I. Ausgangslage
Arbeitgeber treffen immer öfter die unternehmerische Entscheidung, die Aufgaben in ihrem Betrieb nicht mehr durch eigene, sondern durch Fremdarbeitnehmer verrichten zu lassen. Bei dieser Entscheidung stehen nicht selten wirtschaftliche Aspekte maßgeblich im Vordergrund. Während hierbei häufig der Bereich der Leiharbeitnehmer in den Mittelpunkt gerückt wird (vgl. Wensing/Freise, Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern, BB 2004, 2238-2245), fristet die unternehmerische Möglichkeit, Aufträge im Rahmen von Werkverträgen zu vergeben, eher ein Schattendasein. Im Folgenden Beitrag soll dieses weitgehend unbeleuchtete Gebiet behandelt werden. Dabei sollen zum einen die einzelnen Rechte des Betriebsrats aufgezeigt werden und zum anderen Hinweise für die Umsetzung dieser Rechte in der Praxis gegeben werden.
II. Informationsrechte
Die maßgebliche Anspruchsgrundlage für das Recht des Betriebsrats auf Information findet sich in § 80 Abs. 2 BetrVG. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Betriebsrat zur Durchführung von dessen Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, wobei sich diese Unterrichtung auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, erstreckt. Der Abschluss von Werkverträgen fällt demnach auch unter § 80 Abs. 2 BetrVG.
Als weitere wichtige Anspruchsgrundlagen kommen § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bzgl. der Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen, § 92 Abs. 1 BetrVG bzgl. der Personalplanung und § 92 a Abs. 1 BetrVG hinsichtlich der Beschäftigungssicherung in Betracht. Soweit der Abschluss von Werkverträgen eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG darstellt, können Informationspflichten auch im Rahmen von Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen bestehen.
Für den Arbeitgeber gilt es zu beachten, dass die Information jeweils so rechtzeitig zu erfolgen hat, dass der Betriebsrat auf den Entscheidungsprozess noch Einfluss nehmen kann. Darüber hinaus muss die Information umfassend sein, mithin sämtliche Informationen, die der Betriebsrat für seine Arbeit benötigt, beinhalten. Darunter können beim Abschluss von Werkverträgen beispielsweise die Vorlage eines Personalkonzepts, Information über die Auswirkungen auf die Stammbelegschaft, der Inhalt der Werkverträge und Informationen, die dem Betriebsrat eine fortlaufende Überprüfung der Durchführung der Werkverträge ermöglichen, fallen.
III. Rechte in personellen Angelegenheiten
Zum einen hat der Betriebsrat gemäß § 95 BetrVG das Recht, den Auswahlrichtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen seine Zustimmung zu verweigern bzw. er kann ab einer Betriebsgröße von mehr als 500 Arbeitnehmern die Aufstellung solcher Richtlinien verlangen und insgesamt auf den Inhalt Einfluss nehmen.
Zum anderen besteht als wichtigeres Instrument für den Betriebsrat das Mitbestim-mungsrecht aus § 99 BetrVG. Danach kann der Betriebsrat aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen seine Zustimmung zur Einstellung von Beschäftigten verweigern. Unterbleibt eine Beteiligung des Betriebsrats, kann dieser nach § 101 BetrVG die Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme beim Arbeitsgericht verlangen. Dem Arbeitgeber steht hingegen gemäß § 100 BetrVG die Möglichkeit zu, eine personelle Maßnahme vorläufig durchzusetzen.
Dass § 99 BetrVG auch auf Werkverträge Anwendung findet, war lange Zeit umstrit-ten. Mit Urteil vom 05.03.1991 (Az. 1 ABR 39/90) bestimmte das Bundesarbeitsge-richt höchstrichterlich, nach welchen Grundsätzen die Anwendbarkeit von § 99 BetrVG bei der Durchführung von Werkverträgen zu beurteilen ist. Danach kommt es für die Anwendung des § 99 BetrVG maßgeblich darauf an, ob Personen, die in Erfüllung eines Werkvertrages im Betrieb des Auftraggebers tätig werden, so in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert werden, dass dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat. Typische Weisungen über den Arbeitseinsatz im Rahmen von Werkverträgen sind solche, mit denen die individuelle Arbeitspflicht nach Gegenstand, Ort und Zeit konkretisiert wird, etwa die Bestimmung des täglichen Arbeitsbeginns, die Zuweisung einer bestimmten Aufgabe oder die Reihenfolge der Arbeitsschritte.
IV. Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG
Es ist fraglich, inwieweit Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG für den Betriebsrat des Betriebes bestehen, in dem die Mitarbeiter des Werkunternehmers eingesetzt sind. Während unstreitig ist, dass der Betriebsrat des Werkunternehmers alle Rechte aus dem BetrVG für die Mitarbeiter des Werkunternehmers ausüben kann, ist umstritten, inwieweit dies auch für den Betriebsrat im Einsatzbetrieb gilt.
Höchstrichterlich ist diese Frage – soweit ersichtlich – noch ungeklärt. Es finden sich lediglich vereinzelt Entscheidungen zu Leiharbeitnehmern, welche allenfalls in beschränktem Maße auf die hier gegebene Konstellation des Werkvertrages übertragen werden können:
§ 87 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 BetrVG dürften jedenfalls auch bei Werkverträgen zugunsten des Betriebsrats am Einsatzort anwendbar sein. Ansonsten entstünde eine betriebs-verfassungsrechtliche Schutzlücke, weil ein beim Werkunternehmer bestehender Betriebsrat seine Rechte nicht ausüben kann.
Hinsichtlich der weiteren Nummern von § 87 BetrVG müsste für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Vorschrift geklärt werden, ob eine Zuständigkeit des Betriebsrats am Einsatzort gegeben ist, eine ausschließliche Zuständigkeit des Betriebsrats der Werkunternehmer begründet ist oder ob beide Betriebsräte womöglich parallel nebeneinander zur Mitbestimmung befugt sind. Pauschale Antworten können hierfür nicht gegeben werden. Die Besonderheiten des Einzelfalls genießen stets Vorrang. Es bleibt insoweit die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abzuwarten.
V. Praktischer Hinweis
Um Streitigkeiten in der täglichen Praxis zu vermeiden, wird angeraten, freiwillige Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat hinsichtlich der Vergabe von Fremdaufträgen, wie beispielsweise Werkverträgen, abzuschließen. Hierbei können insbesondere Regelungen hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG getroffen werden, um somit den Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vorschrift entgegenzuwirken. Es kann nicht empfohlen werden, so lange zuzuwarten, bis der Gesetzgeber klare Kriterien und Vorschriften hinsichtlich der Rechte des Betriebsrats bei Abschluss von Werkverträgen des Arbeitgebers festgelegt hat.