Gesellschaftsrecht

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Gesellschaftsrecht

Geschäfte außerhalb des Unternehmenszwecks

BGH, Urteil v. 15.01.2014 – II ZR 90/11

 

Der BGH hat entschieden, dass ein Gesellschaftsorgan, das Geschäfte betreibt, die vom Unternehmenszweck nicht gedeckt sind, generell pflichtwidrig handelt. Wenn durch diese Geschäfte sowohl Gewinne als auch Verluste entstehen, muss sich die Gesellschaft auf einen Schadensersatzanspruch wegen der entstandenen Verluste allerdings die erzielten Gewinne anrechnen lassen.

 

Sachverhalt

Die Beklagten waren Vorstände der Klägerin, einer AG, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb einer Hypothekenbank iSd Hypothekenbankgesetzes (HypBkG) ist. Auf Entscheidung der Beklagten hin ging die Klägerin von Anfang 2001 bis Mitte 2002 Zinsderivategeschäfte ein, deren Volumen das Volumen der originären Hypothekenbankgeschäfte (Bilanzgeschäfte) der Klägerin weit überstieg. Prüfungen kamen zu dem Ergebnis, dass für im Jahr 2001 drohende Verluste iHv etwa 436 Mio. € keine Rückstellungen bei der Klägerin gebildet worden waren und auch für die im Jahr 2002 drohenden Verluste Rückstellungen fehlten. Weiter ergab ein Gutachten u.a., dass ein Verstoß gegen die Vorschriften des HypBkG und den Willen des Gesetzgebers vorliege, da die Klägerin Zinsderivategeschäfte nicht nur zur Schließung oder Verminderung offener Positionen im Hauptgeschäft eingesetzt habe, sondern auch um Einzelhandelserfolge zu erzielen.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz in Millionen-höhe.

 

Entscheidung

Der BGH geht von dem Grundsatz aus, dass die Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG darzulegen und ggfs. zu beweisen, hat, dass ihr durch ein Verhalten des Vorstandsmitglieds in seinem Pflichtenkreis ein Schaden entstanden ist; das Vorstandsmitglied muss umgekehrt darlegen und beweisen, dass es seine Pflichten nicht verletzt oder jedenfalls schuldlos gehandelt hat oder dass der Schaden auch bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wäre. Die Klägerin habe den Schaden und seine Verursachung durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Beklagten ausreichend dadurch dargelegt, dass sie vorgetragen hat, unter der Leitung der Beklagten seien näher bezeichnete Zinsderivate abgeschlossen worden, die nicht als Neben- oder Hilfsgeschäfte der Absicherung von Zinsrisiken aus dem Hypothekenbankgeschäft dienten. Diese Geschäfte waren nicht von dem Unternehmensgegenstand der Klägerin, dem Betrieb einer Hypothekenbank, gedeckt und ein für eine Hypothekenbank unzulässiges Spekulationsgeschäft. Ein Organ, das Geschäfte betreibt, die vom Unternehmenszweck nicht gedeckt sind, handelt per se pflichtwidrig.

Weiter habe die Klägerin auch ihren Schaden dargelegt. Dieser ist durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses – den Abschluss des jeweiligen Zinsderivategeschäfts – tatsächlich eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen zu ermitteln, die ohne jenes Ereignis eingetreten  wäre.

Aus dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung muss sich die Klägerin jedoch die Gewinne auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Die Gesellschaft soll sich nicht aufgrund eines Fehlers der Organmitglieder auf deren Kosten bereichern. Die Darlegungs- und Beweislast für anzurechnende Gewinne tragen jedoch die Beklagten.

Anschrift

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