zu sein. Das Bundesar-beitsgericht weist zur Begründung darauf hin, dass das Nieder-sächsische Schulgesetz Vorschriften über die Kostentragungspflicht im Innenverhältnis zwischen Dienstherr und Schulträger enthalte. Der Umstand, dass das beklagte Land als Schuldner des vom Kläger erhobenen Aufwendungsersatzanspruches Erstattungsansprüche gegenüber der Stadt als Schulträger habe, berühre die Stellung des beklagten Landes als Schuldner nicht. Selbst wenn der Kläger einen Erstattungsanspruch gegen den Schulträger habe, entlaste dies das beklagte Land nicht. In diesem Fall stünden dem Kläger eben zwei Schuldner gegenüber, deren Haftung sich nach den Regeln über die Gesamtschuld gem. § 421 BGB richte.

 

Bewertung der Entscheidung:

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist uneingeschränkt zu begrüßen. Wer im Interesse des Arbeitgebers und auf dessen Wunsch Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, muss Ersatz dieser Aufwendungen verlangen können. Auf-grund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist ein miss-bräuchlicher Aufwendungsersatz ausgeschlossen. Die Aufwendungen des Mitarbeiters sind nämlich nach der Entscheidung nur erstattungs-fähig, wenn sie vom Arbeitgeber gefordert sind oder der Arbeitneh-mer sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Die Auf-wendung muss im Zusammenhang mit den Arbeitspflichten stehen und darf durch die gewährte Vergütung nicht abgedeckt sein. Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 670 BGB kommt darüber hinaus auch nur dann in Betracht, wenn zwischen den Arbeitsver-tragsparteien keine Kostenübernahmeverpflichtungsregelungen bestehen. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber für die für die Erbrin-gung der Arbeitsleistung notwendigen Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen. Was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitneh-mers bei der Arbeit gehört, wie etwa die Kleidung, das Frühstücks-brot etc. wird bereits durch die Vergütungszahlung ausgeglichen. In diesem Zusammenhang ist denkbar, dass Aufwendungen im Ersatz beider Arbeitsvertragsparteien liegen können. Dem Arbeitgeber kann nur dann das alleinige Tragen der Aufwendungen auferlegt werden, wenn sein Interesse so weit überwiegt, dass das Interesse des ande-ren vernachlässigt werden kann (BAG, Urteil vom 16.10.2007 – 9 AZR 170/07 – juris).

 

Praxisfolgen:

Der Arbeitnehmer hat nach allgemeinen Grundsätzen darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitgeber gem. § 670 BGB analog zum Er-satz der von ihm gemachten Aufwendungen verpflichtet ist. Soweit der Arbeitnehmer Ersatz dieser Aufwendungen beanspruchen kann, hat er gem. §§ 675, 669 BGB einen klagbaren Anspruch auf Vor-schuss. Gewährt der Arbeitgeber diesen Vorschuss nicht, obwohl Aufwendungen zur Erfüllung der Arbeitspflicht notwendig sind, gerät der Arbeitgeber unter den allgemeinen Voraussetzungen in Annah-meverzug. Ohne entsprechende Absprache ist der Arbeitnehmer ansonsten nicht verpflichtet, den Arbeitgeber rechtsgeschäftlich zu verpflichten oder zu seinen Lasten Aufwendungen zu tätigen.

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