Gesellschaftsrecht

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Gesellschaftsrecht / Steuerrecht

Keine Schenkungssteuerpflichtigkeit bei Verzicht eines GmbH-Gesellschafters auf ein ihm persönlich zustehendes Mehrstimmrecht

BFH, Urt. v. 30.01.2013 – II R 38/11

 

Verfügt ein Gesellschafter einer GmbH über ein von seinem Anteil am Stammkapital unabhängiges Mehrstimmrecht, welches jedoch nur ihm persönlich zusteht und bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft erlöschen soll, stellt ein Verzicht auf dieses Stimmrecht jedenfalls dann, wenn dieser Verzicht nicht in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer schenkungsweisen Veräußerung eines Teils seiner Anteile steht, keine nach § 1 I Nr. 2 ErbStG eine Schenkungssteuerpflichtigkeit auslösende Schenkung unter Lebenden an die übrigen Gesellschafter dar. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, dass der Bedachte durch die Schenkung auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, § 7 I Nr. 1 ErbStG, § 516 I BGB. Die erforderliche Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers und eine damit korrespondierende Vermögensmehrung seitens des Bedachten, ist vorliegend jedoch nicht gegeben:

 

Zwar hat sich durch den Verzicht des Mehrstimmberechtigten das Stimmgewicht der übrigen Gesellschafter vermehrt. Dies stellt jedoch keinen eigenständigen Vermögensgegenstand dar, denn eine Vermögensverschiebung setzt voraus, dass die Vermögenssubstanz als solche betroffen ist. Dies kann durch einen Zugang aktiver Vermögensgegenstände, den Wegfall negativer Vermögensgegen-stände oder das Erhalten von Gebrauchs- oder anderen Nutzungsmöglichkeiten geschehen. Sofern sich lediglich der Wert des beim „Bedachten“ bereits vorhandenen Vermögens erhöht, genügt dies grundsätzlich nicht, um die Schenkungssteuerpflichtigkeit auszulösen.

 

Auch seitens des ursprünglich Mehrstimmberechtigten ist eine Vermögensminderung nicht eingetreten. Das ihm persönlich zustehende Mehrstimmrecht stellt keinen Vermögensgegenstand dar, sondern ist lediglich eine an seine Person gebundene Ausgestaltung seines Stimmrechts ohne konkreten Bezug auf sein Vermögen. Durch den Verzicht auf das Mehrstimmrecht hat sich sein Vermögen nicht vermindert, denn dieses Recht hatte keinen Verkehrswert. Hierunter versteht man den gemeinen Wert i.S.d. § 9 I BewG, der durch den bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbaren Preis bestimmt wird, wobei jedoch nach § 9 II 2 BewG ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, d.h. Umstände, mit denen der Verkehr bei der Abschätzung des Wertes eines Wirtschaftsgutes nicht rechnet bzw. Umstände, die ausschließlich in der Person des Käufers oder Verkäufers liegen, unberücksichtigt bleiben. Da das Mehrstimmrecht aber allein in der Person des ursprünglich Mehrstimmberechtigten begründet lag, nur ihm persönlich zustand und mit seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft erlöschen sollte, hätte es sich bei der Preisbildung i.R.e. Veräußerung der Gesellschaftsanteile im Geschäftsverkehr nicht ausgewirkt, denn auch hierbei wäre das Mehrstimmrecht schlicht erloschen.

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