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I./2020 Newsletter Arbeitsrecht

 

Eine nicht ordnungsgemäße Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten nach §18 Abs.1, Abs.2 LGG NW führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

LAG Hamm, Urteil vom 11.04.2019 – 11 Sa 1037/18 – justiz.nrw.de

 

Eine tarifliche Regelung, die für Nachtarbeiter außerhalb eines Schichtsystems einen Zuschlag von 50 % zum Stundenlohn vorsieht, während Nachtarbeit in Schichtarbeit mit einem Zuschlag von 15 % vergütet wird, ist wirksam.

ArbG Köln, 09.01.2020 – 11 Ca 5999/19 – juris

 

Eine Violinistin, die jeweils auf entsprechende Anfrage des Betreibers eines Orchesters und ihre entsprechende Zusage hin teils als Aushilfe in Vertretungsfällen und teils als Verstärkung bei größeren Produktionen in einem Orchester eingesetzt wird, ist nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig. Das gilt auch dann, wenn die Zusammenarbeit der Parteien über 20 Jahre angedauert und der Beschäftigungsumfang zuletzt circa 1/5 einer Vollzeitbeschäftigung erreicht hat.

LAG Baden-Württemberg, 10.01.2020 – 1 Sa 8/19, juris (Leitsatz)

 

Ein IT-Mitarbeiter ist verpflichtet, sensible Kundendaten zu schützen und darf diese nicht zu anderen Zwecken wie dem Aufdecken vermeintlicher Sicherheitslücken missbrauchen. Ein Verstoß gegen diese Pflichten rechtfertigt i.d.R. eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber.

ArbG Siegburg, 15.01.2020 – 3 Ca 1793/19 – juris

 

Der Betriebsrat hat keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber darauf, dass dieser die Fachkraft für Arbeitssicherheit zur detaillierten Aufschlüsselung der Aktivitäten (sog. Grundbetreuungs- sowie betriebsspezifische Betreuungszeiten) veranlasst, die nach Prozentwerten in einem Jahresbericht enthalten sind. Ein solcher Jahresbericht entspricht § 5 DGUV V02. Der Betriebsrat ist keine innerbetriebliche Aufsichtsbehörde, die die Aktivitäten der Fachkraft für Arbeitssicherheit im Einzelnen zu kontrollieren hätte. Ein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf detaillierte Aufschlüsselung sämtlicher Aktivitäten der Fachkraft für Arbeitssicherheit ergibt sich auch nicht aus § 9 ASiG und auch nicht aus §§ 89 Abs. 1 S. 1, § 80 Abs. 1 Ziff. 1, Ziff. 9, Abs. 2 S. 2 BetrVG. Das gilt insbesondere dann, wenn dem Betriebsrat weitere Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen wir bspw. der Arbeitsschutzausschuss nach § 22 ASiG. § 80 Abs. 2 S. 2 Halbsatz 1 BetrVG begründet einen Anspruch auf Vorlage von Unterlagen, nicht aber auf Herstellung vom Betriebsrat gewünschter Unterlagen.

LAG Baden-Württemberg, 18.01.2020 – 19 TaBV 2/19 – juris

 

Erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich eines Tarifvertrages, durch den nach § 117 Abs. 2 S. 1 BetrVG eine Vertretung errichtet ist, nur auf eine bestimmte Gruppe von im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmern, kann wegen der geltungsbereichsbezogenen Wirkung tariflicher Rechtsnormen zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen i.S.d. § 1 Abs. 1 TVG weder der Vertretung das Recht eingeräumt werden, eine Vereinbarung mit dem Angebot abzuschließen, die einen Sachverhalt gestaltet, der auch nicht vom Geltungsbereich erfasste Arbeitnehmer betrifft, noch kann der Arbeitgeber verpflichtet werden, den Abschluss einer solchen Vereinbarung zu versuchen.

BAG, 21.01.2020 – 1 AZR 149/19 (BAG-Pressemitteilung Nr. 2/20)

 

Die Verweisung in den für ein Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifverträgen auf die Satzung der VBL zur Regelung von Inhalt und Umfang der betrieblichen Altersversorgung ist rechtlich zulässig.

BAG, 21.01.2020 – 3 AZR 73/19 – BAG Pressemitteilung Nr. 3/20

 

Nachdem der Betriebsrat seine Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung des Klägers als Betriebsratsmitglied erteilt hatte, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Beklagte wirft dem Kläger im Zusammenhang mit einem Personalgespräch, zu dem er nicht ohne Begleitung einer Bestimmung, damals aber arbeitsunfähig erkrankten Betriebsrätin erscheinen wollte, die Personalleiterin beschimpft und bedroht zu haben („Ich mach‘ Sie fertig. Sie sind sehr mutig, dass Sie sich mit mir anlegen“). Hintergrund des Personalgesprächs war der Vorwurf, der Kläger habe sich unberechtigt im Bereich der Damenumkleiden aufgehalten und trotz Aufforderung nicht entfernt. Wenig später soll der Kläger einem Arbeitskollegen ebenfalls gedroht haben („Sie krieg‘ ich auch noch“). Nachdem das Arbeitsgericht vier Zeugen gehört und danach den Beklagtenvortrag als erwiesen angesehen hat, hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Berufung rückt der Kläger insbesondere die Betriebsratsanhörung als fehlerhaft und greift die Glaubwürdigkeit der Zeugen an.
Das Landesarbeitsgericht hat das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist. Die streitige Äußerung des Klägers gegenüber der Personalleiterin reicht ohne vorherige Abmahnung nicht für eine außerordentliche Kündigung aus. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Berufung zurückgewiesen. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht danach derzeit nicht, weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit noch einmal außerordentlich gekündigt hat und die Kündigung nicht offensichtlich unwirksam ist. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht hat die Kammer nicht zugelassen.

