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Zollrecht

Vorsteuerabzug für Zolldienstleister

Mit zunehmender Tendenz geben Zolldienstleister nicht nur Zollanmeldungen in direkter Vertretung ab, sondern auch als indirekter Stellvertreter oder als Anmelder.

Insbesondere das Tätigwerden als indirekter Stellvertreter oder als Anmelder ist mit Risiken verbunden. Aber auch mit vielen rechtlichen Fragestellungen. Zu diesen gehört insbesondere die Frage, ob der Zolldienstleister die Vorsteuer aus der Einfuhrumsatzsteuer ziehen darf, also den Vorsteuerabzug in Bezug auf die Einfuhrumsatzsteuer geltend machen darf.

Dies ist seit einigen Jahren streitig und bis heute nicht derart entschieden, dass eine Beurteilung jeder in Betracht kommenden Konstellation möglich ist. Möglich ist aber, dass das beim BFH anhängige Revisionsverfahren (AZ V R 13/21) die Beurteilung in der Praxis einen Schritt weiterbringt. Im Folgenden haben wir für Sie die Historie des Vorsteuerabzugs für Spediteure / Zolldienstleister zusammengestellt.

 

  • Vor einigen Jahren entschied das FG Hamburg mit Urteil vom 19.12.2012 (AZ 5 K 302/09) folgendes (Leitsatz):

„Wegen zollrechtlicher Pflichtverletzungen gegenüber dem Zolllagerinhaber nach Art. 203, 204 ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer kann als Vorsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG bei diesem abzugsfähig sein.“

Dieses Urteil wurde als „Meilenstein“ in Bezug auf die Frage, ob ein „Logistiker“ den Vorsteuerabzug für in seiner Person entstandene Einfuhrumsatzsteuer in Anspruch nehmen kann, angesehen. Gegen dieses Urteil wurde allerdings von der Finanzverwaltung Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Der BFH befasste sich mit der materiell-rechtlichen Frage des Vorsteuerabzugs jedoch nicht. Der BFH ließ in seinem Beschluss vom 13.02.2014 (AZ V R 8/13) den Vorsteuerabzug an einem formellen Kriterium scheitern und zwar wie folgt (Leitsatz):

„Das Recht auf Vorsteuerabzug ist für den Voranmeldungszeitraum (Besteuerungszeitraum) auszuüben, in dem das Abzugsrecht entstanden ist und die Ausübungsvoraussetzungen vorliegen.“

In dem streitigen Verfahren hatte die Klägerin diese Formalie nicht eingehalten, d.h. den Vorsteuerabzug außerhalb des Besteuerungszeitraums geltend gemacht. Der Vorsteuerabzug wurde ihr daher bereits allein aus diesem formellen Grund versagt.

 

  • Das FG Schleswig-Holstein entschied mit Urteil vom 09.10.2014 (AZ 4 K 67/13):

„1. Der Betreiber eines Zolllagers ist im Hinblick auf die ihm gegenüber gemäß Art. 203 ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG berechtigt, wenn er keine Verfügungsbefugnis an den eingeführten Waren erlangt.

2. Das Kriterium der Verfügungsbefugnis ergibt sich hierbei gleichermaßen aus dem unionsrechtlichen Merkmal der Verwendung der eingeführten Gegenstände für Zwecke der besteuerten Umsätze wie aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG enthaltenen Merkmal der Einfuhr für das Unternehmen. Eine unionsrechtswidrige Abweichung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG liegt damit nicht vor.“

Gegen dieses Urteil wurde seitens der Klägerin Revision beim BFH eingelegt. Der BFH entschied mit Urteil vom 11.11.2015 (AZ V R 68/14):

„Der Betreiber eines Zolllagers ist nicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt.“

