Einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er die Fortbildung nicht beendet, sind grundsätzlich zulässig. Sie benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen.
Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe dafür zu betrachten. Es müssen jedenfalls praktisch relevante Fallkonstellationen, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre des Arbeitnehmers liegen, an der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden.
Die vom Arbeitgeber (mit)verantwortete Kündigung des Arbeitnehmers stellt im Arbeitsleben keinen so seltenen und fernliegenden Tatbestand dar, dass sie nicht gesondert erwähnt werden müsste.
BAG, 25.04.2023 – 9 AZR 187/22 – juris
Eine Wahlnichtigkeit kann auch gegeben sein, wenn ein willkürliches und manipuliertes Verhalten des Wahlvorstandes festzustellen ist, dass allerdings in seinem Ausmaß dann die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Voraussetzung der Wahlnichtigkeit erfüllen muss.
Allein der Verstoß des Wahlvorstandes gegen die unverzügliche Prüfungspflicht einer Vorschlagsliste (§ 7 Abs. 2 S. 2 BetrVGDV 1 WO) führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl, da diese als solche durchgeführt wird, allerdings unter Ausschluss der beanstandeten Liste. Ein solcher Pflichtenverstoß führt zur Anfechtbarkeit der Wahl im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG
LArbG Hamm, 25.04.2023 – 7 TaBV 167/22 – juris
Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung schon dann „unter Angabe von Gründen“ im Sinne von § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG, wenn es als möglich erscheinen, dass mit seiner schriftlich gegebenen Begründung einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Verweigerungsgründe geltend gemacht wird.
Soweit der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung auf einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG stützen will, muss er den Inhalt der Rechtsvorschriften, gegen die der Arbeitgeber seiner Ansicht nach mit der personellen Einzelmaßnahme verstoßen soll, zumindest andeuten. Einer ausdrücklichen Benennung der Vorschriften oder des gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes bedarf es im Rahmen von § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG ebenso wenig wie der Schlüssigkeit der Zustimmungsverweigerung.
Es ist dem Arbeitgeber nicht verwehrt, im Einzelfall mit dem Arbeitnehmer eine außertarifliche Vergütung zu vereinbaren, die die in einer Betriebsvereinbarung für die betreffende außertarifliche Funktionsgruppe vorgesehene Gehaltsbandbreite übersteigt. Die zwingende Wirkung der Betriebsvereinbarung wird insoweit durchbrochen.
Auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich nicht auf arbeitsvertragliche Individualabreden zur Entgelthöhe. Daher sind die Betriebspartner nicht befugt, dem Arbeitgeber im Einzelfall die Vereinbarung einer höheren Vergütung mit dem Arbeitnehmer zu untersagen oder eine solche von der Zustimmung des Betriebsrates abhängig zu machen.
LArbG Rheinland-Pfalz, 02.05.2023 – 8 TaBV 17/22 – juris
Der Arbeitgeber kann den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und im Bestreitensfall beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben mit der Folge, dass der ärztlichen Bescheinigung kein Beweiswert mehr zukommt. Die den Beweiswert erschütternde Tatsachen können sich auch aus dem eigenen Sachvortrag des Arbeitnehmers oder aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst ergeben.
Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage der Bescheinigung bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen.
LArbG Schleswig-Holstein, 02.05.2023 – 2 Sa 203/22 – juris
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rückzahlung von Studienkosten in jedem Fall einer ohne wichtigen Grund ausgesprochenen Eigenkündigung vorsieht, ohne solche Kündigungen des Arbeitnehmers auszunehmen, zu der er durch Gründe in der Sphäre des Arbeitgebers veranlasst oder mitveranlasst wird, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen.
LArbG Rheinland-Pfalz, 03.05.2023 – 7 Sa 259/22 – juris
Stellt ein Arbeitgeber mit der Erteilung und Zuleitung einer Lohnabrechnung die in der Lohnabrechnung ausgewiesenen Forderung streitlos, bedarf es einer – weiteren – Geltendmachung auf der ersten Stufe einer zweistufigen Ausschlussfristenregelung auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Forderung später bestreitet.
