Welche Auswirkungen hat Covid-19 auf das gewerbliche Mietrecht?

Reduzierte Mietzahlungen bei gewerblichen Mietverträgen in Folge der Covid-19-Pandemie?

Wie in vielen gesellschaftlichen und rechtlichen Bereichen hat die Covid-19-Pandemie auch im gewerblichen Mietrecht eine Reihe von Fragen und Unsicherheiten aufgeworfen. Ähnlich wie auf wissenschaftlicher Ebene bedeutet der Umgang mit der Pandemie auch auf juristischer Ebene dabei eine ständige Lernkurve. In vielen Bereichen ist der Gesetzgeber mittlerweile tätig geworden oder haben Gerichte maßgebliche Entscheidungen getroffen. Dabei werden regelmäßig einzelne Fragen geklärt, wobei noch lange nicht alle Unsicherheiten ausgeräumt werden konnten. Nach wie vor beschäftigt Mieter sowie Vermieter etwa die Frage, wie sich staatlich angeordnete Maßnahmen wie Schließungen oder Begrenzung der zugelassenen Personenzahlen von Ladenlokalen auf die Pflicht zur Leistung von Mietzahlungen auswirken. Darf der Mieter eines Ladenlokals Mietzahlungen reduzieren oder aussetzen, wenn er sein Geschäft auf Grund der Corona-Maßnahmen gar nicht oder nur in geringerem Umfang betreiben darf?

Generell lässt sich sagen, dass dies stark vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist. Hierbei spielt unter anderem eine Rolle, welche Regelungen der jeweilige Mietvertrag enthält, wie stark sich die wirtschaftlichen Einbußen auf Seiten des Gewerbemieters auswirken und ob diese eventuell durch staatliche Unterstützung oder Kurzarbeit reduziert oder ausgeglichen werden konnten. Im Laufe der Pandemie hat es hierzu jedoch eine Reihe von Entwicklungen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung gegeben, über die wir im Folgenden informieren wollen.

Die juristische Brisanz die Fragestellung zeigt sich zunächst schon daran, dass die ersten Gerichtsentscheidungen zu dieser Frage teilweise kaum unterschiedlicher hätten ausfallen können. Während das Landgericht München einen Vermieter verurteilt hat, geleistete Mietzahlungen teilweise an den Mieter zurückzuzahlen (LG München I, Urteil vom 22. September 2020 – 3 O 4495/20), hat etwa das LG Zweibrücken das finanzielle Risiko komplett beim Mieter gesehen (LG Zweibrücken, Urteil vom 11. September 2020 – HK O 17/20).

In der Rechtsprechung sind dabei insbesondere zwei Ansatzpunkte diskutiert worden, die im Einzelfall eine Reduzierung von Mietzahlungen oder gar ein Lösen von Mietverträgen für Gewerbemieter ermöglichen könnten. Zum einen könnten die pandemiebedingten Schließungen oder Regularien einen zur Mietminderung führenden Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB darstellen. Auf der anderen Seite könnten die Maßnahmen aber auch eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB bedeuten und daher dem Mieter ein Recht zur Vertragsanpassung einräumen.

Um der Unsicherheit zu begegnen, ist der Gesetzgeber im Dezember 2020 in diesem Bereich tätig geworden. Mit Wirkung ab dem 31.12.2020 hat er eine wiederlegbare gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass sich ein dem Vertrag zu Grunde liegender Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB geändert hat, wenn die vermieteten Räume „infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar“ sind. Hierbei sind nach der Gesetzesbegründung etwa staatlich angeordnete Schließungen oder Begrenzungen von Personenzahlen gemeint.

Wie es auch in der Gesetzesbegründung heißt, sollte durch diese Regelung die Position des Mieters gegenüber dem Vermieter in etwaigen Verhandlungen über Mietanpassungen gestärkt werden.

Gleichzeitig hat der Gesetzgeber normiert, dass Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie von den Gerichten vorrangig und beschleunigt zu behandeln sind. Dadurch sollen lange Hängepartien, die die wirtschaftliche Existenz von Mietern und Vermietern gefährden könnten, vermieden werden.

Tatsächlich hat der Gesetzgeber somit den Parteien eine Richtlinie zur Behandlung der Fälle mitgegeben, die jedoch nichts daran ändert, dass in jedem Einzelfall insbesondere zu prüfen ist, ob die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage greifen und was daraus folgt.

Dass weiterhin erhebliche Unsicherheiten bestehen, zeigen auch die aktuellen Gerichtsentscheidungen. Eine Entscheidung des BGH steht noch aus.

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