Gesellschaftsrecht

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Gesellschaftsrecht / Strafrecht

Firmenbestattung

BGH, Beschl. v. 15.11.2012 – 3 StR 199/12

 

Der Angeklagte, der faktischer Geschäftsführer eines Speditions-unternehmens sowie weiterer Unternehmen war, fasste im Laufe des Jahres 2002 den Plan, diese Unternehmen versteckt zu liquidieren (sog. „Firmenbestattung“). Forderungen der Gläubiger sollten nicht mehr erfüllt und die unternehmerische Tätigkeit mit einer Nachfolge-gesellschaft fortgesetzt werden. Zu diesem Zweck sollten Strohge-schäftsführer ausfindig gemacht werden, auf die auch die Geschäfts-anteile an den Unternehmen zu einem Kaufpreis von 1 € übertragen wurden. Der Firmenbestatter wies diese Personen, bei denen es sich um Rentner und Arbeitslose handelte und die hierfür eine einmalige Zahlung zwischen 500 und 1.000 € erhielten, jedoch zur Führung der Unternehmen nicht in der Lage waren und hieran auch kein Interesse hatten, an, wie sie sich zu verhalten hatten und stellte ihnen vorge-fertigte Schreiben zur Verfügung bzw. ließ sie Blankounterschriften leisten. Diese Strohgeschäftsführer übertrugen nach wenigen Wochen die Anteile an im europäischen Ausland lebende Personen weiter, die sich (teilweise nach Umfirmierung der Gesellschaften zum Zweck der weiteren Verschleierung) wiederum als Geschäftsführer einsetzen ließen.

 

Im Vorfeld dieser Anteilsübertragungen vernichtete oder versteckte der Angeklagte Geschäftsunterlagen, um sie dem Zugriff der Gläubiger und eines etwaigen Insolvenzverwalters dauerhaft zu entziehen.

 

Die Geschäfte der so übertragenen Gesellschaften führte ein von dem Angeklagten beherrschtes Nachfolgeunternehmen weiter.

 

Durch die teilweise Vernichtung und vollständige Entziehung der Geschäftsunterlagen hat sich der Anklagte wegen Bankrotts nach § 283 I Nr. 6 StGB strafbar gemacht, denn es handelte sich insoweit um Handelsbücher und andere Unterlagen, zu deren Aufbewahrung die sich in der Krise befindlichen Gesellschaften verpflichtet waren. Durch die Unterdrückung wurde die Übersicht über deren Ver-mögensstände erschwert.

 

Darüber hinaus ist der Bankrott-Tatbestand des § 283 I  Nr. 8 2.  Alt. StGB durch die Übertragung der Unternehmen auf einen Strohmann erfüllt, da dies eine Verschleierung der wirklichen gesellschaftlichen Verhältnisse darstellt. Hierzu gehören nicht nur die geschäftlichen Verhältnisse im engeren Sinn, sondern auch Umstände, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Schuldners in der Krise erheblich sind. Da der Tatbestand mit Blick auf dessen Schutzbereich, nämlich die Gläubigerinteressen, auszulegen ist, ist er nicht nur bei einer unrichtigen Darstellung der Vermögensverhältnisse erfüllt, sondern auch der grundlegenden unternehmerischen Gesichtspunkte wie Investitionsvorhaben, Planungsmaßnahmen und zukünftigen Entwicklungen. Gerade hierüber werden die Gläubiger jedoch getäuscht, wenn die eigentliche Liquidationsabsicht verschleiert wird und es schon feststand, dass Verbindlichkeiten auf keinen Fall beglichen werden können, zumal auch die Sitzverlegung ins Ausland alleine der Gläubigerbenachteiligung und der Erschwerung der Zwangsvollstreckung dienen sollte.

 

Bei dem Bankrott handelt es sich zwar um ein Sonderdelikt des Schuldners. Ist der Schuldner eine juristische Person, wird ihre Schuldnereigenschaft aber ihren Organen/Vertretern zugerechnet. Hierfür kommen sowohl eingetragene als auch bloß faktische Geschäftsführer in Betracht.

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