Eine Lohnabrechnung, sofern sie abweichend von § 108 Abs. 1 S. 1 GewO nicht bei Zahlung des Arbeitsentgelts, sondern vorher erteilt wurde, hindert den Arbeitgeber nicht, Gegenansprüche zu erheben oder aus anderen Gründen die Zahlung zu verweigern.
Einer alsbaldigen gerichtlichen Geltendmachung unter Wahrung einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist bedarf es nicht, wenn der Arbeitgeber die Forderung unstreitig stellt, indem er mit einer Aufrechnung gegenüber der Lohnforderung – zusätzlich zur Erteilung der Lohnabrechnung – diese in ihrer Entstehung nochmals bekräftigt. Mit der Aufrechnung berühmt er sich lediglich, diese zum Erlöschen gebracht zu haben
BAG, 03.05.2023 – 5 AZR 268/22 – juris
Die Einräumung des Rechts für eine Partei eines Arbeitsvertrages mit einer bestimmten Ankündigungsfrist vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden zu können, stellt ein § 12 S. 1 KSchG vergleichbares Sonderkündigungsrecht dar, welches in einem Abwicklungsvertrag eingeräumt werden kann, dessen Ausübung jedoch dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB unterfällt.
Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen (§ 126a BGB). Eine solche Ersetzung ist jedoch nur möglich, wenn die elektronische Form nicht durch Gesetz ausgeschlossen ist.
Für Kündigungen ist gemäß § 623 2. Hs. BGB der Ausschluss der elektronischen Form normiert. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig zu verstehen gegeben, dass das Schriftformerfordernis konstitutiv ist, die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch elektronische Form nicht in Betracht kommt.
Die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts sind von denen des Prozessrechts strikt zu unterscheiden. Sie können wegen der Eigenständigkeit des Prozessrechts weder unmittelbar noch mittelbar auf Prozesshandlungen angewendet werden. Die Möglichkeit der Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur und Übermittlung durch das besondere Anwaltspostfach dient der Vereinfachung und der Beschleunigung gerichtlicher Verfahren, verfolgt damit eine andere Ziel- und Zweckrichtung als die Formvorschriften des BGB. Es bedarf keiner Übertragung des für das Prozessrecht vorgesehenen Beschleunigungs- und Vereinfachungseffekts auf den Ausspruch von Kündigungen für Arbeitsverhältnisse.
LArbG Mecklenburg-Vorpommern, 09.05.2023 – 2 Sa 146/22 – juris
Endgehaltsbezogene Leistungen werden im Betriebsübergang nicht eingefroren oder festgeschrieben. Der Erwerber tritt nicht in die Zusage ein, „wie sie steht und liegt“, sondern so, wie sie zugesagt ist.
BAG, 09.05.2023 – 3 AZR 174/22 – juris
Die Veränderung einer Teamzuordnung kann in größeren Betrieben mit Abteilungen und weiteren Unterbereichen eine mitbestimmungspflichtige Versetzung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG darstellen.
Dies ist dann der Fall, wenn nach dem Wechsel in der neuen organisatorischen Einheit ein spürbar anderes „Arbeitsregime“ gilt.
Thüringer Landesarbeitsgericht, 09.05.2023 – 1 TaBV 5/22- juris
Endgehaltsbezogene Leistungen werden im Betriebsübergang nicht eingefroren oder festgeschrieben. Der Erwerber tritt nicht in die Zusage ein, „wie sie steht und liegt“, sondern so, wie sie zugesagt ist.
BAG, 09.05.2023 – 3 AZR 174/22 – juris
Eine arbeitsvertragliche Regelung, wonach sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAD-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen bestimmt, ist als eine Gleichstellungsabrede anzunehmen, weshalb nach Wegfall der Tarifgebundenheit (Verbandsaustritt) des Arbeitgebers die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt des Austritts anzuwenden sind.
