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I./2021 Newsletter Arbeitsrecht

Eine Stellenanzeige, die eine Tätigkeit bei der Arbeitgeberin in einem Arbeitsteam „anbietet“, das als „junges, hochmotiviertes Team“ bezeichnet wird, beinhaltet nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg eine Diskriminierung wegen Alters nach dem AGG. Eine Arbeitgeberin hatte in einer Stellenanzeige darauf hingewiesen, „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeiter in einem jungen, hochmotivierten Team“ zu suchen. Ein 61-jähirger Kläger hatte sich vergeblich mit einer 18-seitigen Bewerbung, in der er seinen Werdegang darlegte und Zertifikate überreichte, um diese Stelle beworben. Er sah sich durch die Formulierung „junges, hochmotiviertes Team“ wegen seines Alters diskriminiert und klagte auf eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern. Er argumentierte, dass bereits die Stellenanzeige vermuten lasse, dass er wegen seines Alters nicht eingestellt worden sei. Die Formulierung in der Stellenanzeige, wonach den Bewerbern ein „junges, hochmotiviertes Team“ geboten werde, bewirke eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG. Das Arbeitsgericht gab ihm Recht. Begriffe wie „jung“ und „hochmotiviert“ würden Eigenschaften beschreiben, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben würden. Der Begriff „hochmotiviert“ sei zudem vergleichbar mit dem Begriff „dynamisch“. Dadurch werde die Botschaft vermittelt, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hochmotiviert sind. Zudem könne die Formulierung so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer sucht, der in das Team passt, weil er ebenfalls jung und hochmotiviert ist, wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. Deshalb bestehe ein Anspruch auf eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Da der Kläger nicht dargelegt habe, dass er ohne diese Benachteiligung die Stelle bekommen hätte, bekomme er nicht drei, sondern nur zwei Monatsgehälter als Entschädigung.
LArbG Nürnberg, Urteil vom 05.01.2021 – 2 Sa 1/20 – juris.

Eine Unterlassungsverfügung zur Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus §§ 111, 112 BetrVG auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung über eine geplante Betriebsänderung kommt gem. § 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 935, 940, 938 Abs. 1, 2 ZPO schon aus europarechtlichen Gründen grundsätzlich in Betracht.

Ist das Bestehen des Beteiligungsrechts ungewiss und führt schon seine bloße Sicherung zu Rechtsbeeinträchtigungen des Anspruchsgegners, erfordert der Erlass einer Sicherungsverfügung über die bloße Gefahr des Untergangs des Beteiligungsrechts hinaus einen besonderen Verfügungsgrund. Dieser muss von solchem Gewicht sein, dass er die erst im Hauptsacheverfahren endgültig zu klärende Ungewissheit ükber den Verfügungsanspruch kompensieren kann.
LArbG Düsseldorf, 06.01.2021 – 4 TaBV Ga 6/20 – juris.

Die Entwendung von Desinfektionsmittel und einer Handtuchrolle kann – ohne vorherige Abmahnung – auch eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
LArbG Düsseldorf, 14.01.2021 – 5 Sa 483/20 – (Pressemitteilung LArbG Düsseldorf v. 14.01.2021)

Die beklagte Arbeitgeberin hatte der als Abteilungsleiterin beschäftigten Mitarbeiterin eine Auskunft nach §§ 10 ff. EntgTranspG erteilt, aus der u.a. das Vergleichsentgelt der bei ihr beschäftigten männlichen Abteilungsleiter hervorging. Der nach den Vorgaben von § 11 Abs. 3 EntgTranspG als „auf vollzeitequivalente hochgerechnete statistische Median“ des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage lag sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Klägerin. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht ist das Bundesarbeitsgericht der Auffassung, dass bereits der Umstand, dass das Entgelt der weiblichen Mitarbeiterin geringer ist als das vom Arbeitgeber nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt der männlichen Vergleichspersonen regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung begründet, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist.
BAG, Urteil vom 21.01.2021 – 8 AZR 448/19 – (BAG-Pressemitteilung Nr. 1/21)

