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Familienrecht

Konsequenzen des Verzichts auf ein Wohnungsrecht bei späterem Verkauf des Hauses

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung die Frage geprüft, welche Konsequenzen der Verzicht des Berechtigten auf ein Wohnungsrecht hat, wenn die betroffene Immobilie anschließend veräußert wird.

-Urteil vom 20.10.2020, Az. X ZR 7/20-

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eheleute verkauften im Jahr 1996 ihrer Tochter ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück, da sie sich in finanziellen Engpässen befanden und die Zwangsvollstreckung des Grundstücks drohte. Die Veräußerer behielten sich dabei ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnrecht an der Wohnung im 2. Stock des Hauses vor. Es wurde ausdrücklich ausgeschlossen, das Wohnrecht an Dritte zu überlassen. Den Eltern der Erwerberin ging es in der Folge gesundheitlich schlechter und sie zogen in eine betreute Pflegeeinrichtung um. Die Tochter beabsichtigte daraufhin, das nun nicht mehr benötigte Grundstück zu verkaufen. Um den Verkauf zu fördern, verzichteten die Eltern ihrer Tochter gegenüber auf ihr Wohnrecht, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Das Wohnrecht wurde gelöscht. Im selben Jahr veräußerte die Tochter das Grundstück. Zu dieser Zeit bezogen die Eltern bereits seit einiger Zeit Sozialhilfe.

Nach Verkauf des Grundstücks trat der Sozialhilfeträger an die Tochter heran. Der Sozialhilfeträger hatte wegen der von ihm gewährten Leistungen an die Eltern deren Rechte auf sich übergeleitet und machte gegenüber der Tochter wegen Verarmung des Schenkers gemäß § 528 BGB einen Anspruch auf Zahlung des Wertersatzes für den unentgeltlichen Verzicht auf das Wohnrecht geltend. Der Sozialhilfeträger berief sich darauf, dass das Grundstück durch den Verzicht auf das Wohnrecht eine Wertsteigerung von 41.000,00 € erfahren habe und aus diesem Grunde zu einem höheren Preis veräußert worden sei. Durch den Verzicht auf das Wohnrecht ohne Erhalt einer Gegenleistung hätten die Eltern ihrer Tochter eine Schenkung gewährt.

Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen. Eine Schenkung habe nicht vorgelegen, da die Eltern wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes das Wohnrecht selbst nicht mehr nutzen konnten. Dieses habe daher für die Eltern keinen wirtschaftlichen Wert mehr gehabt, sodass die Eltern durch den Verzicht auf das Wohnrecht nicht entreichert seien. Aus diesem Grunde sei keine Schenkung erfolgt.

Der BGH hob diese Entscheidung auf. Er führte zur Begründung aus, die für eine Schenkung erforderliche Entreicherung des Schenkers setze nicht zwingend voraus, dass der von ihm dem Beschenkten zugewendete Gegenstand für den Schenker einen wirtschaftlichen Wert hatte. Ausreichend sei vielmehr, dass der verschenkte Gegenstand aus dem Vermögen des Schenkers stammt. Aus diesem Grund komme es im konkreten Fall nicht darauf an, dass die Eltern das Wohnungsrecht selbst nicht mehr nutzen konnten, da es unabhängig von diesem Ausübungshindernis immer noch ein persönliches Recht der Eltern war. Aus diesem Grunde liege in dem Verzicht auf das Wohnungsrecht eine Schenkung zugunsten der Tochter. Durch die Inanspruchnahme von Sozialhilfe seien die Eltern im Rechtssinne verarmt im Sinne des § 528 BGB. Deshalb könne der Wert der Schenkung von der Tochter als Beschenkter zurückgefordert werden. Zur Ermittlung des Wertes dieser Schenkung komme es dabei auf den Wert für die Tochter als Beschenkter an, somit auf den Wertzuwachs, den das Grundstück infolge des Verzichts auf das Wohnungsrecht erzielt habe. Dieser Wertzuwachs des Grundstücks belief sich im Verkaufsfall auf die geltend gemachten 41.000,00 €. Dieser Wertzuwachs war infolge des Widerrufs der Schenkung von der Tochter zu erstatten.

Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass ein Verzicht des Wohnungsberechtigten auch dann, wenn dieser die Wohnung alters- oder gesundheitsbedingt gar nicht mehr nutzen kann, als Schenkung zu bewerten ist und im Falle des Sozialhilfebezuges des Berechtigten zu empfindlichen Rückforderungsansprüchen des Sozialhilfeträgers führen kann, wenn das Haus verkauft wird. Es kann daher zur Vermeidung dieser Nachteile im Regelfall nur empfohlen werden, das Haus mit Zustimmung des Wohnungsberechtigten zu vermieten und den Verkauf erst nach dem Tod des Wohnungsberechtigten und dem damit verbundenen Erlöschen des Wohnungsrechts zu veräußern.

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