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III./2020 Newsletter Arbeitsrecht

Der Anspruch eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitsgeber auf Auskunftserteilung gem. Art. 15 Abs. 1 DSGVO auf personenbezogene Leistungs- und Verhaltensdaten kann im Einzelfall durch überwiegende berechtigte Interessen Dritter an einer Geheimhaltung beschränkt sein. Ob diese Interessen einer Auskunftserteilung entgegenstehen, ist durch eine Interessenabwägung im konkreten Fall zu klären.

LAG Baden-Württemberg vom 10.12.2018 – 17 Sa 11/18 – juris

 

Obwohl das BAG in der Vergangenheit immer wieder betont hat, dass das Bestehen eines Sonderkündigungsschutzes im Rahmen eines Anhörungsverfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu den unverzichtbaren Daten gehöre, die ein Arbeitgeber bei einer beabsichtigten verhaltensbedingten Kündigung dem Betriebsrat mitzuteilen habe (BAG, 15.12.1994 – 2 AZR 327/94 – juris Rn. 26; BAG, 21.06.2001 – 2 AZR 30/00 – juris Rn. 34; BAG, 06.10.2005 – 2 AZR 280/04 – juris Rn. 41), hat es mit wenig überzeugender Begründung in einer neuen Entscheidung das Gegenteil gemeint. Im zugrundeliegenden Fall hatte die Arbeitgeberin, die einen Mitarbeiter außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich fristgemäß verhaltensbedingt kündigen wollte, den Betriebsrat sowohl zur beabsichtigten außerordentliche fristlosen als auch zur hilfsweise beabsichtigten ordentlichen Kündigung angehört und dabei nicht auf das Bestehen eines tariflichen Sonderkündigungsschutzes für den betroffenen Mitarbeiter hingewiesen. In einem solchen Fall müsse der Arbeitgeber, der außerordentlich kündigen wolle, dem Betriebsrat nicht mitteilen, dass dem Arbeitnehmer ein Sonderkündigungsschutz zukomme.

Obwohl es ständige Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte (LAG Hamm, 29.05.2019 – 13 Sa 1452/08 –; LAG Köln, 22.03.2012 – 7 Sa 1022/11 –) ist, dass es zum notwendigen Inhalt der Informationen des Betriebsrats vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung im Rahmen eines Betriebsratsanhörungsverfahrens gehört, in erforderlichem Umfang diejenigen Tatsachen mitzuteilen, die diesen in den Stand versetzen, selbstständig zu prüfen, ob arbeitgeberseitig die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 1 S. 2 BGB eingehalten wurde, hat das BAG in der gleichen Entscheidung gemeint, die Wahrung der Ausschlussfrist gehöre nicht zu den „Gründen für die Kündigung“ i.S.v. § 102 Abs.1 BGB. Deshalb müsse der Arbeitgeber hierzu keine gesonderten Ausführungen machen.

BAG, 07.05.2020 – 2 AZR 678/19 –

 

Nach § 7 Abs. 3 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung auf die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Neunte Senat erkannt, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann nach § 7 Abs. 3 BUrlG am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Für den Fall, dass der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war, versteht der Neunte Senat § 7 Abs. 3 BUrlG nach Maßgabe der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 22.11.2011 (-C-214/10- [KHS]) außerdem dahin, dass gesetzliche Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres erlöschen.

Zur Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub einer im Verlauf des Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmerin bei seither ununterbrochen fortbestehender Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres oder ggf. zu einem späteren Zeitpunkt verfallen kann, hat der Neunte Senat des BAG eine Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet.

BAG, Beschluss vom 07.07.2020 – 9 AZR 401/19 (A-BAG Pressemitteilung Nr. 20/20)

 

Zur Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub eines Arbeitnehmers, bei dem eine volle Erwerbsminderung im Verlauf des Urlaubsjahres eingetreten ist, 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres oder ggf. zu einem späteren Zeitpunkt verfallen kann, hat der Neunte Senat des BAG ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet.

BAG, Beschluss vom 07.07.2020 – 9 AZR 245/19 (A-BAG Pressemitteilung Nr. 21/20)

 

Setzt eine Pensionskasse wegen ihrer mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Pensionskassenrente herab, hat insoweit der Arbeitgeber einzustehen, der die Rente zugesagt hat. Wird über das Vermögen des Arbeitgebers ein Insolvenzverfahren eröffnet, kommt eine Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins VVaG (PSV) für Sicherungsfälle vor dem 01.01.2022 nur dann in Betracht, wenn die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder eine Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen der Kürzung unter die von Eurostat für Deutschland ermittelte Armutsgefährdungsschwelle fällt.