LAG Baden-Württemberg, 21.01.2020 – 8 Sa 30/19 – Pressestelle@lag.justiz.bwl.de

 

Hat ein behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannter Arbeitnehmer die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen beantragt und dies dem Arbeitgeber mitgeteilt, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung von der beabsichtigten Umsetzung dieses Arbeitnehmers zu unterrichten und sie hierzu anzuhören, wenn über den Gleichstellungsantrag noch nicht entschieden ist. Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Diese Regelung gilt gem. § 151 Abs. 1 SGB IX für Schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen. Die Beteiligungspflicht bei Umsetzung besteht demnach nicht, wenn die Umsetzung einen behinderten Arbeitnehmer betrifft, der einen Antrag auf Gleichstellung gestellt hat, über den noch nicht entschieden ist. Die Gleichstellung erfolgt erst durch die konstitutiv wirkende Feststellung der Bundesagentur für Arbeit. Erst ab diesem Zeitpunkt besteht das Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bei der Umsetzung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Zwar wirkt die Gleichstellung nach § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auf den Tag des Eingangs des Antrags zurück. Dies begründet jedoch nicht die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Schwerbehindertenvertretung vor der Entscheidung über den Gleichstellungsantrag vorsorglich über eine Umsetzung zu unterrichten und zu dieser anzuhören. Das ist mit den Vorgaben des Unionsrechts und der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar.

BAG, 22.01.2020 – 7 ABR 18/18 – BAG Pressemitteilung Nr. 4/20

 

Ein Mitarbeiter eines agilen Projekt-Teams, das nach der Scrum-Methode arbeitet hat nicht deshalb einen Anspruch auf einen bestimmten Zeugniswortlaut einschließlich einer bestimmten Bewertung, weil der Arbeitgeber einem anderen Team-Mitglied ein entsprechendes Zeugnis erteilt hat.

ArbG Lübeck, 22.01.2020 – 4 Ca 2222/19 – juris

 

Geht dem öffentlichen Arbeitgeber die Bewerbung einer fachlich nicht offensichtlich ungeeigneten Schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zu, muss er diese nach § 82 Satz 2 SGB IX a.F. zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Unterlässt er dies, ist er dem/ der erfolglosen Bewerber/in allerdings nicht bereits aus diesem Grund zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verpflichtet. Das Unterlassen einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ist lediglich ein Indiz i.S.v. § 22 AGG, dass die Vermutung begründet, dass der/ die Bewerber/in wegen seiner/ ihrer Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung nicht eingestellt wurde. Diese Vermutung kann der Arbeitgeber nach § 22 AGG etwa dadurch widerlegen, dass er vorträgt und ggf. beweist, dass ihm trotz der Bewerbung ausnahmsweise eine tatsächliche Kenntnisnahme dieser Bewerbung nicht möglich war.

BAG, 23.01.2020 – 8 AZR 484/18- BAG Pressemitteilung Nr. 5/20

 

Der Arbeitgeber hat zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Erteilt er jedoch Auskünfte, ohne hierzu verpflichtet zu sein, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet der Arbeitgeber für Schäden, die der Arbeitnehmer aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleidet.

BAG, 18.02.2020 – 3 AZR 206/18 – BAG Pressemitteilung Nr. 8/20

 

Eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG, die entweder nicht mit den nach § 17 Abs. 2 S. 4 KSchG zwingend erforderlichen Angaben versehen ist oder die bei der örtlich unzuständigen Agentur für Arbeit eingereicht wird, bewirkt die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung nach § 17 Abs. 1 KSchG, § 134 BGB. Die nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG zwingend erforderlichen Angaben müssen auch die dem jeweiligen Betrieb zugeordneten Arbeitnehmer erfassen. Außerdem ist sie bei der Agentur für Arbeit zu erstatten, in deren Bezirk die Auswirkungen der Massenentlassung auftreten.

BAG, 27.02.2020 – 8 AZR 215/19 – BAG Pressemitteilung Nr. 11/20

 

Regelungen in einer Betriebsvereinbarung, welche die vergütungspflichtigen Fahrtzeiten eines Außendienstmitarbeiters verkürzen, sind wegen Verstoßes gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam, wenn die betreffenden Zeiten nach den Bestimmungen des einschlägigen Tarifvertrags uneingeschränkt der entgeltpflichtigen Arbeitszeit zuzurechnen und mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten.

BAG, 18.03.2020 – 5 AZR 36/19 – BAG Pressemitteilung Nr. 12/20

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