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Arbeitsrecht

Wirksame Erfüllung der Verpflichtung zur Gewährung eines Ersatzruhetags für Feiertagsarbeit nur bei Gewährung eines vollständig freien Kalendertags (00:00 Uhr bis 24:00 Uhr) und nicht bei Gewährung eines individuell freien Zeitraums von 24 Stunden

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einer nun veröffentlichten Entscheidung (10 AZR 641/19) mit der Frage befasst, welche Anforderungen an die zeitliche Lage eines Ersatzruhetags zu stellen sind, welcher Arbeitnehmern gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) für die Beschäftigung an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag zu gewähren ist.

 

Sachverhalt:

Der Kläger, ein LKW-Verlader, war bei der Beklagten, einem Logistikdienstleister für die Lebensmittelindustrie, ausschließlich in der Nachtschicht beschäftigt, welche jeweils abends begann und nach Mitternacht endete. An einem wechselnden Werktag wurde dem Kläger in jeder Woche ein sogenannter „Rolltag“ gewährt, in diesem Fall nahm er seine Arbeit nach Schichtende erst wieder am Abend des darauffolgenden Werktags auf. Der Kläger war der Ansicht, dass er bei einer Beschäftigung an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG Anspruch auf einen Ersatzruhetag in Gestalt eines vollständig freien Kalendertags (00:00 Uhr bis 24:00 Uhr) habe. Die Beklagte vertrat hingegen die Auffassung, dem Kläger stünde als Ersatzruhetag nur ein individuell freier Zeitraum von 24 Stunden zu – eine derartige Freistellung liege bei einer Gewährung eines „Rolltags“ vor.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gaben dem Kläger Recht.

 

Die Entscheidung des BAG:

Auch die Revision der Beklagten zum BAG hatte keinen Erfolg.

Die Erfurter Richter stellten fest: Ein Ersatzruhetag ist ein Werktag, an dem der Arbeitnehmer von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr keine Arbeitsleistung erbringt. Ein davon abweichender individueller Zeitraum mit einer Dauer von 24 Stunden genügt nicht.

Begründet wird diese Entscheidung zum einen mit dem Wortlaut der Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG („Ersatzruhetag“), vor allem aber mit dem Sinn und Zweck des Arbeitszeitgesetzes:

Zweck des Arbeitszeitgesetzes sei es, die Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer zu schützen. An Sonn- und Feiertagen solle die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, grundsätzlich ruhen, damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen könne. Die gemeinsame Gestaltung der Zeit der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung, die in der sozialen Wirklichkeit seit jeher insbesondere auch im Freundeskreis, einem aktiven Vereinsleben und in der Familie stattfinde, sei nur dann planbar und möglich, wenn ein zeitlicher Gleichklang und Rhythmus, also eine Synchronität, sichergestellt sei. Auch insoweit komme gerade dem Sonntag im Sieben-Tage-Rhythmus und dem jedenfalls regelhaft landesweiten Feiertagsgleichklang besondere Bedeutung zu. Diese beruhe darauf, dass sich die Bürger an Sonn- und Feiertagen von der beruflichen Tätigkeit erholen und das tun können, was sie individuell für die Verwirklichung ihrer persönlichen Ziele und als Ausgleich für den Alltag als wichtig ansehen.

§ 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG solle einen „Ersatz“ für die entgangene Feiertags-„Ruhe“ gewährleisten. Die Feiertagsruhe werde durch jede Art von Beschäftigung gestört. Folgerichtig müsse der Ersatzruhetag auch dann gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer am Feiertag nur für einen kurzen Zeitraum beschäftigt werde.

Die ersatzweise Freistellung an einem anderen Werktag diene dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer. Daneben erfülle sie einen der Zwecke der Feiertagsruhe, weil sich der Arbeitnehmer an diesem Werktag den von ihm individuell für die Verwirklichung seiner persönlichen Ziele und als Ausgleich für den Alltag als wichtig angesehenen Vorhaben widmen könne. Mit einer lediglich auf seinen „individuellen“ Werktag bezogenen 24-stündigen Freistellung des Arbeitnehmers würde keiner dieser Zwecke vollständig erreicht.

 

Bewertung der Entscheidung / Folgen für die Praxis:

Mit seiner Entscheidung bekräftigt das BAG den gesetzlich verankerten Stellenwert der Sonn- und Feiertagsruhe für die Gesundheit der Arbeitnehmer. Die Übertragung dieses Stellenwerts auf Ersatzruhetage ist konsequent. Arbeitgeber sollten darauf achten, ihre Arbeitszeitsysteme (insbesondere 3-Schicht-Systeme) zu überprüfen, um eine Einhaltung der sich aus der Entscheidung ergebenden Verpflichtungen sicherzustellen und damit arbeitnehmerseitigen Forderungen nach rückwirkender Gewährung von Ersatzruhe(kalender)tagen vorzubeugen.

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