LArbG Sachsen-Anhalt, 10.05.2023 – 5 Sa 367/21 – juris
Weiß ein Arbeitgeber, dass ein befristet eingestellter Arbeitnehmer während der gesamten Vertragsdauer arbeitsunfähig sein wird, kann er die Befristung nicht mit dem Sachgrund der Vertretung rechtfertigen.
LArbG Niedersachsen, 11.05.2023 – 5 Sa 27/23 – juris
Die Zuordnung der von einem Betriebsteilübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse zu dem übergehenden Betriebsteil erfolgt entweder vor dem Übergang noch rückblickend nach einem solchen gemäß den Grundsätzen der sozialen Auswahl. Sowohl die Richtlinie 2001/23/EG als auch § 613a BGB gewähren nur die Kontinuität der bereits zugeordneten Arbeitsverhältnisse.
BAG 11.05.2023 – 6 AZR 267/22 – juris
Der Gesetzgeber hat in den §§ 488 ff. BGB abschließende Regelungen zum Darlehensvertrag geschlossen. Dies schließt sowohl das verzinsliche (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB) als auch das unverzinsliche Darlehen ein (vgl. § 488 Abs. 3 S. 3 BGB). Der Gesetzgeber hat sowohl ein ordentliches als auch ein außerordentliches Kündigungsrecht für Darlehensverträge geregelt (§§ 489 f., 498 ff. BGB) als auch die Vorschriften der § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) und § 314 BGB (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund) für anwendbar erklärt (vgl. § 490 Abs. 3 BGB). Unter Berücksichtigung dieser umfangreichen gesetzlichen Regelungssystematik bestehen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke für die Konstellation, dass der Darlehensgeber nach Gewährung eines unverzinslichen Darlehens bedürftig wird. Dieser Fall ist vielmehr von den insoweit abschließenden Regelungen der §§ 488 ff. BGB (iVm. §§ 313, 314 BGB) umfasst.
Hessisches LArbG, 22.05.2023 – 17 Sa 644/22 – juris
Verschafft sich ein Arbeitnehmer wiederholt unberechtigten Zugang zum Betrieb unter Verwendung eines gefälschten Impfnachweises, um die Zutrittsbeschränkung des § 28b Abs. 1 IfSG idF. ab 24.11.2021 zu entgehen (sog. 3G-Regelung), liegt darin eine gravierende Pflichtverletzung, die grundsätzlich eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann.
LArbG Rheinland-Pfalz, 23.05.2023 – 8 Sa 310/22 – juris
Krankheit iSd. Gesetzes ist jeder regelwidrige Körper- und Geisteszustand. Wer kaum sprechen kann, ständig weint, nach Luft schnappt und Atemprobleme hat ist krank im oben genannten Sinne und kann keine Büroarbeiten erbringen – eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit liegt vor. Nicht erforderlich ist, dass eine bestimmte Diagnose gestellt wird. Das Gericht stellt lediglich fest, dass der Zustand des Arbeitnehmers vom regelgerechten körperlichen Zustand abweicht oder abgewichen ist.
Der Wunsch des Arbeitnehmers, aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, steht auch nicht entgegen, sondern korrespondiert mit diesem, weil nach den Behauptungen der Arbeitnehmerin die Umstände der Arbeit (personelle Unterbesetzung) gerade zur Verschlimmerung der Krankheit geführt haben. Stehen die gesundheitlichen Probleme im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, steht das Wiedererlangen der Arbeitsfähigkeit mit Antritt eines neuen Arbeitsverhältnisses der Überzeugungskraft des Gerichts iSd. § 286 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf die vormalige Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen.
Thüringer LArbG, 31.05.2023 – 4 Sa 1131/19 – juris
1.
Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Im Falle einer ordentlichen Kündigung genügt regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist.
2.
Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes findet nur auf in Deutschland gelegene Betriebe Anwendung. Das gilt im Grundsatz auch für Luftverkehrsbetriebe iSd. § 24 Abs. 2 KSchG. Dabei kommt es nicht auf das Vorhandensein betrieblicher Organisationsstrukturen im Inland an. § 24 Abs. 2 KSchG fordert als Anknüpfungspunkt für den betrieblichen Geltungsbereich des KSchG eine Belegenheit der dort genannten Luftfahrzeuge im Inland. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist deren Stationierung an inländischen Flughafen.