Die Verknüpfung der Zahlung eines Teils der Sozialplanabfindung mit einem Verzicht auf Kündigungsschutzklage (sog. Klageverzichtsprämie) ist zweckwidrig und daher unwirksam. Dies gilt auch, wenn die Klageverzichtsprämie in einer eigenen Betriebsvereinbarung geregelt, die Prämie aber aus dem Sozialplanvolumen finanziert ist. In einem solchen Fall können Sozialplan und Betriebsvereinbarung als Einheit zu betrachten sein mit der Folge, dass nicht die Betriebsvereinbarung insgesamt unwirksam ist, sondern die Klageverzichtsprämie, die im Sozialplan vorgesehene Abfindung erhöht ggf. unter Berücksichtigung etwaiger Kappungsgrenzen.
LArbG Nürnberg, 21.01.2021 – 4 Sa 217/20 – juris

Bei der Ausgestaltung eines pandemiebedingten Konzepts, mit dem der Besucherverkehr im Unternehmen geregelt werden soll, hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen.
LArbG Köln, 22.01.2021 – 9 TaBV 58/20 (Pressemitteilung LArbG Köln Nr. 1/2021)

Eine Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung muss, um nicht unangemessen benachteiligend i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB zu sein, deshalb u.a. vorsehen, dass die Rückzahlungsverpflichtung auch dann entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis aus nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden personenbedingten Gründen, die bis zum Ablauf der Bleibedauer anhalten, vom Arbeitnehmer durch Ausspruch einer Kündigung oder aufgrund einer aus diesen Gründen geschlossenen Auflösungsvereinbarung beendet wird.
LArbG Hamm, 29.01.2021 – 1 Sa 954/20 – juris

Dem klagenden Arbeitnehmer stehen Ansprüche auf Zahlung einer billigen Entschädigung in Geld unter dem Gesichtspunkt „Mobbing“ nicht zu, sofern sich weder die der Beklagten vorgeworfenen Verhaltensweisen – jede für sich gesehen – als inadäquat darstellen noch eine Gesamtschau aller einzubeziehenden Verhaltensweisenden Schluss darauf zulassen, sie bewirkten aufgrund der ihnen zugrundeliegenden Systematik und Zielrichtung eine Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers.
LArbG Hamm, 12.02.2021 – 1 Sa 1220/20 – juris

Die Arbeitgeberin kann trotz bereits erteilter Zustimmung und trotz unveränderter Tätigkeit und unverändertem Entgeltschema die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin erneut zum Gegenstand eines Zustimmungsersuchen i.S.v. § 99 Abs. 1 Be-trVG machen. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine Maßnahme i.S.V. § 99 Abs. 1 Be-trVG gegeben ist, die Anlass geben kann, die Eingruppierung erneut zu überprüfen, wie z.B. die unbefristete Fortführung eines bislang befristeten Arbeitsverhältnisses.
LArbG Düsseldorf, 20.02.2021 – 12 TaBV 38/20 – juris

Ein Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht des § 17 Abs. 3 S. 1 KSchG führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
LArbG Niedersachsen, 24.02.2021 – 17 Sa 890/20 – juris

Wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das entscheidende Gericht die im Prozess getätigten Ausführungen der Prozessbevollmächtigten nicht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat, kann darin die Verletzung des Gebotes des rechtlichen Gehörs durch das Gericht zu erblicken sein. Im Einzelfall müssen besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Prozessbeteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden sind. Geht z.B. das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war.
BAG, Beschluss vom 24.02.2021 – 4 AZN 897/20 – juris

Da während der Kurzarbeit Null die beiderseitigen Leistungspflichten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses aufgehoben sind, ist der Urlaub für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null um 1/12 zu kürzen. Für den Zeitraum der Kurzarbeit Null erwirbt der Arbeitnehmer keine Urlaubsansprüche gem. § 3 BUrlG.
LArbG Düsseldorf, 12.03.2021 – 6 Sa 824/20 – juris