Die Ablehnung des Vorsteuerabzugs begründet der BFH damit, dass der Vorsteuerabzug jenem Unternehmer zustehe, der nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG Gegenstände für sein Unternehmen eingeführt hat, also im Zeitpunkt der Einfuhr Verfügungsmacht über den Gegenstand habe. Der Unternehmer müsse faktisch in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, ihn insbesondere wie einen Eigentümer zu nutzen. Allein die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer sei für den Vorsteuerabzug nicht ausreichend. Diese Entscheidung entspricht der älteren Rechtsprechung des BFH. Bereits diese verneinte einen Vorsteuerabzug mit der Begründung, dass die Spedition zum Zeitpunkt der Einfuhr keine Verfügungsmacht über die Ware habe und dass der Unternehmer die Gegenstände nicht zur Ausführung von eigenen Ausgangsumsätzen in Gestalt einer Weiterlieferung nutze (BFH, Urteil vom 13.10.2001, AZ V B 52/04; Summersberger / Bieber, in: AW-Prax 02/2021, S. 95 ff. m.w.N.).

 

  • In seinem Beschluss vom 08.10.2020 in der Rs. C-621/19 (Weindel Logistik Service) hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Vorsteuerabzug für einen Dienstleister auseinandergesetzt. Nach dem EuGH steht einem Vorsteuerabzug entgegen, wenn der Importeur, also derjenige, der den Vorsteuerabzug geltend macht, über die Waren nicht wie ein Eigentümer verfügt und ihm insbesondere keine Kosten für die vorgelagerte Einfuhr entstanden sind oder diese nicht im Preis für bestimmte nachgelagerte Tätigkeiten oder im Preis für Waren und Dienstleistungen, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit er-bringt, enthalten sind, also kein Zusammenhang zwischen der Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer und dem Preis der erbrachten Dienstleistung besteht, d.h. die Einfuhrumsatzsteuer Kostenelement der Ausgangsumsätze ist (vgl. Summersberger / Bieber, in: AW-Prax 02/2021, S. 96). Zur Begründung dieser Entscheidung verweist der EuGH u.a. auf seine DSV Road-Entscheidung vom 25.06.2015 (Rs- C-187/14).

 

  • Aktuell ist beim BFH ein Revisionsverfahren anhängig (AZ V R 13/21). Die in dem Verfahren zu klärenden Fragen lauten:

„1. Kann ein Steuerpflichtiger, der als indirekter Vertreter und Dienstleister eine Einzelzollanmeldung zur Überlassung von Waren zum zollrechtlich freien Verkehr abgegeben hat, die von ihm geschuldete und gezahlte Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen?

2. Ist der Beschluss des EuGH „Weindel Logistik Service“ vom 08.10.2020 – C 621/19 dahingehend zu verstehen, dass die Einfuhrumsatzsteuer zu den Einfuhrkosten gehört, die nur derjenige Steuerschuldner als Vorsteuer geltend machen kann, der mittels Steuerbescheid zur Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer verpflichtet ist, weil die Einfuhrumsatzteuer seine wirtschaftliche Tätigkeit belastet?“

Erstinstanzlich hatte das FG Hamburg mit Urteil vom 18.12.2020 (AZ 5 K 175/18) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, der lediglich als Zolldienstleister eine Zollanmeldung in indirekter Stellvertretung abgibt und allein deshalb als Zollschuldner Einfuhrumsatzsteuer schuldet, die Einfuhrumsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann. Das Gericht begründet die Ablehnung wie folgt (Leitsatz):

„Ein Steuerpflichtiger, der als indirekter Vertreter eine Zollanmeldung abgibt und dessen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Einfuhr der Waren sich auf die Übernahme der Zollformalitäten beschränkt, kann die von ihm gezahlte Einfuhrumsatzsteuer allenfalls dann als Vorsteuer abziehen, wenn ein unmittelbarer und direkter Zusammenhang mit bestimmten Ausgangsumsätzen bzw. mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen nachgewiesen wird. Ein etwaiger Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit wird jedenfalls durch den Zusammenhang der Einfuhrumsatzsteuer mit dem bestimmten Ausgangsumsatz des ausländischen Lieferers verdrängt.“

Über die Revision ist noch nicht entschieden. Das FG Hamburg hat diese jedoch ausdrücklich zugelassen, so dass es vom BFH eine Entscheidung in der Sache geben wird. Wir informieren Sie darüber und die Auswirkungen auf die Praxis.

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