Werkvertragsrecht

Zulässigkeit des formularmäßigen Ausschlusses der Einrede der Anfechtbarkeit

Bauunternehmen vereinbaren mit ihren Auftraggebern regelmäßig einen Gewährleistungseinbehalt. Danach gibt in der Regel der Unternehmer dem Auftraggeber in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der jeweiligen Auftragssumme eine Sicherheit für die Dauer der Gewährleistungszeit. In dem vorliegenden vom BGH entschiedenen Fall (BGH, Urteil vom 25.01.2022 – XI ZR 255/20) erfolgte dies durch einen durch Bankbürgschaft ablösbaren Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme. Die Klägerin erbrachte die mit der Beklagten vereinbarten Bauleistungen an einer Lüftungs- und Kälteanlage. Das Werk wurde Ende 2013 abgenommen. 2015 löste das Bauunternehmen den restlichen Werklohn durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft des hier beklagten Versicherers ab. Dabei akzeptierte dieser folgenden zwischen den Bauvertragsparteien formularmäßig vereinbarten teilweisen Einredeverzicht: „Auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß den §§ 770, 771 BGB wird verzichtet. Der Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gilt nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen des Hauptschuldners.“ Es kam dann im Jahre 2017 zu Mängeln, die Gewährleistungsansprüche von ca. 405.720,00 € auslösten. Die Auftraggeber wandten sich an den bürgenden Versicherer und verlangten die Zahlung der Bürgschaftssumme. Der Beklagte meinte, die zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin getroffene Sicherungsvereinbarung sei unwirksam, weil in der von der Hauptschuldnerin zu stellenden Gewährleistungsbürgschaft auf die Einrede der Anfechtbarkeit verzichtet werden müsse.

II. Entscheidung des BGH
Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass der formularmäßige Ausschluss der Einrede der Anfechtbarkeit im Bürgschaftsvertrag den Bürgen nicht unangemessen benachteilige.

Die zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin getroffene Sicherungsvereinbarung sei nicht deswegen gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil die Klägerin der Hauptschuldnerin formularmäßig vorgegeben hat, der Bürge habe in der von der Hauptschuldnerin zu stellenden Gewährleistungsbürgschaft u.a. auf die Einrede der Anfechtbarkeit nach § 770 Abs. 1 BGB zu verzichten. In diesem Verlangen der Klägerin liege keine entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung der Hauptschuldnerin. Bei Ausschluss der Einrede der Anfechtbarkeit fehle es schon an einem ins Gewicht fallenden Nachteil für den Bürgen. Die Anfechtbarkeit des Bauvertrags könne aufgrund von § 124 BGB nur bei arglistiger Täuschung zu einem Schwebezustand von maximal einem Jahr führen. Hier stehe aber unabhängig von vertraglichen Absprachen die Arglisteinrede aus §§ 768 Abs. 1 S. 1, 853 BGB als Schutz zur Verfügung. Im Übrigen könne nicht verhindert werden, dass der Hauptschuldner die Anfechtungsfrist verstreichen lasse.

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