Gesellschaftsrecht

Beschlussfassung in zweigliedrigen Gesellschaften bei Stimmverbot des anderen Gesellschafters

BGH, Urteil vom 05.11.2024 – II ZR 85/23 – Beschlussfassung über Ersatzansprüche der Gesellschaft | Nachrangigkeit der Gesellschafterklage

Der BGH macht in seiner Entscheidung, die zur Rechtsform der GmbH ergangen ist, grundlegende Ausführungen zur Zulässigkeit der Gesellschafterklage (sog. „actio pro socio“), welche auf die Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Geschäftsführer gerichtet ist.

Im dortigen Streitfall weist der Senat die Klage der Minderheitsgesellschafterin, welche Rechte der Gesellschaft geltend gemacht hat, als unzulässig ab. Mit dem Rechtsstreit verfolgte die Minderheitsgesellschafterin im Wege der Prozessstandschaft Ersatzansprüche der Gesellschaft (GmbH) wegen des Erwerbs von Geschäftsanteilen zu einem (angeblich) überhöhten Kaufpreis auf Veranlassung der Mehrheitsgesellschafterin .

In prozessualer Hinsicht führt der BGH aus, das Tätigwerden der zuständigen Gesellschaftsorgane habe gegenüber einer Gesellschafterklage grundsätzlich Vorrang. Dieser Vorrang entfalle nur dann, wenn eine Klage der Gesellschaft infolge der Machtverhältnisse zwischen den Gesellschaftern so erschwert ist, dass es für den betroffenen Gesellschafter ein unzumutbarer Weg wäre, wenn er die Gesellschaft erst zu einer Haftungsklage zwingen müsste (vgl. für Personengesellschaften § 715b Abs. 1 BGB).

Im zweiten Schritt verknüpft der BGH diese prozessualen Ausführungen mit dem materiellen Recht über die Beschlussfassung in Gesellschaften: In dem vorliegenden Fall sei die Gesellschaft selbst ohne Weiteres in der Lage gewesen, die beklagten Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 GmbH haftbar zu machen. In einer zweigliedrigen Gesellschaft mbH erübrige sich nämlich ein Geltendmachungsbeschluss (§ 46 Nr. 8 Fall 1 GmbHG) ebenso wie ein Beschluss über die Bestellung eines Prozessvertreters (§ 46 Nr. 8 Fall 12 GmbHG), wenn der andere Gesellschafter einem Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs. 4 GmbHG unterliegt. Dann sei eine Beschlussfassung überflüssige Formalität. Eben dies sei hier der Fall gewesen, weil das fragliche Erwerbsgeschäfts auf Veranlassung des anderen (Mehrheits-)Gesellschafters abgeschlossen wurde (sog. Verbot des Richtens in eigener Sache). Deshalb sei der stimmberechtigte Minderheitsgesellschafter der zweigliedrigen GmbH ohne Weiteres zur Vertretung der Gesellschaft im Prozess berechtigt gewesen. Die Gesellschaft habe also ihre Ersatzansprüche selbst im Klagewege verfolgen können.

Im Ergebnis hat das Gericht den Beteiligten damit Steine statt Brot gegeben. Eine Entscheidung in der Sache wurde nicht getroffen. Angesichts der vielen rechtlichen Zweifelsfragen wäre der Minderheitsgesellschafter u.U. gut beraten gewesen, neben der actio pro socio auch als Vertreter der GmbH zu klagen.

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