Gesellschaftsrecht

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Gesellschaftsrecht

Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern

Die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds für (höchstens) fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer ist grundsätzlich zulässig. Sie stellt auch dann, wenn keine besonderen Gründe für diese Vorgehensweise vorliegen, keine unzulässige Umgehung des § 84 Abs. 1 S. 3 AktG dar.

 

BGH, Urteil v. 17.07.2012 – II ZR 55/11

 

Der Kläger ist Mitglied des Aufsichtsrat der beklagten AG, deren Anteile von zwei zerstrittenen Familienstämmen gehalten werden. Im Jahr 2005 wurden B, im Jahr 2006 K jeweils zu Mitgliedern des damals vierköpfigen Vorstandes bis zum 21.01.2010 bestellt. Im Juli 2007 beschloss der Aufsichtsrat, deren Vorsitzender zu dieser Zeit H war, einstimmig die Bestellung der Vorstandsmitglieder B und K einvernehmlich aufzuheben und sie zugleich für die Dauer von fünf Jahren erneut zu Mitgliedern des Vorstands zu bestellen. Am selben Tag legte ein anderes Vorstandsmitglied sein Amt nieder. Am Folgetag fand die Hauptversammlung der Beklagten statt, auf der ein neuer Aufsichtsrat gewählt wurde. Der Versuch, die Vorstandsmitglieder B und K abzuberufen, scheiterte in der Folgezeit an einer Pattsituation im neuen Aufsichtsrat.

 

Der Kläger beantragte die Feststellung, dass die Beschlüsse im Juli 2007 über die einvernehmliche Abberufung und Neubestellung der Vorstandsmitglieder B und K nichtig sind. Nachdem das LG die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr aber stattgegeben hatte, entschied nun der BGH, dass das das Urteil der Berufungsinstanz aufgehoben und das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt wird.

 

Der Beschluss über die einvernehmliche Aushebung der Bestellungen der Vorstandsmitglieder B und K und ihre gleichzeitige (Wieder-)Bestellung sind nicht gemäß § 84 Abs. 1 S. 3 AktG nichtig. Nach dieser Vorschrift ist eine Verlängerung der höchstens fünfjährigen Bestellung, die für höchstens fünf Jahre wiederholt werden kann, nur durch einen Aufsichtsratsbeschluss möglich, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden kann.

 

Durch die einvernehmliche Aufhebung der Bestellungen ist die Amtszeit der Vorstandsmitglieder B und K beendet worden. Die daran anschließende Bestellung war daher nicht früher als ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit beschlossen worden.

 

Auch war die Vorschrift  des § 84 Abs. 1 S. 3 AktG durch das Prozedere nicht unzulässig umgangen worden, ja noch nicht einmal nur beeinträchtigt worden, wie der BGH feststellte. Diese in Rspr. und Literatur umstrittene Frage beantwortete der BGH, indem er auf die Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Vorschrift abstellte. Hieraus folgerte er, dass durch die Regelung nur sichergestellt werden sollte, dass der Aufsichtsrat zumindest alle fünf Jahre über die wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit der Vorstandsmitglieder Beschluss fasst. Eine Bindung über 5 Jahre hinaus soll zur Vermeidung von unwirtschaftlichen Belastungen vermieden werden. Durch die vorliegende Fallgestaltung war die Bindungsfrist noch kürzer, als es die gesetzliche Regelung für den Fall, dass die bisherige Bestellung nicht vorzeitig endete, als äußere Grenze zulässt. Denn danach kann sich der Aufsichtsrat, wenn er über eine fünfjährige Verlängerung ein Jahr vor Ende der Amtszeit beschließt, sogar für sechs Jahre binden. Eine Beschlussfassung über die Neubestellung hat, wie die Norm von ihrem Zweck her vorsieht, stattgefunden. Dass die Neubestellung kurz nach Amtsantritt erfolgt, ist unschädlich, zwar seien die Beurteilungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats bezüglich des Vorstandsmitglieds eingeschränkt, jedoch sind sie jedenfalls besser als bei der erstmaligen Bestellung, bei der sich der Aufsichtsrat auch für fünf Jahre binden darf. Auch werde ein künftiger Aufsichtsrat nicht unzulässig durch die Neubestellung schon früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Amtszeit an den Vorstand gebunden. Denn nach der gesetzlichen Regelung kann der neue Aufsichtsrat sogar für sechs Jahre an die Vorstandsbestellung gebunden sein, wenn die Jahresfrist des § 84 Abs. 1 S. 3 AktG kurz vor Ende der Amtszeit des alten Aufsichtsrats beginnt und dieser Aufsichtsrat eine Verlängerung der Bestellung des Vorstandsmitglieds beschließt.

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