BAG, Urteil vom 21.07.2020 – 3 AZR 142/16 (BAG Pressemitteilung Nr. 22/20)

 

Nach den Vorgaben des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) ist der Betriebsrat in das individuelle Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit durch die Beantwortung von Auskunftsverlangen der Beschäftigten eingebunden. Zu diesem Zweck ist ein von ihm gebildeter Betriebsausschuss berechtigt, Bruttoentgeltlisten des Arbeitgebers einzusehen und auszuwerten (§ 13 Abs. 2 S. 1 EntgTranspG). Dieses Einsichts- und Auswertungsrecht besteht aber nicht, wenn der Arbeitgeber die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung berechtigterweise an sich gezogen hat. Das Einsichts- und Auswertungsrecht in § 13 Abs. 2 S. 1 EntgTranspG korrespondiert mit der nach der Grundkonzeption des EntgTranspG dem Betriebsrat zugewiesenen Aufgabe, individuelle Auskunftsansprüche von Beschäftigten zu beantworten. Es besteht daher nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Arbeitgeber diese Aufgabe selbst erfüllt.

BAG, Beschluss vom 28.07.2020 (BAG Pressemitteilung Nr. 24/20)

 

Die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung kann nicht von einem Zustimmungsquorum der Belegschaft abhängig gemacht werden. Eine solche Regelung widerspricht den Strukturprinzipien der Betriebsverfassung. Danach ist der gewählte Betriebsrat Repräsentant der Belegschaft. Er wird als Organ der Betriebsverfassung in eigenem Namen kraft Amtes tätig und ist weder an Weisungen der Arbeitnehmer gebunden noch bedarf sein Handeln deren Zustimmung. Eine von ihm abgeschlossene Betriebsvereinbarung gilt kraft Gesetzes unmittelbar und zwingend. Damit gestaltet sie unabhängig vom Willen oder der Kenntnis der Parteien eines Arbeitsvertrags das Arbeitsverhältnis und erfasst auch später eintretende Arbeitnehmer. Das schließt es aus, die Geltung einer Betriebsvereinbarung an das Erreichen eines Zustimmungsquorums verbunden mit dem Abschluss einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu knüpfen.

BAG, Beschluss vom 28.07.2020 – 1 ABR 4/19 – (BAG Pressemitteilung Nr. 25/20)

 

Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für Betriebsratsschulungen beschränkt sich auf die erforderlichen Kosten. Dies beurteilt sich nach der Erforderlichkeit der Schulungsveranstaltung. Maßgeblich ist, ob das Betriebsratsmitglied die auf dem Seminar vermittelten Inhalte benötigt, um sein Amt wahrnehmen zu können.

Ein privater (nicht gewerkschaftlicher) Schulungsveranstalter ist nicht zu einer Aufschlüsselung seiner Kostenrechnung verpflichtet. Wertvolle Seminarbeigaben (u.a. ein Tablet) führen hier nicht dazu, dass die Schulungsteilnahme nicht erforderlich ist, noch dass sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden war, wenn der Preis für die Teilnahme im Bereich des Marktüblichen lag. Dies kann der Fall sein, wenn die  Veranstaltung – unter Verzicht auf die Seminarbeigaben – nicht zu einem günstigeren Preis buchbar war. Die Seminarbeigaben stellen keine Begünstigung des Betriebsratsmitglieds nach § 78 S. 2 BetrVG dar. Jedenfalls lassen sie die Kostentragungspflicht für die Schulungsveranstaltung nicht entfallen.

Hessisches LAG, 10.08.2020 – 16 TaBV 177/19 juris.

 

Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Informationen des Betriebsrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigung zu stellen sind, ist zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrundeliegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein das Werturteil für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen.

Begründet der Arbeitgeber eine Kündigung in der Wartezeit gegenüber dem Betriebsrat mit dem Werturteil: „… genügt nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung leider nicht unseren Anforderungen“, steht es dieser Gesamteinschätzung nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber im Arbeitszeugnis die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers positiv darstellt.

