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Gesellschaftsrecht / Insolvenzrecht

Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern

OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.06.2012 – 20 W 1/12

 

Der Insolvenzverwalter einer AG trägt in einem gegen ein Aufsichtsratsmitglied nach §§ 116, 93 AktG geführten Schadensersatzprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gesellschaft durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Aufsichtsratsmitglieds ein Schaden entstanden ist.

 

Das Aufsichtsratsmitglied hat darzulegen und ggfs. zu beweisen, dass es seinen Sorgfaltspflichten genügt hat, es kein Verschulden trifft oder der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre. Eine laufende Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat ist grundsätzlich nicht zu erwarten. In Krisenzeiten, bei neu gegründeten Gesellschaften oder bei Anhaltspunkten für eine Verletzung der Geschäftsführungspflichten ist jedoch eine intensivere Überwachungstätigkeit erforderlich.

 

Der Insolvenzverwalter einer AG klagte gegen die ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft auf Schadensersatz. Diese seien ihren Überwachungspflichten nicht nachgekommen. Der Insolvenzverwalter warf Ihnen unter anderem vor, eine unzulässige Arbeiternehmerüberlassung sowie Zahlungsströme zwischen der AG und dem einzelkaufmännischen Unternehmen eines Vorstandsmitglieds gekannt und nicht unterbunden zu haben. Zudem hätten sie die schlechte finanzielle Situation der Gesellschaft, die Auszahlung von Darlehen durch den Vorstand an ihn selbst sowie die Vereinbarung überhöhter Miet- und Leasingverträge zwischen der AG und dem einzelkaufmännischen Unternehmen des Vorstands gekannt und hiergegen nichts unternommen. Schließlich hätte der Aufsichtsrat ein Wettbewerbsverbot gegen den Vorstand nicht durchgesetzt. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Für die Haftung des Aufsichtsrats gelten die oben genannten, spezifische Darlegungs- und Beweislastregelungen. Daraus folgt, dass der Kläger substantiiert vortragen muss, wieso die Beklagten Veranlassung gehabt hätten, schadensvorbeugend oder schadensverhindernd einzugreifen. Dieser Nachweis ist dem Kläger nicht gelungen, wie das OLG feststellte. Eine laufende Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat zur Kenntniserlangung könne nicht gefordert werden. Vielmehr reiche es aus, dass sich der Aufsichtsrat ein Bild über die wesentlichen Grundlagen der Geschäftsführung und die wichtigsten Geschäftsvorfälle mache. Eine Verpflichtung, Berichte anzufordern und am Vorstand vorbei Nachforschungen anzustellen, gebe es grundsätzlich nicht. Sie bestehe nur dann, wenn die Berichte des Vorstands unklar, unvollständig oder erkennbar unrichtig seien oder der Aufsichtsrat glaubwürdige Hinweise auf ein Fehlverhalten des Vorstands habe. Gesteigerte Überwachungspflichten sieht das OLG Stuttgart allerdings in Krisenzeiten, bei Anhaltspunkten für eine Verletzung von Geschäftsführungspflichten, insbesondere bei Hinweisen auf existenzgefährdende Geschäftsführungsmaßnahmen sowie auch bei neu gegründeten Gesellschaften. Sofern diese Ausnahmen nicht vorliegen, sei es nicht Aufgabe des Aufsichtsrates, einzelne Geschäftsvorgänge, wie z.B. einzelne Forderungen und Zahlungseingänge sowie die Buchhaltung der Gesellschaft, zu überprüfen.

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