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Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht

Überwachungspflichten des Aufsichtsrats bei Insolvenzreife

OLG Düsseldorf, Urteil v. 31.05.2012 – I-16 U 176/10

 

Stellt der Aufsichtsrat fest, dass die AG insolvenzreif ist, muss er darauf hinwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind.

 

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der mit 50.000 € Grundkapital ausgestatteten Insolvenzschuldnerin, der O. AG; die Beklagten waren Aufsichtsratsmitglieder. Die Insolvenzschuldnerin nahm 2003 ihren Geschäftsbetrieb auf. Im März 2004 legte der Vorstand dem Aufsichtsrat einen Jahresabschluss für November 2003 bis Februar 2004 mit einem Verlust von fast 200.000 € vor. Trotz der von der Hauptversammlung sodann beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals und eines Sanierungskonzeptes wuchsen die Verluste weiter an. Zwischen Januar und Ende März 2004 wurden Zahlungen seitens der Insolvenzschuldnerin an einen Teil ihrer Gläubiger in einem Volumen von knapp 96.000 € geleistet. Diesen Betrag macht der Kläger nunmehr gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern geltend.

 

Im Mai 2004 wurde der Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin eingestellt und Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren gestellt, das Ende Juni 2004 eröffnet wurde.

 

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf haben die Beklagten es pflichtwidrig zugelassen, dass die genannten Zahlungen geleistet wurden, obwohl die Insolvenzschuldnerin zu dem damaligen Zeitpunkt bereits überschuldet und zahlungsunfähig war. Die Zahlungen waren auch nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu vereinbaren. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sie „masseneutral“ gewesen wären, sie erbracht hätten werden müssen um Sanierungsbemühungen innerhalb der Frist des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO zu ermöglichen oder wenn sie zur Vermeidung sonst drohender strafrechtlicher Verfolgung erfolgten, wie bspw. Zahlungen an die Sozialkasse.

 

Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 S. 1 AktG richte sich zwar zunächst nur an den Vorstand als das geschäftsleitende Organ der AG. Den Aufsichtsrat treffen aber Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten. Er muss sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft verschaffen und insbesondere in einer Krisensituation alle ihm nach § 90 Abs. 3, § 91 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausschöpfen. Bei Insolvenzreife hat er darauf hinzuwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind. Gegebenenfalls muss er ein unzuverlässig wirkendes Vorstandsmitglied abberufen.

 

Die Gesellschaft (bzw. der Insolvenzverwalter) hat im Streitfall lediglich darzulegen und zu beweisen, dass ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten ein Schaden entstanden ist. Denn sie ist zum Nachweis der Pflichtverletzung oft nicht in der Lage, da ihr das nötige Material fehlt. Daher muss das Aufsichtsratsmitglied die Erfüllung seiner Pflicht bzw. sein Nichtverschulden an der Nichterfüllung der Pflicht darlegen und beweisen.

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