LAG Mecklenburg-Vorpommern, 11.08.2020 – 5 Sa 66/20 – juris.

 

Die Pflicht des Arbeitnehmers aus § 241 Abs. 2 BGB, auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer seine eigenen Interessen denen des Arbeitgebers unterzuordnen hat. Der Arbeitnehmer darf ebenso wie der Arbeitgeber seine Interessen im Rahmen der bestehenden Regelung wahren. Das gilt insbesondere bei dem Abschluss von Arbeits-, Änderungs- oder Aufhebungs- bzw. Abwicklungsverträgen. Der Arbeitnehmer verletzt seine Rücksichtnahmepflicht bei Eingehung eines Vertrages, wenn er sich im kollusiven Zusammenwirken mit einem Vertreter des Arbeitgebers Leistungen versprechen lässt, die aus keinem Gesichtspunkt berechtigt sein können und offensichtlich den Interessen des Arbeitnehmers zuwiderlaufen.

LAG Mecklenburg-Vorpommern, 11.08.2020 – 5 Sa 4/19 – juris.

 

Als Bezugsgröße des Honorars des Beisitzers kommt regelmäßig das dem Einigungsstellenvorsitzenden gezahlte Honorar in Betracht. Hierbei ist ein Abschlag von drei Zehnteln gegenüber der Vorsitzendenvergütung angemessen. Es entspricht nicht der Billigkeit (§ 315 BGB), dass der betriebsfremde Beisitzer für begleitende Nebenarbeiten (Vor- und Nachbereitung der Sitzungen der Einigungsstelle) ein Stundenhonorar abrechnet, wenn der Vorsitzende zu einer Tagespauschale tätig geworden ist.

Hessisches LAG, 17.08.2020 – 16 TaBV 31/20 – juris.

 

129 Abs. 1 BetrVG ermöglicht es dem Betriebsrat und der im Übrigen dort bestehenden Arbeitnehmervertretung für die Durchführungen von Sitzungen auf Video- und Telefonkonferenzen zurückzugreifen. Die Nutzung solcher Teilnahmemöglichkeit tritt als zusätzliche Option neben die hergebrachte Durchführung von Sitzungen unter physischer Anwesenheit der Teilnehmer vor Ort. Ein grundsätzlicher Vorrang der Durchführung als Telefon- oder Videokonferenz kann aus der Vorschrift nicht hergeleitet werden.

LAG Berlin-Brandenburg, 24.08.2020 – 12 TaBV Ba 1015/20 – juris.

 

Die Klägerin bewarb sich beim beklagten Land für eine Beschäftigung als Lehrerin. Sie wurde zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Im Anschluss an dieses Gespräch, bei dem die Klägerin ein Kopftuch trug, sprach sie ein Mitarbeiter der Zentralen Bewerbungsstelle auf die Rechtslage nach dem sog. Berliner Neutralitätsgesetz an. Die Klägerin erklärte daraufhin, sie werde das Kopftuch auch im Unterricht nicht ablegen.

Nachdem ihre Bewerbung erfolglos geblieben war, nahm die Klägerin das beklagte Land auf Zahlung einer Entschädigung nach dem AGG in Anspruch und begründete dies damit, dass das beklagte Land sie entgegen den Vorgaben des AGG wegen ihrer Religion benachteiligt habe. Zur Rechtfertigung dieser Benachteiligung könne sich das beklagte Land nicht mit Erfolg auf das Berliner Neutralitätsgesetz berufen. Das darin geregelte pauschale Verbot, innerhalb des Dienstes ein muslimisches Kopftuch zu tragen, verstoße gegen die durch Art. 4 GG geschützte Glaubensfreiheit. Das LAG hat das beklagte Land zur Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 5.159,88 € verurteilt. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Revision eingelegt. Das BAG hat beide Revisionen zurückgewiesen. Die Klägerin kann von dem beklagten Land nach § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG die Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 5.159,88 € verlangen. Sie hat als erfolgslose Bewerberin eine unmittelbare Benachteiligung i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG erfahren. Der Umstand, dass ein Mitarbeiter der Zentralen Bewerbungsstelle die Klägerin im Anschluss an das Bewerbungsgespräch auf die Rechtslage nach dem sog. Berliner Neutralitätsgesetz angesprochen und die Klägerin daraufhin erklärt hat, sie werde das Kopftuch auch im Unterricht nicht ablegen, begründet nach Auffassung des BAG die Vermutung, dass die Klägerin wegen der Religion benachteiligt wurde. Diese Vermutung habe das beklagte Land nicht widerlegt. Die Benachteiligung der Klägerin war nach Auffassung des BAG nicht nach § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt. Das beklagte Land kann sich insoweit nicht mit Erfolg auf eine im Berliner Neutralitätsgesetz getroffene Regelung berufen, wonach es Lehrkräften o.a. untersagt ist, innerhalb des Dienstes anfallende religiös und weltanschaulich geprägte Kleidungsstücke und damit auch ein sog. islamisches Kopftuch zu tragen. Diese Vorschrift verstoße gegen die Verfassung.