3.
Eine Stilllegung des Betriebs iSv. § 24 Abs. 2 KSchG liegt nicht erst dann vor, wenn die Fluggesellschaft ihre auf inländischen Flughäfen und ihre im Ausland stationierten Luftfahrzeuge stillgelegt hat.
4.
Die Übernahme einzelner Flugzeuge durch einen Erwerber stellt keinen Betriebsübergang dar. Bei den Flugzeugen handelt es sich nicht um Betriebsteile, sondern um Betriebsmittel.
5.
Eine ausschließlich per Telefax bei der Agentur für Arbeit eingegangene Massenentlassungsanzeige erfüllt das „Schriftlichkeitserfordernis“ des § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG und des Art. 3. Abs. 1 MERL (juris: EGRL 59/98).
6.
Es ist unbeachtlich, wenn bei der Nennung der in der Regel beschäftigten ein Arbeitnehmer unberücksichtigt geblieben oder bei einem Arbeitnehmer eine falsche Berufsgruppe angegeben worden ist. Bei 163 genannten Beschäftigten handelt es sich um eine marginale Abweichung, die keinen Einfluss auf die Tätigkeit der Agentur für Arbeit hat.
7.
Eine konkludente Vereinbarung über die Anrechnung von Beschäftigungszeiten oder einen Verzicht auf die Wartezeit ist zwar möglich, jedoch bedarf es hierfür besonderer Anhaltspunkte.
BAG, 01.06.2023 – 2 AZR 150/22 –
Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs bedarf es einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers. Die Freistellungserklärung ist nur geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen muss, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht freistellen will. Ein Einverständnis des Arbeitnehmers mit dem Bezug von Kurzarbeitergeld ersetzt regelmäßig nicht die vorherige Gewährung von Urlaub.
Der Arbeitgeber kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Ein Angebot der Arbeitsleistung kann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Arbeitgeber auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt, insbesondere er durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet hat
LArbG Mecklenburg-Vorpommern, 06.06.2023 – 5 Sa 173/22 – juris
Ein Betriebsrentner erfüllt nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung. Die in § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung vorgenom-meine Bestimmung des anspruchsberechtigten Personenkreises verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Die hier maßgebliche Versorgungsordnung fingiert nicht das für § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung erforderliche Arbeitsverhältnis.
Die Corona-Sonderzahlung war nicht bei der in der Versorgungsordnung versprochenen dynamischen Neubesetzung der Betriebsrentner zu berücksichtigen. Bezugsobjekt der diesbezüglichen Bestimmung der Versorgungsordnung sind nur die genannten Versorgungsbezüge. Zu diesen gehörte die Corona-Sonderzahlung nicht. Soweit ggfs. die Tarifvertragsparteien aufgrund der Corona-Sonderzahlung eine geringere – bzw. zeitweise ausfallende – lineare Erhöhung der Tabellenentgelte im Gesamtpaket der Tarifrunde vereinbart haben, ändert dies nichts
LArbG Düsseldorf, 07.06.2023 – 12 Sa 297/23 – juris
Die Pflichten eines Datenschutzbeauftragten sind mit denen eines Betriebsratsvorsitzenden nicht zu vereinbaren. Der bei gleichzeitiger Wahrnehmung beider Funktionen bestehende Interessenkonflikt rechtfertigt es, die Bestellung des Betriebsratsvorsitzenden zum Datenschutzbeauftragten zu widerrufen.
BAG, 09.06.2023 – 9 AZR 383/19 – juris
Ein nach § 38 BetrVG freigestelltes Betriebsratsmitglied hat nur dann Anspruch auf Zuschläge wegen Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit sowie auf eine Rufbereitschaftspauschale, wenn er die Bereitschaftsarbeit auch unter den erschwerten Bedingungen erbringt.
