IV./2018 Newsletter Arbeitsrecht

Verstoßen Regelungen aus einer Betriebsvereinbarung gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG kann dies bedingt durch den aus § 139 BGB folgenden Rechtsgedanken zur Unwirksamkeit der gesamten Betriebsänderung führen, wenn der verbleibende Teil der Betriebsvereinbarung keine sinnvoll und in sich geschlossene Regelung mehr darstellt

BAG, Urteil vom 15.05.2018 – 1 ABR 75/16 – juris

 

Die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Eheschließung nach der Scheidung kann wegen Verstoßes gegen den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz unwirksam sein, wenn sich eine im Arbeitsvertrag geregelte Ermächtigungsgrundlage als verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellt.

EuGH, Urteil vom 11.09.2018 – C 68/17 – (Pressemitteilung des EuGH Nr. 127/2018)

 

Eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung aller beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den ab dem 01.01.2015 von § 1 MiLoG garantierten Mindestlohn erfasst, verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und ist jedenfalls dann unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde.

BAG, Urteil vom 18.09.2018 – 9 AZR 162/18 – (Pressemitteilung Nr. 43/218)

 

12a Abs. 1 S. 1 ArbGG schließt als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus.

BAG, Urteil vom 25.09.2018 – 8 AZR 26/18 – (Pressemitteilung Nr. 46/18)

 

Bei der Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf die Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 11 Nr. 1 KSchG können grundsätzlich die zur Erzielung des anderweitigen Verdienstes erforderlichen Aufwendungen von diesen in Abzug gebracht werden. Zu berücksichtigen sind Aufwendungen, die im Rahmen der vorhandenen Qualifikationen des Arbeitnehmers zur Fortführung einer fachkundigen Erwerbstätigkeit erforderlich sind. Dagegen nicht berücksichtigungsfähig sind Aufwendungen, die die Qualifikation erhöhen, ohne das hierfür ein Bedarf hinsichtlich der Ausübung der geschuldeten Tätigkeit bestünde.

BAG, Urteil vom 02.10.2018 – 5 AZR 376/17 – juris

 

Zeiten, die ein Arbeitnehmer im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers für die Hin- und Rückreise zur auswärtigen Arbeitsstelle aufwendet, sind wie normale Arbeitszeiten vergütungspflichtig. Zusätzliche Zeiten, die durch dem Arbeitnehmer zuzurechnende Umwege entstehen allerdings nicht. Der Rechtsstreit ist an die Vorinstanz zurückverwiesen worden, die nun die Frage klären muss, wie viel Zeit für die Reise von der Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstätte erforderlich war. Möglicherweise wird dort auch noch der weiteren Frage nachgegangen, ob die auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte Buchung eines Sitzes in der Business-Klasse – statt einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Buchung in der Economy-Klasse – „notwendig“ war.

BAG, Urteil vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17 – (Pressemittelung Nr. 51/18)

 

Nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nur zulässig, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt.

Ist ein  Stelleninhaber in einem Werk der evangelischen Kirche lediglich in einem internen Meinungsbildungsprozess eingebunden und kann er in Fragen, die das Ethos seines Arbeitgebers betreffen, nicht unabhängig handeln, ist eine berufliche Anforderung, einer bestimmten Religionsgemeinschaft als Voraussetzung für die Stelle anzugehören, nicht gerechtfertigt. Bei einer solchen Tätigkeit besteht keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr, dass das Ethos des Arbeitgebers beeinträchtigt wird.

BAG, Urteil vom 25.10.2018 – 8 AZR 501/14 – (Pressemitteilung Nr. 53/18)

 

Ein Arbeitnehmer darf seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb verlieren, weil er keinen Urlaub beantragt hat.

Weist der Arbeitgeber jedoch nach, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruches und – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – dem entsprechenden Wegfall einer finanziellen Vergütung nicht entgegen.

EuGH, Urteil vom 06.11.2018 – C – 619/16, C – 684/16 – (Pressmitteilung des EuGH Nr. 165/18)

 

Die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können von dessen Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den vom Arbeitgeber nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen. Der Anspruch des verstorbenen Arbeitnehmers auf eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub kann nämlich im Wege der Erbfolge auf seine Erben übergehen.

EuGH, Urteil vom 06.11.2018 – C-569/16, C-570/16 – (Pressemittelung des EuGH Nr. 164/18)

 

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