BAG, Urteil vom 27.08.2020 – 8 AZR 62/19 – (BAG Pressemitteilung Nr. 28/20)

 

Der Kläger war in einem Krankenhaus langjährig als Krankenpfleger in der Intensivpflege eingesetzt. Er teilte seiner Arbeitgeberin mit, er beabsichtige für eine Zeitarbeitsfirma an Samstagen und Sonntagen als geringfügig beschäftigte Krankenpflegekraft auf Intensivstationen zu arbeiten. Die Arbeitgeberin lehnte dies ab und führte zur Begründung aus, es liege eine Wettbewerbssituation vor, der Kläger wolle seinen besonderen Erfahrungsschatz als Intensivpfleger anderweitig nutzen, zudem stehe die besondere Lage in der Pandemie mit Ansteckungsgefahren der Nebentätigkeit entgegen. Die Arbeitgeberin hatte dem Kläger angeboten, Dienste im ihrem Intensivbereich im Rahmen einer Nebenabrede wahrzunehmen. Das Landesarbeitsgericht hat wie die vorausgehende erste Instanz keinen Grund gesehen, die beabsichtigte Nebentätigkeit zu untersagen. Weder läge eine unmittelbare Konkurrenzsituation vor noch würden gesetzliche Ruhezeiten nicht eingehalten und die Arbeitgeberin habe auch sonstige nachteilige Folgen aufgrund der beabsichtigten anderweitigen Tätigkeit nicht hinreichend dargelegt. Der Arbeitnehmer könne sowohl im Rahmen seiner Tätigkeit für die Arbeitgeber als auch im Rahmen der angestrebten Nebentätigkeit mit an Covid 19 erkrankten Patienten in Kontakt kommen. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine fehlende Einhaltung der erforderlichen Schutzmaßnahmen in den Krankenhäusern, in denen der Kläger im Rahmen seiner Nebentätigkeit eingesetzt werde.

LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.09.2020 – 16 Sa 2073/19 (Pressemitteilung Nr. 34/20)

 

Zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach §§ 194 ff. BGB der Verjährung unterliegt, hat der Neunte Senat des BAG ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet. Die in der Zeit vom 01.11.1996 – 31.07.2017 bei der beklagten Arbeitgeberin beschäftigte Klägerin hatte Anspruch auf 24 Arbeitstage Erholungsurlaub. Die Beklagte bescheinigte der Klägerin mit Schreiben vom 01.03.2012, dass der Resturlaubsanspruch von 76 Tagen aus dem Kalenderjahr 2017 sowie den Vorjahren am 31.03.2019 nicht verfalle, weil sie ihren Urlaub wegen des hohen Arbeitsaufkommens nicht habe antreten können. In den Jahren 2012 – 2017 gewährte die Beklagte der Klägerin an insgesamt 95 Arbeitstagen Urlaub. Mit der am 06.02.2018 erhobenen Klage hat die Klägerin die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt. Im Verlauf des Prozesses hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und geltend gemacht, für die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung die Klägerin verlangt hat, sei die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelaufen. Das LAG ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat der Klage – soweit diese Gegenstand der Revision der Beklagten ist – stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen aus den Jahren 2013 – 2016 verurteilt. Das BAG hat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003 / 88 / EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Einklang stehe, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gem. § 194 Abs. 1, § 195 BGB der Verjährung unterliege.

BAG, Beschluss vom 29.09.2020 – 9 AZR 266/20 (A) – (BAG Pressemitteilung Nr. 34/20)

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