Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 31.05.2017 entschieden, dass auch reine Reproduktionsfotos urheberrechtlich geschützt sind.
OLG Stuttgart, Urt. v. 31.05.2017 – Az.: 4 U 204/16
Sachverhalt
Die Klägerin war Betreiberin eines als Eigenbetrieb geführten Museums der Stadt Mannheim. Der Beklagte war ehrenamtlich für die Wikimedia Commons tätig und veröffentlichte in der Mediendatenbank des Internet-Lexikons Wikipedia verschiedene Fotografien, darunter auch die im Verfahren streitgegenständlichen. Diese, durch den Hausfotograf des Museums angefertigten Fotografien, bildeten im Eigentum der Klägerin stehende Ausstellungsobjekte ab. Der Beklagte hatte die Fotografien der Ausstellungsobjekte aus einem Katalog entnommen, eingescannt und bei Wikipedia veröffentlicht. Daraufhin wurde er von der Klägerin auf Unterlassung der Zugänglichmachung der Bilder in Anspruch genommen. Der 70-Jahre andauernde Urheberschutz war für die auf den Fotografien abgebildeten Ausstellungsobjekte bereits abgelaufen, weshalb sich der Beklagte auf die Gemeinfreiheit berief.
Entscheidung
Das Landgericht hatte der erstinstanzlichen Klage auf Unterlassung stattgegeben. Dieser Ansicht hat sich nun das OLG Stuttgart nunmehr angeschlossen.
Auch Fotografien von nicht mehr dem Urheberrecht unterfallenden Gegenständen seien urheberrechtlich geschützt. Die Gemeinfreiheit erfasse dabei nur das abfotografierte Objekt selbst, nicht aber die von diesem Objekt angefertigten Lichtbilder. Diese seien jedenfalls von § 72 UrhG erfasst. § 72 UrhG solle einen gleichartigen Schutz von Lichtbildwerken und Lichtbildern sicherstellen, unabhängig vom der etwaigen Gemeinfreiheit des Motivs. Der Beklagte habe die Fotografien deshalb nicht einfach einem Katalog entnehmen, reproduzieren und öffentlich zugänglich machen dürfen.
Auch das Landgericht Berlin verurteile Wikipedia in einem Parallelverfahren zur Löschung der streitgegenständlichen Bilder (Urt. v. 31.05.2016, Az.: 15 O 428/15).
Praktische Auswirkung
Allein der Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist bedeutet nicht zwangsläufig, dass mit einem Werk nach Belieben verfahren werden kann. Die Entscheidung des OLG Stuttgart verdeutlicht, dass stets zwischen den unterschiedlichen in Betracht kommenden Werken zu differenzieren ist. Nahezu ein Paradefall ist die vorliegende Konstellation, in der zwar ein Ausstellungsobjekt gemeinfrei ist, nicht aber das – das Ausstellungsobjekt abbildende – Foto.
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