Umsatzsteuerrecht

aktuelles BMF-Schreiben zur Nachweispflicht bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (Gelangensbestätigung)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 01.06.2012 die Übergangsfrist zur Anwendung der Gelangensbestätigung erneut verlängert. Bis zum Inkrafttreten einer erneuten Änderung des § 17a Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) können bisherige Nachweise weiterhin verwendet werden.

 

Hintergrund:

Ende 2011 hatte der Bundesrat beschlossen, dass es zum Nachweis einer steuer-freien innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 17a UStDV ab dem 01.01.2012 der Gelangensbestätigung bedarf, also der Bestätigung des Abnehmers der Ware, dass diese tatsächlich zu ihm gelangt ist. Gegen diese Gelangensbestätigung sind zahlreiche Verbände aus unterschiedlichen Bereichen tätig geworden.

 

1. Die Kritik der Verbände zielte insbesondere darauf ab, dass die Gelangensbestätigung nicht praxistauglich ist. Bei der Gelangensbestätigung handelt es sich um eine spezielle Nachweispflicht deutschen Rechts, die in den übrigen Mitgliedstaaten der EU nicht bekannt ist. Die Bereitschaft an dieser mitzuwirken ist folglich gering. Von dieser fehlenden Akzeptanz berichten uns bereits zahlreiche Mandanten, die versucht haben, die Gelangensbestätigung in die Praxis umzusetzen. Aufgrund des Risikos, für eine etwaige Steuerbefreiung zu haften, sind Speditionen und Frachtführer (nachvollziehbar) nicht bereit, an der Einholung der Gelangensbestätigung mitzuwirken und diese zum Zwecke Nachweise vorzuhalten.

 

2. Darüber bestehen rechtliche Bedenken gegen die Gelangensbestätigung. Es ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass der Nachweis einer innerge-meinschaftlichen Lieferung auf verschiedene Weise möglich sein soll. Eine Verengung dieses Nachweises ausschließlich auf eine Gelangensbestätigung entspricht nicht dieser Rechtsprechung.

 

Aufgrund der vielfachen Kritik seitens der Verbände und Unternehmen hat das BMF die Übergangsfrist zur Anwendung der Gelangensbestätigung (zunächst) bis zum 30.06.2012 verlängert. In seinem Anwendungserlass vom 21.03.2012 ging das Ministerium auf einige der Kritikpunkte ein. So soll es unter anderem möglich sein, die Gelangensbestätigung

 

– in elektronischer Form ohne Unterschrift einzuholen,
– einzelne Lieferungen in Sammelbestätigungen zusammenzufassen,
– bei Lieferungen durch Kurier- und Paketdienste den Nachweis vereinfacht erbringen zu können und
– den Nachweis des Gelangens auch auf andere Weise als durch eine Gelan-gensbestätigung zu erbringen.

 

Auch an diesem Schreiben gab es (zu Recht) erhebliche Kritik. Kritisiert werden muss das erhebliche Auseinanderfallen von der gesetzlichen Regelung und der vom BMF angedachten praktischen Anwendung in dem Anwendungserlass. Besonders deutlich zeigt sich dieses Auseinanderfallen bei den Formvorschriften. Während § 17a UStDV eine Unterschrift des Abnehmers verlangt, soll laut Schreiben des BMF eine elektronische Gelangensbestätigung ohne Unterschrift der Nachweispflicht genügen. Rechtssicherheit wurde mit diesem Anwendungserlass nicht geschaffen.

 

Aufgrund weiterhin bestehender Kritik hat das BMF Gespräche mit den obersten Finanzbehörden und Interessenvertretern geführt. Ergebnis dieser Gespräche ist das aktuelle Schreiben des BMF vom 01.06.2012. Danach soll der Nachweis der Steuerbefreiung bis zur (erneuten) Änderung des § 17a UStDV auf der Grundlage der bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage möglich sein.

 

Perspektive:

Eine erneute Verlängerung der Übergangsfrist bis zum 31.12.2012 folgt aus dem Schreiben vom 01.06.2012 nicht. Vielmehr lässt sich dem Schreiben entnehmen, dass solange bis eine Änderung des § 17a UStDV in Kraft tritt, sich die Nachweis-pflichten nach der alten Rechtslage richten. Wann eine Änderung des § 17a UStDV in Kraft tritt, steht derzeit nicht fest. Zu vermuten ist, dass mit dem Jahressteuergesetz 2013 eine Änderung angestrebt wird.
Bezüglich der Änderung ist zu vermuten (und zu hoffen), dass diese die in dem Anwendungserlass vom 21.03.2012 getroffenen Erwägungen des BMF aufgreift (Sammelbestätigungen, elektronisch, Vereinfachungen für KEP-Dienstleister usw.). Die Herstellung der alten Rechtslage dürfte ausgeschlossen sein.

 

Praxistipp:

Alle Unternehmen, die innergemeinschaftliche Lieferungen durchführen, sind nach wie vor angehalten, sich mit der Thematik der Gelangensbestätigung und der Umsetzung im Unternehmen sowie mit den Geschäftspartnern auseinanderzusetzen.

 

Wir zeigen Ihnen Lösungswege auf! Bereits am 17.04.2012, 19.04.2012 und 23.05.2012 haben wir gemeinsam mit der MHP Solution Group und der TIA innovations GmbH Veranstaltungen zu diesem Thema angeboten. Unseren Bericht über diese Veranstaltungen erhalten Sie unter www.hlw-muenster.de/bericht_time2talk01.php

 

Aus aktuellem Anlass werden wir die erfolgreiche Reihe „Time 2 Talk“ am 12.07.2012 in München und am 06.09.2012 in Hamburg fortsetzen. Nähere Informationen zu diesen Veranstaltungen erhalten Sie unter www.hlw-muenster.de/einladung-zur-time-2-talk.php

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