Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass das Berufen auf die Formunwirksamkeit einer mündlichen Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses dann unzulässig ist, wenn damit ein Verstoß gegen Treu und Glauben verbunden ist. (Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 08.02.2012 – 8 Sa 318/11).
Sachverhalt:
Die Klägerin war bei den Beklagten, die einen Friseursalon betreiben, als Friseurin beschäftigt. Während eines Telefonats mit den Beklagten am 23.06.2010 erklärte die Klägerin, sie kündige fristlos. Auf den Einwand der bevorstehenden Osterfeiertage hin hat sie mit der Bemerkung „das ist mir egal“ ihre Erklärung bekräftigt und auf die Aufforderung, doch wenigstens die Kündigungsfrist einzuhalten, mit den Worten „das ist mir scheißegal“ geantwortet. Die Beklagten kündigten mit Schreiben vom 06.04.2010 das Arbeitsverhältnis fristlos sowie vorsorglich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben. Die Beklagten wenden ein, dass das Arbeitsverhältnis bereits durch die Eigenkündigung der Klägerin beendet worden sei.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Kündigungsschutzklage der Klägerin abgewiesen. Das LAG Rheinland-Pfalz hat nunmehr die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ist ebenfalls wie die erste Instanz der Auffassung, dass bereits die Eigenkündigung der Klägerin das Arbeitsverhältnis beendet habe. Bei dieser Sachlage sei es der Klägerin nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Nichteinhaltung der Schriftform gem. § 623 BGB zu berufen. Insoweit greife nämlich der Grundsatz des sog. „venire contra factum proprium“ (Verbot widersprüchlichen Verhaltens), wonach die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer eigenen Willenserklärung dann als rechtsmissbräuchlich angesehen werde, wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Ein Arbeitnehmer, der eine fristlose Kündigung mehrmals ernsthaft und nicht nur einmalig spontan ausgesprochen habe, sich sodann nachträglich jedoch auf die Unwirksamkeit der eigenen Erklärung berufe, verhalte sich treuwidrig. Der Klägerin sei es daher verwehrt, sich zu ihrem Vorteil auf Rechtsvorschriften zu berufen, die sie selbst missachtet habe. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz verweist in seinem Urteil auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.12.1997 – 2 AZR 799/96, wo ein vergleichbarer Sachverhalt behandelt worden war.
Bewertung der Entscheidung:
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vermag nicht zu überzeugen. Die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.12.1997 stammt noch aus der Zeit vor der Geltung von § 623 BGB. Der Gesetzgeber hat sich jedoch bewusst dazu entschieden, die Schriftlichkeit zur absoluten Wirksamkeitsvoraussetzung jeder Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu erheben. Demnach mutet es sehr fraglich an, wenn das Gericht nunmehr meint, das Schriftformerfordernis könne durch den Einwand von Treu und Glauben zu Fall gebracht werden. Dadurch wird die vom Gesetzgeber mit der Einführung von § 623 BGB bezweckte Warnfunktion vereitelt.
Praxisfolgen:
Nach dieser Entscheidung sollten Arbeitnehmer vorsichtig sein mit einer allzu unbedacht erklärten mündlichen Kündigung. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz tatsächlich bei den anderen Landesarbeitsgerichten und dem Bundesarbeitsgericht Anklang finden wird und nicht nur als Einzelfallentscheidung aufzufassen ist.