Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht

Während des Urlaubs sollst Du (nicht) ruhen!

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub auch im ruhenden Arbeitsverhältnis besteht. Im Fall der Übertragung des Urlaubs ist dabei aber in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH zu beachten, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 07.08.2012, 9 AZR 353/10).

 

Sachverhalt:

Die als schwerbehindert anerkannte Klägerin war vom 1. Juli 2001 bis zum 31. März 2009 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Im Jahr 2004 erkrankte sie, bezog ab dem 20. Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung und nahm bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihre Tätigkeit für die Beklagte nicht mehr auf. Nach dem TVöD, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand, ruht das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf Zeit und vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel.

 

Die Klägerin hat Klage erhoben und die Abgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005 bis 2009 beansprucht.

 

Das Arbeitsgericht Freiburg (Breisgau) hat unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009 befunden, dass der Klägerin Vergütung des nicht genommenen gesetzlichen Jahresurlaubs und des Zusatzurlaubs nach § 125 SGB IX zustehe. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden tariflichen Urlaubsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten wurde vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten vor dem Bundearbeitsgericht hatte nunmehr größtenteils Erfolg.

 

Das BAG bekräftigt zunächst, dass jeder Arbeitnehmer nach § 1 BUrlG in jedem Kalenderjahr auch dann Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub habe, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig krank gewesen sei. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen habe und eine tarifliche Regelung bestimme, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruhe. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch stehe nämlich nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern sei aber § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG, wonach im Fall der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden müsse, unionsrechtskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfalle.

 

Demgemäß entschied das BAG, dass der Klägerin nur ein Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und Zusatzurlaubs gem. § 125 SGB IX aus den Jahren 2008 und 2009 zustehe. In den Jahren 2005 bis 2007 seien die nicht abdingbaren gesetzlichen Urlaubsansprüche trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zwar entstanden. Ihrer Abgeltung stehe jedoch entgegen, dass sie vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG mit Ablauf des 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen seien.

 

Damit sprach das Bundesarbeitsgericht der Klägerin letztlich einen deutlich geringeren Betrag an Urlaubsabgeltung zu als es die Vorinstanzen getan hatten.

 

Bewertung der Entscheidung:

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts trägt nach zuletzt widersprüchlichen Entscheidungen zu dieser Thematik in den unteren Instanzen maßgeblich zur Rechtssicherheit auf dem Gebiet des Urlaubsrechts bei.

 

Praxisfolgen:

Ein Arbeitnehmer muss hinsichtlich der Geltendmachung seines Urlaubsanspruchs beachten, dass sein Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt und er demnach mit der Geltendmachung seiner Ansprüche nicht zu lange zuwarten darf. Für die Arbeitgeber ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine willkommene Möglichkeit, um Ansprüche von Arbeitnehmern auf Urlaubsgewährung bzw. -abgeltung erfolgreich abzuwehren.

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