Privates Baurecht

Verjährungshemmung eines Schadensersatzanspruches erstreckt sich auch auf einen Vorschussanspruch wegen des Mangels

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem aktuellen Urteil zu der Reichweite der Verjährungshemmung eines Schadensersatzanspruches wegen eines Werkmangels geäußert.

BGH, Urteil vom 19. November 2020 – VII ZR 193/19

Problemstellung

In dem Prozess begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines Restwerklohns aus einem gekündigten Bauvertrag. Dagegen wehrte sich die Beklagte und rechnete bereits in erster Instanz hilfsweise mit einem Schadensersatzanspruch wegen Mängeln an einem Glasdach auf. Diesen Anspruch machte sie als Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB geltend. Statt einer Behebung der Mängel durch die Klägerin wollte sie also finanziell entschädigt werden. Sie begehrte dabei Schadensersatz in der Höhe, die sie die Beseitigung der Mängel nach damaligem Stand gekostet hätte.

Erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt und mehrere Instanzen später entschied sich die Beklagte dann statt des genannten Schadensersatzanspruches die Mängel auch tatsächlich auf Kosten der Klägerin beseitigen lassen zu wollen. Hierzu forderte die Beklagte von der Klägerin einen Vorschuss zur Beseitigung der Mängel an dem Glasdach nach §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB. Hiergegen wendete die Klägerin unter anderem ein, dass ein solcher Anspruch bereits verjährt sei, da die Beklagte diesen erst zu spät geltend gemacht habe.

Grundsätzlich ist die Verjährung eines Anspruchs, der als Aufrechnung in einem Prozess geltend gemacht wird, nach § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB für die Zeit des Prozesses gehemmt und kann daher nicht ablaufen. Für die Entscheidung in der Sache war nun relevant, ob sich diese Hemmung der Verjährung des Schadensersatzanspruches auch auf den erst später geltend gemachten Vorschussanspruch aus dem gleichen Mangel bezieht. Die Klägerin wehrte sich dagegen, da der Vorschussanspruch unter anderem wegen gestiegener Baukosten höher war als der ursprünglich in Form der Aufrechnung geltend gemachte und direkt von der Hemmung der Verjährung erfasste Schadensersatzanspruch.

Entscheidung

Der BGH hat – insoweit zu Lasten der Klägerin als Bauunternehmerin – entschieden, dass die Beklagte zulässigerweise auf die Geltendmachung des höheren Vorschussanspruches wechseln konnte und dieser auch von der Verjährungshemmung erfasst war. Hierzu hat der BGH auf § 213 BGB verwiesen, nach dem sich eine Verjährungshemmung grundsätzlich auch auf andere wahlweise neben oder an Stelle des Erstanspruches bestehende Ansprüche aus demselben Grund bezieht. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Vorschussanspruch höher ist als der ursprünglich in Form der Aufrechnung geltend gemachte Anspruch. Entscheidend sei insoweit, dass beide Ansprüche aus dem gleichen Mangel resultierten und die Beklagte von vorne hinein ein Wahlrecht hatte, welchen der beiden Ansprüche sie geltend machen wolle. Der Schuldner sei nicht schutzbedürftig, da er durch die Hemmung hinsichtlich des einen Anspruchs hinreichend gewarnt sei und sich auf die Rechtsverfolgung des Gläubigers hinsichtlich der übrigen Ansprüche einstellen könne.

Praxisrelevanz

Aus dem Urteil lässt sich erkennen, wie weit die Wirkung des § 213 BGB greift. Aus Sicht des Bestellers bei einem Bauvertrag bedeutet dies, dass es in einem Prozess in Hinblick auf die Verjährungshemmung zunächst genügt, sich auf einen von alternativ bestehenden Ansprüchen aus einem Mangel zu berufen, ohne auch die übrigen Ansprüche durch zusätzliche Hilfsanträge vor der drohenden Verjährung bewahren zu müssen.

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