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Keine Unfallversicherung auf dem Weg in die Raucherpause

Ein Arbeitnehmer ist auf dem Weg in die Raucherpause nicht versichert in der gesetzlichen Unfallversicherung. Anders liegt der Fall, wenn ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Toilette einen Unfall erleidet.

(SG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.2015, S 4 U 1189/15)

Sachverhalt:

Eine Arbeitnehmerin erlitt während ihrer Arbeitsschicht als Monteurin einen Unfall, als ihr ein Kollege mit dem Gabelstapler über den Fuß fuhr. Zu dem Unfall kam es, als die Arbeitnehmerin am Unfalltag um 17:45 Uhr und damit 15 Minuten vor ihrer nächsten regulären Pause ihren Arbeitsplatz verließ. Nach der Unfallmeldung des Arbeitgebers, habe sich die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg nach Draußen begeben, um eine Zigarette zu rauchen. Nachdem der Unfallversicherungsträger das Vorliegen eines Arbeitsunfalls abgelehnt hatte, begründete die Klägerin ihren Widerspruch damit, dass sich der Unfall während eines Gangs zur Toilette ereignet habe. Sie habe gewusst, dass die Pause bevorstand und habe ihre Zigaretten bereits zur Toilette mitgenommen.

Mit ihrer Klage zum Sozialgericht begehrte die Arbeitnehmerin die Feststellung, dass es sich bei dem Unfall um einen Arbeitsunfall im Geltungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung handele.

Nach der gesetzlichen Definition sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Versichert ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach regelmäßig erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind.

Das Einlegen einer Zigarettenpause ist auch nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Karlsruhe grundsätzlich dem privaten Bereich zuzuordnen, weil es regelmäßig unabhängig von jeglicher betrieblicher Tätigkeit durchgeführt wird. Das hat bereits das Landessozialgericht NRW im Jahr 2003 genauso gesehen. Davon zu unterscheiden ist der Gang zur Toilette, weil der Versicherte durch die Anwesenheit auf der Betriebsstätte gezwungen ist, seine Notdurft an einem anderen Ort zu verrichten, als er dies von seinem häuslichen Bereich aus getan hätte. Zudem handele es sich bei der Toilettenpause anders als bei einer Zigarettenpause um eine regelmäßig unaufschiebbare Handlung, die der Fortsetzung der Arbeit direkt im Anschluss daran diene und somit auch im unmittelbaren Interesse des Arbeitgebers liege.

Die Feststellungslast für das Vorliegen einer Versichertentätigkeit liegt nach der Entscheidung des SG Karlsruhe bei der Arbeitnehmerin. Der vorliegende Falls sei zu unterscheiden von den Fällen, in denen grundsätzlich eine versicherte Tätigkeit vorliege und sich der Unfallversicherungsträger auf ein Abweichen hiervon berufe. Zwar gelte in sozialgerichtlichen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Dennoch sei auf die Grundsätze der objektiven Beweis- oder Feststellungslast zurückzugreifen, wenn sich entscheidungserhebliche Tatsachen nicht mehr feststellen lassen.

Ist nach dem Verlassen eines Arbeitsplatzes durch einen Versicherten und anschließendem Unfall streitig, ob ein Gang zur Raucherpause oder ein Gang zur Toilette beabsichtigt war, liegt nach der Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe die Feststellungslast für das Vorliegen des Wegs zu einer versicherten Toilettenpause bei der Arbeitnehmerin. Können Indizien nicht entkräftet werden, dass zunächst eine Raucherpause beabsichtigt war, ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen. Insoweit soll es nach der Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe unerheblich für das Ergebnis sein, wenn der zurückzulegende Weg zur Toilette und zu dem Raucherraum identisch ist und es naheliegt, dass nach der Raucherpause noch eine reguläre Pause verbracht oder eine Toilettenpause eingelegt werden sollte.

Bewertung der Entscheidung:

Mit seiner Entscheidung führt das SG Karlsruhe die bisherige sozialrechtliche Rechtsprechung fort.

Praxisfolgen:

Der Weg in die Raucherpause unterfällt nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies ist bereits im Rahmen der Angaben in der Unfallmeldung zu berücksichtigen.

 

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