Medizinrecht

Testaments zugunsten eines behandelnden Arztes

Keine Nichtigkeit eines Testaments zugunsten eines behandelnden Arztes

Vgl.: OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Dezember 2023, Az. 21 W 91/23

 

Zum Sachverhalt:

In dem zugrunde liegenden Fall hat die verwitwete und kinderlose Erblasserin ein handschriftliches Testament errichtet, in welchem sie neben vier Personen aus ihrem Familien- und Bekanntenkreis, welche die Erblasserin pflegerisch unterstützten, ihren Hausarzt zum Erben i.H.v. 20 % einsetzte.

Die Erblasserin war bereits seit über 20 Jahren bei dem Hausarzt in Behandlung und hatte diesem eine Betreuungsverfügung sowie eine Vorsorgevollmacht erteilt.

Das Nachlassgericht war in seinem Beschluss der Ansicht, dass das Testament der Erblasserin teilweise unwirksam sei, da die Erbeinsetzung des Hausarztes gem. § 32 Berufsordnung der Ärzte (BO-Ä) gegen ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB verstoßen würde. Hinsichtlich der Auslegung des § 32 BO-Ä seien die zu § 14 HeimG entwickelten Grundsätze anzuwenden.

Gegen diesen Beschluss hat der Hausarzt Beschwerde eingelegt. Er machte insbesondere geltend, eine Beeinflussung der Erblasserin sei nicht erfolgt, diese sei von sich aus bei ihm mit dem Testament vorstellig geworden und habe um Bestätigung gebeten. Er sei zudem für die Erblasserin eine wichtige Vertrauensperson gewesen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Zur Entscheidung:

Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass das Testament der Erblasserin entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts insgesamt wirksam und nicht bezüglich der Erbeinsetzung des Hausarztes gem. § 134 BGB i.V.m. § 32 BO-Ä teilnichtig ist. Zwar ist § 32 BO-Ä als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB anzusehen. Allerdings ergibt eine verfassungskonforme Auslegung, dass ein etwaiger Verstoß des Arztes nicht die Nichtigkeit der Testierung durch den Erblasser nach sich zieht.

Die testamentarische Zuwendung stellt einen „anderen Vorteil“ i.S.d. § 32 BO-Ä dar. Zudem war dem Arzt die Zuwendung bekannt und er war mit ihr auch einverstanden.

Allerdings kann § 32 BO-Ä – unabhängig von einem Verstoß – nicht dahingehend ausgelegt werden, dass dieser ein auch an den Testierenden gerichtetes Testierverbot enthält. Eine solche Auslegung würde einen unangemessenen Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Testierfreiheit darstellen.

Die zur Heimpflege entwickelten Grundsätze, wonach ein Verstoß gegen § 14 HeimG regelmäßig nach § 134 BGB zur Nichtigkeit führt, sind auf die Auslegung der Vorschriften der BO-Ä nicht übertragbar: Der Schutzzweck des § 14 HeimG berührt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Testierfreiheit selbst. § 32 BO-Ä hingegen richtet sich an den Arzt und soll dessen Beeinflussung ausschließen und die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung gewährleisten, sodass die Norm primär auf das Verbot der Annahme durch den Arzt abzielt.

Demzufolge ist § 32 BO-Ä ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass dieses kein Testierverbot gegenüber der ein Testament errichtenden Person enthält und ein Verstoß des Arztes nicht zur Nichtigkeit des Testaments führt.

Nach der Entscheidung des Gerichts ist die Erbeinsetzung des Arztes auch nicht sittenwidrig i.S.d. § 138 BGB, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Arzt eine geschwächte Lage der Erblasserin ausgenutzt und diese zu der entsprechenden Testierung veranlasst hätte. Vielmehr hat die Erblasserin den Arzt als Vertrauten angesehen und ihn in erster Linie aus diesem Grund zum Erben eingesetzt.

Nach dieser obergerichtlichen Entscheidung ist es Patienten somit grundsätzlich möglich, wirksame Testamente zugunsten ihrer Ärzte zu errichten.

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