Eine außerordentliche Kündigung eines Sicherheitsmitarbeiters kann auch ohne vorherige Abmahnung wirksam sein, wenn es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten war, den Mitarbeiter abzumahnen und ihn anschließend wieder zu beschäftigen.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.09.2015, AZ: 17 Sa 810/15
Sachverhalt und Entscheidung:
Bei der beklagten Arbeitgeberin handelt es sich um ein Unternehmen des Fach- und Sicherheitsgewerbes. Ihr später gekündigter Mitarbeiter war von ihr in der Kontrolle des Ausgangs des Produktionsbereiches eines Kunden eingesetzt, der eine Münzprägeanstalt betrieb. Der Produktionsbereich in dieser Münzprägeanstalt wurde durch ein Drehkreuz gesichert, das geöffnet werden konnte, sofern es nicht durch einen Zufallsgenerator gesperrt wurde. Im Falle einer solchen Sperrung wurden die Personen, die diesen Bereich passieren wollten, vom Wachtpersonal einer Kontrolle unterzogen. Nachdem der Kläger diesen Zufallsgenerator ausgeschaltet und den Bereich verlassen hatte, ohne sich – wie vorgeschrieben – zuvor um einen Ersatz zu kümmern, hielt er sich anschließend ohne dienstliche Veranlassung für einen längeren Zeitraum in einem gänzlich anderen Bereich der Münzprägeanstalt auf, wo er den Rest eines Kunststoffrohres in Besitz nahm, ohne zuvor einen vorgeschriebenen Begleitschein ausgefüllt zu haben. Dieses Kunststoffrohr deponierte er anschließend in seinem Privatfahrzeug.
Während dieser langen Abwesenheit war der Produktionsbereich in der Münzprägeanstalt ungesichert. Wenige Tage später wurde in der Münzprägeanstalt ein Goldverlust in Höhe eines Wertbetrages von ca. 74.000,00 € festgestellt.
Während das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage des daraufhin außerordentlich fristlos gekündigten Klägers entsprach, hielt das Landesarbeitsgericht diese arbeitgeberseitige außerordentliche Kündigung für wirksam. Der Kläger habe durch sein Verhalten insbesondere das Sicherungsinteresse verletzt, für das die beklagte Arbeitgeberin einzustehen habe. Durch seine Beschäftigung habe genau das verhindert sollen, was der gekündigte Kläger durch sein Verhalten an den Tag gelegt habe. Die beklagte Arbeitgeberin habe daher dieses Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden dürfen, weil ihr angesichts der schwerwiegenden Pflichtverletzungen nicht zumutbar sei, den Mitarbeiter abzumahnen und ihn anschließend wieder als Sicherheitsmitarbeiter zu beschäftigen.
Bewertung der Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg liegt u.E. mit dieser Entscheidung voll auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Danach können Art und Schwere der Verfehlung, der Umfang des verursachten Schadens aber auch andere wirtschaftliche Folgen die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen kommt es – wie hier – nicht auf eine Wiederholungsgefahr an, wenn die durch die Pflichtverletzung verursachte Störung des Vertrauensverhältnisses – wie hier – anhält, vgl. BAG, Urteil vom 05.04.2001 – 2 AZR 159/00 -, juris.