Zollrecht

Nachträgliche Änderung der Zollanmeldung / des Zollanmelders

Mit Urteil vom 16.07.2020 (Rs. C-97/19) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine aus unserer Sicht wichtige Entscheidung getroffen:

„Art. 78 Abs. 3 ZK a.F. ist dahin auszulegen, dass die Zollbehörden einem Antrag auf Überprüfung einer Zollanmeldung stattgeben können, der darauf abzielt, dass das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zwischen einem Bevollmächtigten, der, obwohl er über eine Vollmacht des Inhabers der Einfuhrlizenz verfügte, irrtümlich angegeben hat, ausschließlich im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu handeln, und dem Vollmachtgeber, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde, kenntlich gemacht wird.“  

Begründet wird diese Entscheidung wie folgt:

  • Nach Art. 78 ZK a.F. ist es zulässig, nach der Zollanmeldung neue Umstände vorzutragen, die von den Zollbehörden voraussichtlich zu berücksichtigen sind. Der Grundgedanke von Art. 78 ZK a.F. ist es nämlich, das Zollverfahren auf die tatsächliche Situation abzustimmen.
  • Art. 78 ZK a.F. unterscheidet nicht zwischen Irrtümern oder Unterlassungen. Der Wortlaut „unrichtige oder unvollständige Grundlagen“ sind so zu verstehen, dass sie sich auf tatsächliche Irrtümer und Unterlassungen sowie auf Irrtümer bei der Auslegung des anwendbaren Rechts beziehen.
  • Art. 78 ZK a.F. verbietet nicht, dass einzelne Punkte einer Zollanmeldung Gegenstand einer Änderung gemäß Art. 78 Abs. 2 ZK a.F. sein können, Dazu gehören auch die Angaben zur Person des Anmelders und namentlich das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses.
  • Somit findet Art. 78 ZK a.F. Anwendung, wenn der Bevollmächtigte, auch nach Überlassung der Ware, in der Lage ist, die Vollmacht mit seiner Beauftragung zur Abgabe der Zollanmeldung vorzulegen. Sicherzustellen ist allerdings, dass kein Rechtsmissbrauch (Betrug) vorliegt sowie die Einhaltung der Antragsfrist von drei Jahren.

Damit steht nunmehr höchstrichterlich fest, dass eine nachträgliche Änderung der Zollanmeldung auch in Bezug auf die Person des Anmelders möglich ist. In der Praxis war und ist dies immer wieder ein Streitpunkt mit dem Zoll gewesen.

Zwar mag diese Entscheidung, wie in dem vorliegenden Fall, für Importeure wichtig und hilfreich sein. In der Praxis jedoch dürften insbesondere Logistiker (Spediteure, Frachtführer, Zolldeklaranten) davon profitieren. Bietet doch die Möglichkeit der Änderung einer Zollanmeldung in Bezug auf die Person des Anmelders auch die Möglichkeit, keine aufwändigen „Heilungsmaßnahmen“ in Bezug auf die Haftung für die Einfuhrumsatzsteuer vornehmen zu müssen (die die Logistiker nicht als Vorsteuer geltend machen können). Zumal der Zoll zudem die Ansicht vertritt, dass Ersatzbelege nur bei die Zollschuld auslösenden Pflichtverletzungen anwendbar sein sollen (nicht aber für den Fall der regulären Verzollung).

Allerdings beantwortet der EuGH, wenn auch nicht in letzter Konsequenz hervorgehoben, aber dennoch ausdrücklich, auch die Frage, in welchem Zeitpunkt die Vollmacht vorgelegen haben muss (die Grund zur Beantragung der Änderung der Zollanmeldung ist). Diesbezüglich weist der EuGH daraufhin, dass vorliegend die Vollmacht rechtzeitig vorgelegt worden sei, nämlich gemäß Art. 5 Abs. 4 ZK a.F. bei Abgabe der Zollanmeldung. Damit steht (nach Ansicht des EuGH) fest, dass eine Änderung der Zollanmeldung in Bezug auf die Person des Zollanmelders nur dann möglich ist, wenn eine Vollmacht zum Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung vorgelegen hat.

Nach Ansicht des EuGH dürfte damit weiterhin ausgeschlossen sein, dass eine Vollmacht erst nachträglich, also nach Abgabe / Annahme der Zollanmeldung sowie Überlassung der Ware vorgelegt wird. Spannend dürfte es damit bezüglich der Frage bleiben, ob das Auftreten als Stellvertreter im Nachhinein genehmigt werden kann. Auch insoweit könnte nämlich argumentiert werden, dass zum Zeitpunkt der Abgabe der Zollvollmacht eine Vollmacht vorgelegen hat. Eine Entscheidung dazu wäre die Fortführung des hiesigen Urteils des EuGH.

Für die Praxis bedeutet dies insgesamt:

  1. Ja, eine Zollanmeldung kann im Nachhinein in Bezug auf die Person des Anmelders korrigiert werden,
  2. Aber: dies soll nur dann möglich sein, wenn im Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung die Vollmacht vorgelegen hat und kein Rechtsmissbrauch (insbesondere Betrug) gegeben ist,
  3. wobei zu berücksichtigen ist, dass dies nicht nur für Altfälle, sondern auch für den Unionszollkodex (UZK) gelten dürfte, der in Art. 173 Abs. 3 UZK regelt:

„Die Änderung der Zollanmeldung kann auf Antrag des Anmelders innerhalb von drei Jahren nach der Annahme der Zollanmeldung auch nach Überlassung der Waren gestattet werden, damit der Anmelder seine Pflichten aus der Überführung der Waren in das betreffende Zollverfahren erfüllen kann.“ 

 

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