BGH Urteil vom 27.01.2012, V ZR 272/10
Bringt der Verpflichtete die mit einem Vorkaufsrecht belastete Sache in eine von ihm beherrschte Gesellschaft ein und überträgt er anschließend die Gesellschaftsanteile entgeltlich an einen Dritten, kann eine den Vorkaufsfall auslösende kaufähnliche Vertragsgestaltung vorliegen, so der BGH. Die Veräußerung eines Unternehmens, welches keinen anderen Zweck hat, als die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke zu verwalten, steht wirtschaftlich dem Verkauf dieser Grundstücke gleich.
Sachverhalt
Den Klägern gehörte eine Eigentumswohnung nebst Stellplatz in Form eines Wohnungs- und Teilerbbaurechts. Es bestand zu ihren Gunsten ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Fälle des Verkaufs des Erbbaugrundstücks. Das Eigentum an dem Erbbaugrundstück und an weiteren 86, ebenfalls mit Erbbaurechten belasteten Grundstücken, wurde zunächst unentgeltlich auf eine unmittelbar zuvor gegründete GmbH & Co. KG übertragen. Sämtliche Gesellschaftsanteile an der Komplementärin sowie sämtliche Kommanditanteile wurden mit einem weiteren notariellen Vertrag verkauft. Die Kläger sind der Auffassung, dass durch diesen letzten Verkauf der Vorkaufsfall eingetreten sei. Sie übten daher ihr Vorkaufsrecht aus.
Entscheidung
Nach Ansicht des BGH gebietet eine interessengerechte Auslegung des § 463 BGB eine Anwendung auch auf solche Vertragsgestaltungen, die bei materieller Betrachtung einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts so nahe kommen, dass sie ihm gleichzustellen sind.
Auf Grund dessen könne ein Vorkaufsfall auch bei einer Unternehmensveräußerung gegeben sein. Denn die Veräußerung eines Unternehmens, das keinen anderen Zweck hat, als die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke zu verwalten, sei wirtschaftlich dem Verkauf dieser Grundstücke gleich zu stellen. Im konkreten Fall komme erschwerend hinzu, dass das veräußerte Unternehmen als selbständige Einheit zu keiner Zeit existierte. Es wurde erst am Tag des Verkaufs der Gesellschaftsanteile und damit erkennbar zwecks Verwertung der Grundstücke gegründet. Unter Hinweis auf § 467 BGB sei es auch bedeutungslos, dass mit der Veräußerung des Unternehmens eine Sachgesamtheit veräußert wurde und das veräußerte Unternehmen weiterhin existiert.