Der BGH hat zu der Höhe von Schadensersatzansprüchen in einer werkvertraglichen Leistungskette zwischen Haupt- und Nachunternehmer Stellung genommen und festgelegt, wen in diesem Zusammenhang die Darlegungslast trifft.
BGH, Urteil vom 9. November 2023 – VII ZR 92/20
Problemstellung
Die Klägerin war als Hauptunternehmerin mit Umbau- und Sanierungsmaßnahmen an mehreren Wohngebäuden beauftragt. Der Beklagte übernahm als Nachunternehmer Teile der Arbeiten, deren Ausführung jedoch mangelhaft war. Die Klägerin zahlte an den Besteller für diese Mängel u.a. einen Vorschuss für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen. Sie hatte daraufhin einen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten aus §§ 634 Nr. 4 iVm 280 Abs. 1, 3, 281 BGB, wobei sich die Schadensbemessung nicht nach „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten richtet. Stattdessen konnte die Klägerin Freistellung von den Mängelansprüchen des Bestellers verlangen. Die Freistellung kann sich auch auf den Vorschussanspruch des Bestellers beziehen. In dem vorliegenden Fall hatte die Klägerin bereits den Anspruch auf Kostenvorschuss des Bestellers erfüllt, sodass sich ihr auf Freistellung gerichteter Schadensersatzanspruch in einen solchen auf Zahlung in Höhe des geleisteten Kostenvorschusses umwandelt.
Entscheidung
Der BGH hat hinsichtlich der Höhe des Anspruchs entschieden, wie die Grundsätze der Vorteilsausgleichung im Rahmen solcher Vorschussansprüche zu berücksichtigen sind. Nach diesen Grundsätzen sind diejenigen Vorteile auszugleichen, die dem Geschädigten im Rahmen des schädigenden Ereignisses zugeflossen sind, da er durch das schädigende Ereignis nicht besser stehen darf als er ohne stünde. Hier kann sich ein Vorteil daraus ergeben, dass der Hauptunternehmerin als Geschädigten ggf. noch ein Rückzahlungsanspruch gegen den Besteller zusteht, weil der Kostenvorschuss keine endgültige, sondern lediglich eine zweckgebundene Zahlung darstellt, über deren Verwendung nach der Mängelbeseitigung abzurechnen ist. Dies sei nach Ansicht des BGH zu berücksichtigen und könne zu einer Begrenzung des Umfangs des Schadensersatzanspruchs gegen den Nachunternehmer führen. Die Begrenzung solle sich danach richten, ob der Besteller dem Hauptunternehmer bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Kostenvorschusses erteilt habe.
Habe der Besteller dem Hauptunternehmer bereits eine inhaltlich zutreffende Abrechnung erteilt und sei der Vorschussbetrag danach vollständig zur Mängelbeseitigung verbraucht worden, komme eine Vorteilsausgleichung im Verhältnis des Hauptunternehmers zum Nachunternehmer nicht (mehr) in Betracht. Wenn es jedoch zu einer vollständigen oder teilweisen Rückzahlung an den Hauptunternehmer gekommen sei, handele es sich bei dem zurückgezahlten Betrag um einen gleichartigen Vorteil, der von Amts wegen auf den vom Nachunternehmer in Geld zu leistenden Schadensersatz anzurechnen ist und zu dessen Verringerung führt.
Habe der Besteller dem Hauptunternehmer jedoch noch keine Abrechnung erteilt, bestehe der aus der Natur der Vorschusszahlung herrührende Vorteil des Hauptunternehmers darin, dass er bei Fälligkeit zunächst die Abrechnung und sodann die Rückzahlung eines etwaig nicht zur Mängelbeseitigung verbrauchten Geldbetrags verlangen könne. Mangels Gleichartigkeit des Vorteils könne der Nachunternehmer in diesem Fall im Wege des Zurückbehaltungsrechts gem. § 273 BGB durchsetzen, dass der Schadensersatz an den Hauptunternehmer in entsprechender Anwendung des § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung der aus der Vorschusszahlung folgenden Ansprüche des Hauptunternehmers gegen den Besteller auf Abrechnung sowie gegebenenfalls Rückzahlung zu leisten sei.
Gleiches gelte in Bezug auf den Anspruch auf Rückzahlung für den Fall, bei dem sich nach einer vom Besteller erteilten Abrechnung ergebe, dass der Vorschussbetrag ganz oder teilweise nicht zur Mängelbeseitigung verbraucht worden sei, und eine entsprechende Rückzahlung jedoch noch nicht erfolgt sei.
Den Hauptunternehmer treffe eine sekundäre Darlegungslast für die anspruchsmindernden Vorteile, die sich daraus ergäben, dass er an seinen Besteller einen Kostenvorschuss wegen der mangelhaften Werkleistung seines Nachunternehmers geleistet habe. Ihm obliege es deshalb insbesondere darzulegen, ob der Besteller bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Kostenvorschusses erteilt habe, und gegebenenfalls nähere Angaben zum Inhalt und Ergebnis der Abrechnung zu machen.
Praxisrelevanz
Die Entscheidung des BGH zeigt, dass es innerhalb einer werkvertraglichen Leistungskette bei der Bemessung des Schadensersatzes jeweils auf die tatsächlichen Kosten zur Mängelbeseitigung ankommt. In der Konsequenz kann es für einen Hauptunternehmer ratsam sein, in einem Prozess gegen seinen Nachunternehmer den Antrag auf Zahlung von Schadensersatz mit einem Feststellungsantrag zu verbinden, falls der von ihm gezahlte Kostenvorschuss an den Besteller nicht zur Mängelbeseitigung ausreicht. Daneben sollte auch die Möglichkeit bedacht werden, dass der Hauptunternehmer seinerseits auch zunächst einen Kostenvorschuss gegen den Nachunternehmer geltend macht, um damit die Mängel im Wege der Ersatzvornahme zu beseitigen.