Führt er die Betriebsratstätigkeiten hingegen ausschließlich zu üblichen Bürozeiten von montags bis freitags aus, stehen ihm die Zulagen nicht zu, auch wenn er vor der Freistellung entsprechend gearbeitet und Zuschläge erhalten hat.
LArbG Frankfurt, 13.06.2023 – 12 Sa 1294/92 – juris
Eine fristlose, betriebsbedingte Kündigung ist auch dann unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber seine geschäftlichen Beziehungen ins Ausland aufgrund einer politischen Entscheidung aktuell nicht mehr aufrechterhalten darf.
LArbG Köln, 13.06.2023 – 4 Sa 17/23 – juris
Hat der Arbeitnehmer einen Titel erstritten, nachdem er mit bestimmten dort benannten Tätigkeiten zu beschäftigen ist, so ist das Prozessgericht im Vollstreckungsverfahren daran gebunden. Der Arbeitgeber kann nicht einwenden, dass der Beschäftigungstitel sachlich und zutreffend sei.
Auch nach der Existenz eines Beschäftigungstitels bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, sein Weisungsrecht nach § 106 GewO auszuüben. Führt dies dazu, dass der Arbeitnehmer mit anderen als in dem Titel benannten Tätigkeiten beschäftigt wird, so ist es Sache des Arbeitgebers, diese neue Weisung in einem neuen Erkenntnisverfahren, ggf. nach § 767 ZPO überprüfen zu lassen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Geltung der veränderten Arbeitsbedingungen, also die Wirksamkeit der neuen Weisung – was selten der Fall sein wird – zwischen den Parteien unstreitig oder offenkundig ist.
Unmöglichkeit der Beschäftigung des Arbeitnehmers liegt noch nicht dann vor, wenn der Arbeitgeber zwar eine Organisationsmaßnahme getroffen hat, dieser aber durch Ausübung des Weisungsrechts auch wieder rückgängig machen kann.
LArbG Frankfurt, 20.06.2023 – 10 Ta 24/23 – juris
Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet, ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
BAG, 20.06.2023 – 1 AZR 265/22 – (BAG-Pressemitteilung Nr. 29/32)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören zu den rechtlichen Folgen iSd. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB, über die unterrichtet werden muss, zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang als solchen ergebenden Rechtsfolgen. Dies erfordert einen Hinweis auf den Eintritt des Unternehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 S. 1 BGB), auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613a Abs. 2 BGB und grundsätzlich auch auf die kündigungsrechtliche Situation. Zu den beim Übernehmer geltenden Rechten und Pflichten gehört grundsätzlich weiter die Anwendbarkeit tariflicher Normen und die Frage, inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Tarifverträge abgelöst werden.
Danach muss das Unterrichtungsschreiben keine Angaben zur Anwendbarkeit eines Tarifvertrages auf außertarifliche Arbeitnehmer enthalten, wenn dieser weder vor oder noch nach dem Betriebsübergang Anwendung auf das Arbeitsverhältnis findet.
Detaillierte Angaben zu einer nach dem Betriebs(teil)Übergang erfolgten Verschmelzung sind nicht erforderlich, wenn diese zum Zeitpunkt der Unterrichtung nicht bereits derart konkrete Formen angenommen hatte, dass sie detaillierte Angaben hierzu erforderlich machte. Zu spekulativen Mitteilungen sind Veräußerer und Erwerber nicht verpflichtet.
BAG, 29.06.2023 – 2 AZR 326/22 – juris
In einem Kündigungsschutzprozess besteht nach Maßgabe der Datenschutz-Grundverordnung und der Zivilprozessordnung grundsätzlich kein Verwertungsverbot in Bezug auf solche Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht.
Den Betriebsparteien fehlt die Regelungsmacht, ein über das formelle Verfahrensrecht der Zivilprozessordnung hinausgehendes Verwertungsverbot zu begründen, oder die Möglichkeit des Arbeitgebers wirksam zu beschränken, in einem Individualrechtsstreit Tatsachenvortrag über betriebliche Geschehnisse zu halten
BAG, 29.06.2023 – 2 AZR 296/22 – juris