Mietrecht

Kündigung wegen wahrheitswidrigen, vom Vermieter indes provozierten Prozessverhaltens des Mieters

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft eine Kündigung wegen eines vermeintlich wahrheitswidrigen Prozessverhaltens des Mieters, das jedoch möglicherweise durch das provozierende Verhalten des Vermieters bedingt war.

BGH, Urteil vom 25. Oktober 2023 – VIII ZR 147/23

Problemstellung

Im Rahmen eines Räumungsrechtsstreits gaben die Mieter (Beklagten) vor dem AG an, dass sie das Gefühl hätten, der ursprüngliche Kündigungsgrund sei nur vorgeschoben und dass sie eigentlich aus dem Haus „rausgemobbt“ werden sollten. Sie seien von dem Hausverwalter ausländerfeindlich beleidigt worden. Auch hätten sie ein Gespräch der Eigentümerin mit einem Kaufinteressenten des Hauses mitbekommen, in dem der Interessent gesagt habe, dass er das Haus nur kaufe, wenn es entmietet sei. Daraufhin kündigte die Klägerin das Mietverhältnis (erneut) außerordentlich aufgrund der unwahren und ehrverletzenden Äußerungen der Beklagten. Es stellte sich heraus, dass es sich bei den Angaben zu dem Gespräch mit einem Kaufinteressenten um eine vorsätzlich falsche Behauptung handelte. Die Problematik drehte sich um die Frage, ob ein bewusst unrichtiges Vorbringen eines Mieters während eines Mietrechtsstreits eine ausreichende Pflichtverletzung darstellt, um eine ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB zu rechtfertigen.

Entscheidung

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs legt dar, dass die Bewertung des bewusst unrichtigen Verhaltens des Mieters im Kontext aller Umstände des Einzelfalls erfolgen muss. Dabei ist insbesondere das vorangegangene Verhalten des Vermieters zu berücksichtigen, dass möglicherweise das Verhalten des Mieters provoziert hat. Die Gerichtsentscheidung stellt fest, dass in diesem Fall das bewusst unrichtige Vorbringen des Mieters nicht ausreicht, um die Kündigung zu rechtfertigen, da das Verhalten möglicherweise durch die provozierenden Handlungen des Vermieters bedingt war. Dabei sei zum einen zu beachten, dass das Prozessverhalten des Beklagten dazu dienen sollte, eine unberechtigte Kündigung abzuwehren. Dazu habe er seine subjektive Wahrnehmung geschildert. Dem die Ehre der Klägerin verletzende Vorwurf des „Herausmobbens aus dem Haus“ komme daher nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Daneben seien die ausländerfeindlichen Äußerungen des Hausverwalters zumindest der Risikosphäre der Klägerin zuzuordnen, wodurch sich das Fehlverhalten des Beklagten weniger schwerwiegend darstelle. All dies sei im Rahmen einer Gesamtabwägung einzubeziehen gewesen mit dem Ergebnis, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Praxisrelevanz

Der BGH verdeutlicht die Bedeutung eines umfassenden Blicks auf die Gesamtsituation bei der Beurteilung von Kündigungsgründen im Mietrecht. Er hebt hervor, dass eine isolierte Betrachtung des Verhaltens des Mieters ohne Berücksichtigung vorangegangener Ereignisse möglicherweise zu falschen Schlussfolgerungen führen kann.

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