Das LAG Frankfurt hat entschieden, dass ein Fahrradlieferant von seinem Arbeitgeber verlangen kann, dass ihm für Einsätze ein Fahrrad und ein Smartphone zur Verfügung gestellt werden.
Hessisches LArbG. 12.03.2021 – 14 Sa 306/20 – juris

Soweit dringende betriebliche Erfordernisse nicht entgegenstehen kommt die Erteilung von Erholungsurlaub auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung in Betracht, wenn der Arbeitnehmer wegen der bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Möglichkeit mehr hat, den Urlaub in Natur zu nehmen.
ArbG Rheine, 17.03.2021 – 3 Ga 3/21

Eine Versorgungsregelung kann wirksam vorsehen, dass bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Dienstzeiten im Rahmen der Berechnung des Altersruhegelds die Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung lediglich anteilig berücksichtigt werden. Ebenso kann eine Versorgungsregelung vorsehen, dass eine Höchstgrenze eines Altersruhegelds bei in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern entsprechend dem Teilzeitgrad während des Arbeitsverhältnisses gekürzt wird. Diese Regelung stellen keine unzulässige Diskriminierung wegen der Teilzeitarbeit im Sinne von § 4 Abs. 1 TzBfG dar.
BAG, 23.03.2021 – 3 AZR 24/20 (BAG-Pressemitteilung Nr. 5/21)

Ob ärztlicher Hintergrunddienst nach § 9 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätsklinken (TV-Ärzte/TdL) zu vergütende Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst ist, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine Vorgabe insbesondere hinsichtlich der Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit zwingt, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten und damit eine faktische Aufenthaltsbeschränkung vorgibt. Das gilt auch, wenn der ärztliche Hintergrund-dienst mit einer Telefonbereitschaft verbunden ist.
BAG, 25.03.2021 – 6 AZR 264/20 (BAG-Pressemitteilung Nr. 6/21)

Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte und gezahlte Vergütung erbringen muss. Ein nicht ausgeglichenes Arbeitszeitkonto weist bei einer verstetigten Arbeitsvergütung, je nach Stand, Vorleistungen der einen oder der anderen Seite aus. Es gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder und drückt damit – in anderer Form – seinen Vergütungsanspruch aus. Der Vergütungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus § 611 Abs. 1 BGB. Eines Rückgriffs auf § 612 BGB bedarf es nicht. Der Arbeitnehmer, der im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung tätig wird, erbringt seine Arbeitsleistung zur Erfüllung des Anspruchs des Arbeitgebers aus § 611 Abs. 1 S. 1 1. HS BGB. Dass erbrachte Arbeitsleistungen zu vergüten sind, bedarf daher – auch im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – keiner zusätzlichen Rechtsgrundlage. Eingriffe in das Eigentum sind – selbst auf der Grundlage von Tarifverträgen – nur unter äußerst engen Bedingungen zulässig. Wenn diese nicht vorliegen, ist die Regelung mit Art. 14 Abs. 1 GG nicht vereinbar, sobald sie dazu führt, dass ein Arbeitnehmer bei Aus-scheiden aus dem Arbeitsverhältnis seinen Anspruch auf Vergütung für bereits er-brachte Arbeitsleistung verliert.
LArbG Hamburg, 29.03.2021 – 8 Sa 60/20 – juris

Das An- und Ablegen einer auf Weisung des Arbeitgebers während der Tätigkeit als Wachpolizist zu tragenden Uniform und persönlichen Schutzausrüstung nebst Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer die dienstlich zur Verfügung gestellten Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht nutzt, sondern sich im privaten Bereich umkleidet und rüstet. Ebenfalls nicht vergütungspflichtig ist die für das Zurücklegen des Weges zur Arbeit von der Wohnung zum Einsatzort und zurück aufgewandte Zeit, denn der Arbeitsweg zählt zur privaten Lebensführung.
BAG, 31.03.2021 – 5 AZR 292/20 (BAG-Pressemitteilung Nr. 7/21)

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