Gesellschaftsrecht

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Gesellschaftsrecht

Bürgschaft vs. GbR-Beteiligung

BGH, Urt. v. 4.06.2013 – II ZR 207/10

 

Im vorliegend vom BGH zu entscheidenden Fall begehrte die klagende GbR, deren Gesellschafter der Unternehmer R sowie die Beklagte zu 1) sind, von dem Beklagten zu 2) (nachfolgend „Mann“) sowie dessen Ehefrau, der Beklagte zu 1) (nachfolgend „Frau“), teilweisen Ausgleich des negativen Kapitalkontos der Frau bei der GbR.

 

Der Mann war als Erfinder und Entwickler tätig. Nachdem über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden war und der R an ihn 293.784 DM gezahlt hatte, schlossen die Parteien unter Einbeziehung der Frau im Mai 1997 eine schriftliche Vereinbarung, in der unter anderem festgelegt wurde, dass alle Herstellungsrechte und Vertriebsrechte aus den Konstruktionen von den Beklagten auf eine zu gründende GbR übertragen werden, an der R zu 60 % und die Frau zu 40 % am Kapital, Ertrag und Verlust beteiligt sein sollten.

 

Im Juni 1998 schlossen R und die Frau sodann einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag. Hierin wurde unter anderem geregelt, dass der R die notwendigen finanziellen Mittel für weitere Entwicklungen einlegt und auch von R an den Mann unmittelbar gezahlte Beträge als Einlage des R in die GbR behandelt werden. Zudem wurde bestimmt, dass die Frau keine Bareinlage erbringt, sie aber ein negatives Kapitalkonto auszugleichen habe, welches durch Entnahmen oder dadurch entstehen kann, dass von R an den Mann unmittelbar gezahlte Beträge auch als Entnahmen der Frau gelten. Die Quoten der Gewinn- und Verlustbeteiligung wurden abweichend von der Vereinbarung aus Mai 1997 dahingehend festgelegt, dass R mit 70 % und die Frau mit 30 % beteiligt war.

 

Sodann veräußerte die GbR gegen Zahlung von einmalig 1 Mio. DM und einer jährlichen Gewinnbeteiligung von 30 % ihre Verwertungsrechte für die Dauer von 10 Jahren an die G GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der R ist, und verpflichtete sich, alle künftigen Entwicklungen, Konstruktionen und Rechte ebenfalls auf die G GmbH zu übertragen.

 

Der BGH folgte nicht den Ausführungen des Berufungsgerichts, das die Bestimmung über die Ausgleichspflicht der Frau wegen Sittenwidrigkeit als nichtig im Sinne von § 138I BGB erachtete.

 

Der BGH betonte, dass sich der Streitfall von den Fällen der Einbeziehung einer nicht leistungsfähigen Ehefrau (etwa durch Leistung einer Bürgschaft) in eine den geschäftlichen Zwecken des Ehemanns dienende Darlehensaufnahme unterscheide. In jenen Fällen wird eine Sittenwidrigkeit in der Regel bejaht, wenn der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehende Sicherungsgeber finanziell krass überfordert wird, da dies die Vermutung begründet, dass er die Sicherheit alleine aufgrund der emotionalen Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt habe und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt habe.

 

Im vorliegenden Fall mussten, so der BGH, jedoch die Umstände des Einzelfalles und zwar insbesondere berücksichtigt werden, dass die Frau als Gesellschafterin im Gegenzug wirtschaftliche Teilhaberin von den ursprünglich dem Mann zustehenden Verwertungsrechten wurde und ihrem Risiko somit auch die Chance, hiervon zu profitieren, gegenüber stand. Insofern ist maßgeblich, ob der Sicherungsgeber ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Gesellschaftsbeteiligung hat oder ob dies fehlt, etwa weil er lediglich die Funktion eines Strohmanns wahrnimmt oder er seinen Anteil treuhänderisch hält und Erträge aus der Gesellschafterstellung an den Treugeber abzuführen hat.

 

Eine Sittenwidrigkeit folgte auch nicht ohne Weiteres aus dem Umstand, dass der Gesellschaftsvertrag eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter vorsieht. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit wird insoweit erst bei einer groben Ungleichbehandlung der Gesellschafter unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Vormachtstellung des einen oder des Vertrauens oder der Unerfahrenheit des anderen Teils überschritten. Der bloße Umstand, dass sich der R eine Gewinnbeteiligung von 70 % einräumen ließ, während andererseits die finanziellen Mittel, die dem Mann zur Weiterentwicklung seiner Erfindungen und Konstruktionen zur Verfügung gestellt wurden, allein das Kapitalkonto der Frau belasteten und von dieser zurückzuführen waren, führt dem BGH zufolge nicht zu einem Missverhältnis. Zu berücksichtigen sei nämlich auch, dass, dachte man eine Beteiligung des R hinweg, die Beklagten dann ebenfalls das volle Risiko der Amortisation ihrer Aufwendungen tragen müssten. Auch die Tatsache, dass die Frau nur zu 30 % an etwaigen Gewinnen beteiligt würde, sowie die Übertragung der Verwertungsrechte an die G GmbH führen nicht zwangsläufig zur Annahme der Sittenwidrigkeit, da nicht ersichtlich ist, dass die Frau die Verwertungsrechte ohne die Beteiligung des R zu einem wesentlich besseren Ertrag hätte veräußern oder lizenzieren können.

 

Darüber hinaus wird die Tatsache, dass auf den R 70 % der Zahlungen entfällt, zum einen dadurch gemildert, dass dieser zugleich alleiniger Gesellschafter der G GmbH ist, die den Betrag aufzubringen hat. Zum anderen steht dieser höheren Gewinnbeteiligung auch ein dadurch, dass der R die Mittel zur Förderung des Gesellschaftszwecks vorschießt, bedingtes, größeres Ausfallrisiko gegenüber.

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